Gefangene der Flammen
Muster eine herrliche Landschaft aus Bergen und Wiesen darstellte, die ganz in Rot und Schwarz gehalten und mit schimmernden Gold- und Silberfäden durchzogen war. Ein voller Mond an der oberen Ecke der Decke warf silbrige Lichtstrahlen auf die Landschaft unter ihm. Das Muster war exquisit, voller Tiefe und Bewegung. Riley drehte den Quilt um, um die Rückseite zu sehen, und der Stoff, der warm und weich durch ihre Hand glitt, fühlte sich wie reine Seide an.
Die Rückseite wies ein Muster aus der Tierwelt auf. Raubvögel flogen neben einem gigantischen roten Drachen. Auf dem Boden unter ihnen liefen Wölfe, Löwen, Tiger und Schneeleoparden über die Ebenen, und einige sprangen in Bäche oder Flüsse. Wie bei der Darstellung auf der Vorderseite der Decke waren die Details so hervorragend ausgearbeitet, dass die Szene buchstäblich zum Leben erwachte. Doch vor allem ging eine wohltuende Wärme von diesem wundervollen Quilt aus.
»Das war doch nicht nötig«, murmelte Riley.
Gefällt dir mein Geschenk nicht? Dax’ Stimme verriet nicht die geringste Emotion, aber irgendwie wusste Riley, dass sie ihn gekränkt hatte. Sie war nie sehr gut in den Feinheiten des gesellschaftlichen Umgangs gewesen.
Das Herz schlug ihr fast schmerzhaft hart gegen ihre Rippen. Sie hatte noch niemals etwas Schöneres gesehen – außer Dax. Sie befeuchtete die Lippen und warf Gary einen raschen Blick zu. Wieder kroch ihr die Röte ins Gesicht. Riley spürte Dax in ihrem Bewusstsein und wusste, dass er auf ihre Antwort wartete. Und da niemand hören sollte, was sie ihm zu sagen hatte, rührte sie an sein Bewusstsein und versuchte, sich auf geistiger Ebene mit ihm zu verständigen.
Der Quilt ist wunderschön. Wie könnte er mir nicht gefallen? Mit den Fingern strich sie die Umrisse des roten Drachen nach. Allein den Stoff zu berühren und die Linien nachzuzeichnen ließ alle Sorgen und Ängste von ihr abfallen. »Hast du mich gehört?« Das wilde Schlagen ihres Herzens erstaunte sie – aber mehr sogar noch ihre plötzliche Scheu, ein Gefühl, von dem sie nie gedacht hätte, dass sie es mal verspüren könnte.
Ja. Das Wort war wie ein Streicheln.
Die Decke ist ein wahres Kunstwerk. Aber viel zu schön, um benutzt zu werden – schon gar nicht in einem Zelt. Der bloße Gedanke war empörend.
Ah, doch sie wurde extra dafür angefertigt, dass du sie benutzt. Du hast mich geheilt. Ich wollte dir danken, und da du schliefst, schien sie mir ein passendes Geschenk zu sein. Seine Stimme klang entspannter. Hast du gut geschlafen, Riley? Er sagte ihren Namen langsam, mit großer Achtsamkeit, als kostete er jede Silbe aus.
Riley faltete die Decke zusammen und legte sie auf ihr Bett, aber sie hörte nicht auf, mit den Fingern den roten Drachen nachzuzeichnen, als streichelte sie ihn. Ich habe gut geschlafen, und vielen Dank für die Decke, Dax. Sie ertappte sich dabei, dass sie seinen Namen in einem ähnlich sanften Tonfall aussprach.
Doch ich führe kein Gespräch mit einem Mann, der in der Erde unter meinen Füßen begraben ist. Ich will nicht unhöflich sein, aber ich finde das Ganze mehr als nur ein bisschen gruselig. Unwillkürlich schlug sie eine Hand vor ihren Mund. Wussten Karpatianer überhaupt, was Scherze waren?
Riley hätte sich auf die Zunge beißen können. Ihr Humor war von der schlimmsten Sorte, und sie wollte Dax’ Gefühle wirklich nicht verletzen, aber mit einem Mann zu plaudern, der in der Erde unter ihren Füßen lag, war wirklich … komisch. Sie setzte sich hin, um ihre Stiefel anzuziehen. Als sie sich bückte, um die Schnürbänder an ihrem linken Stiefel zuzuziehen, spürte sie, wie seine Lippen ganz sachte über ihren Nacken glitten.
Verstehe. Aber du kannst natürlich auch gern zu mir herunterkommen, wenn du möchtest, das wäre gar nicht mal so schwer. Und ich bin sicher, dass du es sehr interessant finden würdest.
Riley erstarrte für einen Moment und hörte auf, ihre Stiefel zuzuschnüren. Der Gedanke, ihm dorthin zu folgen …
Tiefes, männliches Lachen erschütterte den Boden. Wellen der Wärme strahlten nach oben aus, und auch Riley begann zu lachen. Karpatianer wussten sehr wohl zu scherzen. Die Erkenntnis zerstreute ihre Befürchtungen, dass ihr Dax zum Vampir werden könnte. Böse Kreaturen spotteten, aber sie scherzten nicht. Scherze waren etwas Gutmütiges, Freundliches. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass er sie berühren wollte, selbst wenn sie sich körperlich gerade nicht in seiner Reichweite
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