Gefangene der Leidenschaft
Sie war klein und zierlich und hatte rotbraunes Haar. Ihr grünes Seidenkleid hatte dieselbe Farbe wie die winzigen Sprenkel in ihren bernsteinfarbenen Augen. Ein lieblicher mädchenhafter Charme belebte ihre makellose Schönheit.
Morgan ließ den Blick über seine Gäste schweifen, und plötzlich kniff er die Augen kurz zusammen. Es war das einzige Zeichen seiner Wut über den unwillkommenen Gast.
Lord Windham stolzierte auf die Gruppe zu und schien nur Brenna zu sehen. Er hob ihre Hand an den Mund, presste seine feuchten Lippen auf ihre Haut und zerquetschte fast ihre Finger. „Ihr seht bezaubernd aus, Mylady.“ Sein lüsterner Blick sandte ihr einen kalten Schauer über den Rücken.
Windham blickte um sich. „Welch eine Freude“, rief er überschwänglich aus. „Die Gesellschaft so vieler schöner Frauen beflügelt mich für die Jagd!“
„Darf ich Euch erinnern, Lord Windham, dass wir vierbeinige Kreaturen jagen werden?“ entgegnete die Königin lachend.
„Gewiss, Majestät. Aber die Jagd wird um so vergnüglicher, wenn einige hübschere Wesen dabei sind. Meint Ihr nicht auch, Grey?“
Morgan maß Windham nur mit einem kühlen Blick. „Wenn Ihr erlaubt, Madam“, wandte er sich dann an die Königin, „werde ich Euch jetzt ins Haus führen.“
Wütend über Morgans Brüskierung, bot Windham Brenna den Arm. Sie tat, als bemerkte sie es nicht und hakte sich bei Madeline ein. „Kommt, Madeline, Ihr möchtet Euch sicher von der Fahrt ausruhen! “
Während die beiden Frauen die Halle betraten, fühlte Brenna sich von Windhams anzüglichen Blicken verfolgt. Warum hatte die Königin ihn mitgebracht? Sie wusste doch, dass Morgan den Mann hasste.
Lord Windham betrachtete bewundernd die Gobelins an den Wänden der Eingangshalle. Andächtig schritt er über die wei-chen Teppiche auf dem Steinboden. „Dies also ist Greystone Abbey. Ich frage mich, warum Grey in diesem schönen Haus niemals Feste gibt!“
„Vielleicht, weil mein Bruder Rücksicht auf mein Bedürfnis nach Ruhe nimmt“, kam es vom anderen Ende der Halle. „Bruder?“ Einige Gäste sahen sich erstaunt an.
Das Gemurmel verstummte, als ein Mann in einem fahrbaren Stuhl von einem Diener durch die Halle geschoben wurde. Er verneigte sich vor der Königin. „Willkommen, Majestät!“ Elizabeth begrüßte ihren Jugendfreund und wandte sich dann den Damen und Herren zu. „Dies ist Lord Richard Grey, Morgans Bruder.“
Brenna bemerkte die verlegenen Gesichter. Niemand sagte etwas, und einige Damen blickten hilflos zur Seite, um den Mann im Stuhl nicht anzustarren. Brennas Beschützerinstinkt erwachte. Sie ging auf Richard zu und legte ihm die Hand auf die Schulter.
Morgan konnte seine Freude über ihre warme Geste kaum verbergen. Als gehörte sie zur Familie, dachte er. Dann brach er das beklemmende Schweigen. „Richard, wir haben Gäste aus Frankreich. Madeline kennst du, und dies hier sind ...“ Madeline fasste ihre Geschwister am Arm und trat einen Schritt vor. „... mein Bruder Claude und meine Schwester Adrienne. Sie sprechen beide Englisch, Mylord.“
Claude und Richard begrüßten sich, und als Richard Adriennes Hand ergriff, fühlte er sich wie von einem Blitz durchzuckt. Seit Ewigkeiten hatte er dies nicht mehr gespürt - sinnliche Erregung. Von dem fast schon vergessenen Gefühl überrascht, betrachtete Richard die junge Frau lange. Sie strahlte so viel Anmut und Jugend aus, eine so hinreißende unschuldige Weiblichkeit, dass sie wie ein Sonnenstrahl wirkte, der plötzlich einen dunklen Raum erhellte.
Während Richard Adriennes Hand hielt, dachte er daran, wie leicht er mit seinem Charme, seinem Lächeln und spöttischem Witz früher die Frauen bezaubert hatte. Früher, als er noch gehen, tanzen und reiten konnte und die Zukunft verheißungsvoll vor ihm lag.
Der Teil seines Lebens lag hinter ihm. Seine Chancen bei
Frauen waren so tot wie diese leblosen Beine, die ihn nicht mehr tragen konnten.
Er hob betont flüchtig Adriennes Hand an die Lippen. „Willkommen auf Greystone Abbey.“
„Merci.“ Sie hielt den Blick gesenkt, doch durch den Kranz ihrer schwarzen Wimpern beobachtete sie Richard. Die leichte Berührung seiner Lippen löste ein angenehmes Prickeln aus. Sie verdrängte jedoch rasch das Gefühl. Es war. offensichtlich, dass er nichts empfunden hatte.
Brenna bemerkte, wie Adriennes Wangen sich röteten. Sie sah auch den Blick, den die beiden tauschten. Lächelnd schaute sie zur Seite.
„Ihr möchtet Euch
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