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Gefangene der Sehnsucht

Gefangene der Sehnsucht

Titel: Gefangene der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kris Kennedy
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erkennen, weil ich nicht einmal ein Feuer in Gang setzen kann.« Sie senkte die Augen.
    »Aber ich verstehe nicht …«
    Abrupt wandte sich Eva um und griff – ungelenk, da ihre Hände gefesselt waren – in ihre kleine Tasche und zog etwas heraus. »Regardez, Ritter Jamie. Diese hier sind wunderschön, nicht wahr? Sie sind vom curé für mich.«
    Jamie verließ seine Seite des Feuers, und sie reichte ihm einen kleinen Buchblock, dessen hölzerner vorderer Deckel mit einer Unmenge gelber Blumen bemalt war. Jamie beugte sich vor, um die dicken, rauen Pergamentblätter genauer zu betrachten. Wunderschön, in der Tat. Womöglich noch herrlicher als die illuminierten Handschriften, für die Father Peter berühmt war. Leuchtend farbige Federzeichnungen zierten die Ränder der Seiten. Diese brauchten Zeit und Aufmerksamkeit. Sie konnten nicht einfach so hingestrichelt werden. Dies waren keine beiläufigen Skizzen. Es schien, dass sich Peter von London mit diesen Miniaturen und Texten mehr Mühe gegeben hatte, als er es bei einigen seiner größten Werke getan hatte, für Abteikirchen von Westminster bis zum Münster von York.
    Für Eva.
    Jamies Blick glitt kurz über die Seiten. Im Gasthaus hatte er nur nach Waffen gesucht; Schreiben und Bücher waren zweitrangig gewesen, auch hatten sie nicht die Zeit gehabt, sie sich anzusehen.
    Er überflog das fein geschriebene Latein eines der größten Denker und Künstler ihrer Zeit, sah aber nichts von Bedeutung außer vereinzelten Erwähnungen der Freiheitsurkunde der Barone, die in England im Entstehen war, und Peters Gedanken zu einigen der Klauseln und ihrer Bedeutung. Die, die erwähnt wurden, hätten allerdings allesamt König John beunruhigt. Jamie unterdrückte ein Lächeln. Peter von London konnte es nicht lassen zu dozieren. Oder initiieren.
    Abgesehen davon gab es nichts Bemerkenswertes in dem Band. Die restlichen Pergamentblätter waren mit belanglosen Dingen gefüllt, mit der Art von Worten, die ein Onkel an eine geliebte Nichte richten würde, Bemerkungen über den Wechsel der Jahreszeiten, Fragen nach Rogers Wohlergehen, ein leichter Tadel dafür, nichts von dem Geld ausgegeben zu haben, das er geschickt hatte, damit sie sich neue Schuhe kaufte.
    Und in ihrer prosaischen Bedeutungslosigkeit erzählten sie eine Menge Geschichten.
    »Wir sind jetzt nicht mehr immer zusammen, deshalb schreibt Father Peter mir«, sagte sie. Haarlocken ringelten sich ihre Schultern hinunter, als sie sich vorbeugte, um mit ihm zusammen die Blätter anzuschauen. Jamie fragte sich, wie es sich wohl anfühlen mochte, würde ihr Haar seine nackte Brust berühren.
    »Ich lese seine Worte und freue mich über die kleinen Bilder am Rand. Ich versuche, seinem großen Talent nachzueifern.« Sie deutete auf die Hütte. »Ich habe keines.«
    Er war anderer Meinung. Die Tür sah aus, als habe jemand mit Tinte einen Zauber gewirkt. Glatt, dunkel, genau, aufknospend zu breiten geschwungenen Linien, aufgelöst in ein zartes Linienspiel von großer Exaktheit, hatte Eva einen wunderschönen Feenzauber gewirkt.
    »Father Peter bedeutet Euch sehr viel«, sagte Jamie, als er ihr den Band reichte.
    »Er war mein Ziehvater.« Vielleicht lag es an der Hitze des glühenden Holzes, aber Evas Stimme hatte einen Klang wie aus einer anderen Welt. »Mein Lebensretter. Mein Grund zu leben, gleich nach Gog. Er ist das einzig Gute in meiner Welt, und sollte es nötig sein, werde ich mein Leben geben, um seines zu retten. Oder das Rogers.«
    Sie griff nach dem Band, und er legte seine Hand auf ihre. Er hörte, wie sie hastig einatmete, ein kleiner Atemzug. »Aber warum, Eva? Warum ist das erforderlich? Warum tut Ihr das?«
    Sie zog ihre Hand weg, mit dem Buch. »Das ist nun mal das, was ich tue«, sagte sie mit einem ihrer üblichen kleinen Schulterzucken. »Wenn Roger nicht wäre, würde ich mich um Waisen oder Pferde kümmern. Es ist nichts von Bedeutung.«
    Ihr Blick glitt fort, und wie bei allen Dingen, die Eva betrafen, wusste Jamie, dass sie nicht die Wahrheit sagen würde, auch wenn er die Lüge hier nicht zu erkennen vermochte. Bei Eva gab es keine geraden Linien; sie war ein Ozean voller Strömungen, und während man wohl wusste, dass man nicht nach Süden segelte, hatte man keine Ahnung, wohin einen die Reise bringen würde.
    Aber schließlich brauchte er sie nicht mehr als Kompass. Denn er wusste genau, wohin dies hier führte.
    Jamie setzte sich wieder auf seinen Platz am Feuer. Seine Gedanken schweiften in

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