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Gefangene der Sehnsucht

Gefangene der Sehnsucht

Titel: Gefangene der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kris Kennedy
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erbittert. »Welchen Sinn hat das Gute dann noch?«
    Das Feuer zischte und summte, während er sie beobachtete.
    »Ihr wisst nicht annähernd, wie leicht es wäre, ihn zu zerstören. Dieses Gute in ihm, es ist wie ein Grashalm. Es würde zertreten werden.«
    Jamie sagte nichts.
    »Und doch werdet Ihr tun, was Ihr tun wollt, nicht wahr? Ihr werdet sagen, Ihr hättet keine andere Wahl. Dass Ihr durch Eide und Versprechen gebunden seid und dass Euch das schreckliche Dinge auferlegt.« Zu seiner Ehrenrettung musste gesagt werden, dass er den Blick nicht abwandte. »Aber, Jamie, wie könnt Ihr das tun? Wisst Ihr denn nicht, dass …«
    Sie verstummte. Doch, er wusste. Er war ein mythischer Kriegskönig, der mit überkreuzten Füßen am Feuer saß. Er sah jeden Zoll genauso aus, mit seinem funkelndem Schwert und seinen dunklen Augen, seinen Händen, die so viel getan hatten, die darauf warteten zu tun, was immer er wünschte. Und doch, und doch …
    Er sah in das Feuer. »Eva, wisst Ihr, in welchem Zustand sich dieses Königreich befindet?«
    »Es stirbt.«
    »Nein. Es explodiert. Bricht auseinander. Es wird nicht mehr lange dauern.«
    »Und deshalb tun Männer schreckliche Dinge, solange sie sie noch tun können.«
    »Und würden in ihrem Wahn einen Mann auf den Thron setzen, der schlimmer ist als das bekannte Übel.«
    »Es gibt nichts Schlimmeres«, widersprach sie und presste den Handrücken an die Lippen, um zu verbergen, dass ihr die Stimme brach, wie eine Wand, gegen die zu fest gedrückt worden war.
    Er schaute auf. Um seinen Mund lag jetzt ein Lächeln, das auch viel Bitterkeit verriet. »Eva, es gibt immer etwas, was noch schlimmer ist.«
    Das Herz hing über einer Grube. Aufgehängt wie ein Opfer schwang es im Wind der Welt hin und her, im Sturm der Taten, die getan worden waren, und der Taten, die noch geschehen könnten. Manchmal war es ein ganz schreckliches Schwanken, jene hoffnungslosen Momente des Wie konnte es nur dazu kommen? Andere Tage verliefen ruhig und still, und dann war es leicht zu vergessen, dass der Abgrund drohte.
    Dann gab es noch die Jamie-Tage. Sturmtage. Tage, an denen die stärksten Winde nichts waren als blasse Zephire neben der alles fortreißenden Macht des Orkans einer anderen verlorenen, hin und her schwingenden Seele.
    »Eva.« Rau klang dieses Wort, heiser und ruhig. Er streckte die Hand aus und berührte das untere Ende ihres Zopfes, der ihr bis zur Taille auf der Brust herabhing. Er hätte sie ebenso gut mit einem Blitz berühren können, so groß war der Schock, den seine Hand durch sie sandte. »Könnte ich heute Nacht tun, was ich wollte, ich würde mit Euch in Eure Weinberge gehen und Eure Hand halten. Aber ich bin nicht frei in meiner Wahl. Ich muss eine Mission erfüllen.«
    Oh, der Orkan brach los, sie war in ihm verloren.
    Tränen brannten Eva in den Augen. Es tat sehr weh.
    Sie war wie betäubt. Erschöpft. Ohne Kraft, dieser unerwarteten Wahrheit zu begegnen, dass es so weit gekommen war: Der Mann, der sie zerstören würde, hatte bis in ihr Herz geschaut.
    Und so tat sie das eine, das ihr noch zu tun blieb: Sie fasste nach seiner Hand.

38
    J amie schaute auf ihre ausgestreckte Hand. Auf ihren schmalen blassen Arm, ihre Finger, die nach ihm griffen. Die ihm vertrauten, dass er ihr keinen Schmerz zufügen würde.
    Er hatte einen Moment der Erkenntnis, dass er sich abwenden konnte. Dass er das Anständige tun konnte und ihr nicht seine Hand reichen würde.
    Aber Jamie war nicht anständig.
    Ihr Körper sehnte sich danach, sich ihm zu öffnen, und er wollte, dass sie es für ihn tat. Er war nicht fähig, an irgendetwas anderes zu denken als an dieses eine, und das Verlangen, dieses eine von ihr zu bekommen, war übermächtig.
    Und sie wollte ihn. Es trug sie zu ihm in Wellen, und er würde nicht länger widerstehen, in ihr zu schwimmen, nicht, wenn sie ihm das kleinste Zeichen der Ermutigung gab. Nicht heute Nacht, da die Vergangenheit und die Zukunft so nah beieinander waren. Nicht wenn sie ihm so nah war.
    Sarkastische, scharfsichtige, zynische, verletzte, verzweifelte Eva.
    Und so fuhr er auf sie herunter wie der Wind und hoffte, sie umzuwehen, um dann weiterzumachen, wie er weitermachte, seit sein Vater vor seinen Augen auf einer Straße in London ermordet worden war.
    Er berührte die lockigen Spitzen ihres zum Zopf geflochtenen, auf ihrer Brust lang herabhängenden Haares. Er konnte die seidige Weichheit kaum spüren, so rau schien ihm seine Berührung zu

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