Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)
Kürbisfleisch spendete ihnen genug Flüssigkeit, denn es gab keine Wasserläufe.
Je weiter sie ins Gebirge vordrangen, umso mehr Nachtgespenstern begegneten sie. Manche folgten ihnen ein Stück Wegs, andere starrten sie nur an. Zuerst bewarfen Nat und Galnor die Geister mit Steinen, aber bald wurden sie so zahlreich, dass sie darauf verzichteten. Schließlich vergaß Aeriel ihre Anwesenheit und fragte sich, warum Reisende die Geister fürchteten, denn sie näherten sich ihnen nie.
Während sie zum fünften Mal rasteten, erwachte Aeriel plötzlich aus tiefem Schlaf. Grauling neben ihr war aufgesprungen. Noch schläfrig sah Aeriel, dass Nat bei ihrer Wache eingenickt war. Ein Nachtgespenst hinter Nat berührte mit seiner schmalen unirdischen Hand ihre Wange.
Der Gargoyle knurrte wild. Aeriel kam mit einem Schrei auf
die Beine und schwang ihren Stab, aber die Kreatur duckte sich. Sie schien wie ein Haufen Knochen in sich zusammenzufallen. Dann kroch sie fort, wurde vom Wald verschluckt, nur eine lange, heulende Wehklage war noch zu hören. Grauling setzte mit langen Sprüngen hinter dem Nachtgespenst her. Nat erwachte schreiend und griff an ihre Wange.
»Es hat mich berührt!«, schrie sie.
Galnor kniete neben ihr und nahm ihr Gesicht zwischen beide Hände. Aeriel sah Blut. Galnor zitterte. Seine Stimme zitterte. »Der Geist hätte dich töten können«, rief er.
Nat brach in Tränen aus. »Ich war so müde. Ich wollte nicht schlafen.«
Galnor nahm sie in die Arme, stand auf und trug sie wie ein Kind. »Wir werden öfter rasten«, sagte er.
Sie machten sich wieder auf den Weg, Nat döste in Galnors Armen. »Der Geist wollte mir etwas nehmen«, murmelte sie. »Das Bluten hört nicht auf.«
Aeriel erinnerte sich an das Ambra und welche Heilkräfte die Wirtin der Substanz zugeschrieben hatte. Sie brach ein wenig von dem Klumpen ab, zerkrümelte es und strich es auf die winzige Verletzung. Die Haut sah an dieser Stelle grau aus. »Jetzt geht es besser«, murmelte Nat, die wieder einnickte. »Es tut nicht mehr weh.«
Als sie wieder aufwachte, hatte die Blutung aufgehört. Galnor stellte sie auf ihre Füße. Nicht lange danach gesellte Grauling sich wieder zu ihnen. Etwas wie Kuchenmehl klebte an seiner Schnauze, und Kratzer waren in seinem Fell, aber sie schienen nur oberflächlich zu sein und bluteten nicht.
Nicht einmal zwölf Stunden später entdeckte Aeriel die ersten Anzeichen dafür, dass sie verfolgt wurden.
Jetzt waren sie sehr tief in das bewaldete Gebirge vorgedrungen. Auf halbem Weg einer außergewöhnlich steilen Wegstrecke hatten sie erschöpft innegehalten. Durch weiter auseinanderstehende Bäume konnte Aeriel auf der Straße flackernde Lichter sehen: feine rote Punkte zwischen den dunklen Bäumen. Galnor nickte.
»Wie ich befürchtete. Die Banditen wollen die Bestie zurückholen. «
Sofort beschleunigten die drei den Schritt, obwohl Aeriels Glieder schmerzten wie nie zuvor in ihrem Leben. Die Bäume wurden immer knorriger, manche trugen nur noch wenig Laub. Später kamen sie an vollständig entlaubten Bäumen vorbei. Die Nahrung wuchs immer spärlicher, und die Nachtgeister wurden immer kühner.
Es gab auch immer weniger Bäume, bis zwischen ihrer neunten und elften Rast die Straße nur noch von einzelnen Büschen gesäumt wurde.
Das Geräusch ihrer Stimmen wurde zu einem Flüstern, dann verstummten sie ganz. Die Luft in diesen großen Höhen war sehr dünn und die Nacht sehr kalt. Nat und Galnor marschierten eng nebeneinander in einen Mantel gehüllt. Aeriel steckte die kleine Sandlanguste tief in die Falten ihres Gewandes und schlang die weiten Ärmel ihres Reisemantels fest um ihre Handgelenke.
Nur Grauling schien das alles nichts auszumachen, er fror nicht. Die Nacht wurde noch schwärzer. Die Sterne schienen frostig weiß. Oceanus tauchte wieder am Himmel auf, als sie die
verwunschenen Wälder passiert hatten: blassblau und glänzend. Aber jedes Mal, wenn sie sich umdrehte, sah Aeriel die Lichter der flackernden Fackeln. Galnor fluchte.
»Sind sie verrückt? Sie werden uns so lange verfolgen, bis sie uns direkt in die Arme des Dämons getrieben haben.«
Unaufhörlich beobachteten die drei ihre Umgebung, aber die Nachtgeister schienen verschwunden zu sein. Aeriel fragte sich, ob sie das Licht von Oceanus nicht ertragen konnten.
Die Fackeln der Banditen kamen stetig näher, bis ihr Licht schließlich, wegen der dünnen Luft brannte es niedrig und blau, nur noch eine Wegstunde hinter
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