Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)
seine Magerkeit schwand. Aeriel verwahrte den Stein und streichelte Mondkalbs Nase. Erin kam aus dem Wasser, starrte auf das neue Tier und auf Aeriel, aber sie schwieg, während sie sich abtrocknete und anzog.
Dann war plötzlich ein anderes Geräusch zu hören: es klang wie Hörnerschall. Mondkalb sprang auf die Füße und floh in den Wald. Geräuschlos folgten ihm Grauling und Katzenschwinge.
Eine Gruppe Reiter kam unter den Bäumen hervor. Ihre Haut war von einem hellen Gelbbraun; ihre Pferde waren schwarz. Fußleute hielten an Leinen gesprenkelte Hunde. Aeriel starrte die Neuankömmlinge an. Sie hatte noch nie Pferde ohne Flügel gesehen.
Der erste Reiter ritt noch ein paar Schritte nach vorn. Er hob
eine Hand, bedeutete den anderen zurückzubleiben und den Fußleuten, ihre Hunde zum Schweigen zu bringen. Auf dem Kopf trug er einen Turban wie die Frauen in Isternes.
»Ja, was ist denn das?«, sagte er und blickte Aeriel an. »Diese ganze lange Nacht haben wir den Grauen Stier gejagt, aber jetzt sind wir auf eine ganz andere Beute gestoßen. Mädchen, du musst sehr tapfer sein, da du dich allein in diese Gegend wagst.«
Seine Worte verwunderten sie. »Wieso bin ich allein?«, fragte sie.
Erin kniete halb versteckt hinter Aeriel im Gras. Der Reiter sah sie an. Er lächelte. »Ein unbewaffneter Knabe dürfte dir kaum Schutz gegen Briganten gewähren, Mädchen.«
Erin schwieg. Aeriel sagte: »Ist Zambul ein Land voller Räuber wie Bern? Falls das so ist, bist du der erste, den ich treffe.«
Die Reiter hinter ihm sahen sich vielsagend an, aber ihr Anführer warf nur lachend den Kopf in den Nacken. »Zambul?«, sagte er. »Hältst du dieses Land für Zambul, diese wasserlose Ödnis? «
»Dann sind wir also in Terrain?«, fragte Aeriel überrascht, denn die Wälder hier glichen denen in Terrain überhaupt nicht. Der Reiter lächelte. »Terrain liegt westlich von hier. Du bist zu weit nach Norden abgekommen, wenn du dorthin reisen wolltest. Dies ist Pirs.« Der Reiter zügelte sein unruhiges Pferd. Wieder lachte er. »Und was die Briganten betrifft, Mädchen, das habe ich als Scherz gemeint. In meinem Land gibt es keine.«
Aeriel stand auf. »Kannst du mir dann den Weg nach Terrain sagen? Mehr Umstände möchten wir dir nicht machen.«
Der Jäger antwortete ihr zuerst nicht. Er beugte sich im Sattel
vor und sah sie an. »Mein Schloss liegt an dieser Straße«, sagte er. »Es ist nicht weit. Sicher bist du von der Reise müde, Mädchen. Leg eine Rast ein und beehre mein Haus.«
Aeriel betastete ihren Stab. Irgendwann zwischen Mondkalbs Erscheinen und dem Auftauchen der Jäger war der Reiher im Wald verschwunden. Erin stand stumm neben ihr. Aeriel sah den Reiter vor ihr prüfend an, konnte in seinem Gesicht aber nicht lesen.
»Wir begleiten dich«, sagte sie vorsichtig, »wenn du uns die Straße nach Terrain zeigst. Ich muss so schnell wie möglich Orm erreichen.« Sie nahm ihr Bündel auf. »Ich bin Aeriel.«
»Willkommen, Aeriel!«, rief der Reiter und streckte ihr seine Hand hin. »Du reitest mit mir. Nachtwanderer kann ohne Mühe die doppelte Last tragen.«
Noch ehe sie antworten konnte, hatte er sie seitwärts, hinter sich, aufs Pferd gezogen. Das Pferd machte einen Schritt, und Aeriel klammerte sich am Sattel fest, um nicht herunterzufallen.
»Leg deine Arme um mich«, sagte der Jäger.
Stattdessen schwang Aeriel auch das andere Bein über den Pferderücken, so dass sie rittlings saß und sich mit den Beinen festklammern konnte. Der Reiter sah sie über seine Schulter an und lachte dann.
»Wie du willst.« Er befahl seinen Reitern aufzubrechen, aber Aeriel berührte seinen Arm und blickte Erin an. Der Jäger zuckte ungeduldig mit den Schultern. »Dein Junge kann mit den Hunden hinterherkommen.«
Aeriel wollte vom Pferd absteigen. »Erin bleibt bei mir.«
Der Reiter ergriff ihr Handgelenk und sagte um vieles freundlicher:
»Bleib, Mädchen.« Er erteilte einem seiner Reiter einen Befehl, der Erin daraufhin hinter sich auf den Pferderücken hob.
»Ich habe dir unsere Namen gesagt«, sprach Aeriel, »willst du uns nicht deinen nennen?«
»Meinen?«, sagte der Jäger und gab seinem Pferd die Sporen. Die anderen Reiter fielen zurück. Aeriel umklammerte ihren Stab und den Sattel. Der Mann lachte. »Ich bin der Fürst«, antwortete er. »Der Fürst von Pirs.«
Aeriel ertrug den Ritt mit zusammengebissenen Zähnen. Schließlich kam das Schloss des Fürsten in Sicht. Es war aus hellem Stein gebaut und
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