Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)
wissen, was meine Diener treiben?«, murmelte er. »Vielleicht wollten sie dir mit einem speziellen Wein eine besondere Ehre erweisen. Kannst du ihr nicht den Becher reichen?«
Feiner Schweiß bedeckte die Stirn des Fürsten. Sie wunderte sich darüber, denn die Nacht war angenehm kühl. Der Fürst starrte sie plötzlich an.
»Deine Augen«, sagte er.
Sie blickte ihn an.
»Sie sind grün.«
Aeriel nickte und wand sich unbehaglich unter seinem direkten Blick. »Ja«, sagte sie.
Der Bedienstete hielt ihr den Becher hin.
»Ich hatte vorher nicht auf die Farbe deiner Augen geachtet.«
»Für diese Farbe kann ich nichts«, antwortete sie. Es war eine seltsame Augenfarbe, das wusste sie. »Sie waren immer so.«
Aeriel wollte nach dem Becher greifen. Die Hand des Fürsten schnellte plötzlich vor und riss dem Bediensteten den Becher aus den Fingern. Ein Spritzer benetzte Aeriels ausgestreckte Hand.
»Dummkopf!«, zischte der Fürst. »Das ist nicht der Wein, den ich dich bat zu bringen.«
»Herr, das ist genau …«, rief der Diener.
»Dann habe ich meinen Entschluss eben geändert«, sagte der Fürst mit böse funkelnden Augen. »Ich möchte nicht, dass an meiner Tafel ein derart junger Wein gereicht wird.«
Er schüttete den Inhalt des Bechers auf die Terrasse. Der Weinkrug folgte mit lautem Scheppern. Die dunkle Flüssigkeit versickerte in den Erdspalten zwischen den quadratischen Steinen, wo Lilien am Rand der Balustrade wuchsen. Mit einer brüsken Geste schickte der Fürst die Dienstboten fort. Er wischte sich die Stirn mit einem leinernen Tuch.
»Hier, trink Wein«, sagte er ein wenig atemlos und schenkte ihr aus seinem eigenen Krug ein. Aeriel wollte protestieren, aber er ließ es nicht zu. Sie sah, wie seine Hand leicht zitterte, als er den Krug hinstellte. »Trink meinen, trink meinen. Ich habe genug.«
Er hob den Becher.
»Siehst du? Das ist alter, ausgezeichneter Wein.« Er nahm einen Schluck, und Aeriel war sich nicht sicher, ob er trank, um sich zu beruhigen oder ihr zu beweisen, dass der Wein gut war. »Hier, nimm den Becher.«
Er drückte ihn ihr in die Hand, zwang sie fast zu trinken. Aeriel trank. Mit großen Schlucken, denn sie hatte bis auf einmal an ihrem Hochzeitstag vor einem halben Jahr noch nie Wein getrunken.
Der Wein des Fürsten war heiß und schmeckte süß. Ihre Müdigkeit kehrte zurück. Da sah sie Erin. Sie kam über die Treppe auf die Terrasse und setzte sich auf ein leeres Kissen.
Aeriel war über die Rückkehr ihrer Gefährtin erleichtert, sie
merkte kaum, dass das Gesicht des dunkelhäutigen Mädchens seltsam angespannt war. Erin starrte erst den Fürsten, dann Aeriel an.
Kurz darauf beendete der Fürst das Mahl und ließ die beiden zu ihren Zimmern geleiten. Während des ganzen Weges blieb Erin an Aeriels Seite. Sie wollte sich nicht von ihr trennen, als sie Aeriels Zimmer erreicht hatten.
»Aber mein Herr hat für deinen Jungen andere Räumlichkeiten vorgesehen«, sagte der Kammerdiener.
»Wir teilen diese«, entgegnete Aeriel.
Der alte Mann schien verwirrt. »Aber Herrin, hier gibt es nur ein Bett.«
»Ich bin keine Herrin«, sagte Aeriel, »und das ist mir gleich. Erin bleibt bei mir.«
Der Kammerdiener sah Aeriel an, sie erwiderte seinen Blick. Erin blickte hinunter in die große Halle. Dann schlug der alte Mann die Augen nieder und murmelte: »Wie du wünschst.«
Nachdem der Kammerherr des Fürsten gegangen war, schloss Erin die Tür. Es zog nicht mehr durch die Fenster. Aeriel stellte ihren Wanderstab in eine Ecke. »Warum hast du die Tür geschlossen? «
Erin setzte sich in die Nähe des hohen breiten Fensters, das auf einen Balkon hinausging. »Damit ich mit dir reden kann«, sagte sie.
»Wir können doch sicher auch bei geöffneter Tür reden?«, sagte Aeriel und fächerte sich mit der Hand Luft zu. »Niemand ist in der Nähe.«
»Der Fürst lässt dich von vier Männern bewachen. Hast du
das nicht gemerkt?« Aeriel schüttelte den Kopf, er fühlte sich schwer an. »Sie sind unten in der Halle.«
»Wann hat er das veranlasst?«
»Nach dem Festmahl.«
Aeriel setzte sich und zog ihren Reisemantel aus. Der Wein hatte sie erhitzt. »Warum hast du nichts gegessen?«, fragte sie. »Warum hast du dich davongestohlen?«
Erin sah weg. »Ich mag ihn nicht.«
»Wir bleiben nicht lange hier«, sagte Aeriel. »Deine Füße …«
»Meinen Füßen geht es gut«, schnappte Erin.
Aeriel rieb ihren Nacken. »Du hast nichts gegessen.«
»Ich fand Früchte im
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