Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)
Sibylle um die Lösung bitten, aber sie ist tot.«
»Ein Rätsel?«, fragte die Sphinx und blickte jetzt über eine Schulter zurück. »In Rätseln bin ich gut. Als ich noch das Sprachrohr der Gottgleichen war, kamen die Menschen und fragten mich, was sie nicht wussten.«
»Die Hälfte des Rätsels habe ich schon gelöst«, sagte Aeriel. »Jetzt brauche ich den zweiten Teil:
Doch zuerst müssen sie sich vereinen, die Feinde der Engel der Nacht,
Eine Braut, die im Tempel durch Feuer schreitet, hat teil an der Schlacht,
Weit jenseits des Sandmeers kommen Streitrösser für die Zweitgeborenen,
Und neu geschmiedete Waffen, ein geflügelter Stab –
Dann kostet die königliche Prinzessin von dem Baum – sonst wär sie verloren.
Also geschehen die Dinge, von der Stadt Esternesse weitab:
Eine Zusammenkunft von Gargoyles, ein Fest auf dem Stein,
Der Weißen Hexe Helferin wird nicht mehr sein.«
»Das ist Ravennas Vers«, sagte die Sphinx. »Ein Teil davon.« Aeriel starrte sie an. Hoffnung erfüllte sie wie ein Schock. »Kannst du mir die Bedeutung erklären?«
Die Sphinx sah sie ruhig an. »Die meisten Ratsuchenden kennen die Antworten auf ihre Fragen bereits, jedenfalls meiner Erfahrung nach. Was sind das für Wesen, hinter denen die Vampire her sind?«
»Lons«, sagte Aeriel. »Die lons von Westernesse.«
»Und die Braut?«, fragte die Löwin.
Aeriel zögerte einen Augenblick, sah auf den Tempel, die brennende Opferschale, ihr Hochzeitsgewand. »Ich bin die Braut«, sagte sie leise.
»Die Schlachtrösser und die Zweitgeborenen?«
»Die Zweitgeborenen sind Irrylaths Halbbrüder, die sechs
Söhne der Königin von Isternes. Die Schlachtrösser sind wieder die lons .«
»Die Waffen und der Stab?«
Aeriel schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was die Waffen sind. Ich nehme an, Waffen gegen die Engel der Nacht. Der Stab …« Wieder hielt sie inne. »Ja, natürlich. Das ist mein Wanderstab.«
Er stand dort, wo sie ihn neben die Schale in den Boden gesteckt hatte. Irgendetwas an ihm hatte sich verändert. Er schien gewachsen zu sein und wirkte mehr wie der schlanke Stamm eines Baumes. Zweige sprossen aus seinem Knauf. Aeriel starrte ihn an.
»Ambra«, bemerkte die Sphinx und schnupperte. »Die Staubwale leben viele tausend Jahre, und was von ihnen kommt, ist wunderbar.«
Aeriel berührte ihren Wanderstab. Er war fest im Boden verwachsen.
»Aber der Reim«, fuhr die Löwin fort. »Wer ist die Prinzessin? Was ist der Baum?«
Aeriel fielen Roschkas und Dirnas Worte ein. »Ich bin die Prinzessin«, sagte sie. »Der Baum ist der Baum am Leuchtturm in Bern.«
»Der Baum, dessen Wurzeln bis ins Herz der Erde reichen«, sagte die Sphinx. »Vielleicht passiert mit diesem Baum nach einer gewissen Zeit dasselbe.«
Die Äste des schlanken Baums waren länger geworden. Seine Blätter raschelten. Aeriel sah, wie eine Frucht an einem Ast wuchs.
»Sind die Gargoyles versammelt?«, fragte die Sphinx.
»Ja.«
»Hat der Stein sein Opfer bekommen?«
Aeriel nickte und schauderte, obwohl alle ihre Verletzungen schon wieder geheilt waren. »Ja.«
»Und die Helferin der Weißen Hexe?«
»Dirna«, flüsterte Aeriel. »Sie ist besiegt.«
»Das ist das Rätsel«, sagte die Löwin. »Sieh nur, der Statthalter hat das Feuer gesehen. Eine Prozession kommt hier herauf. «
Aeriel sah nach unten und erblickte eine Lichterkette, die sich vom Palast aus bis zum Fuß der Berge wand. Die Sphinx stand auf.
»Ich will ihnen entgegengehen«, sagte sie.
Aeriel wollte sie festhalten. »Bleib doch!«, rief sie verzweifelt. »Die Waffen, die lons … Der Vers bedeutet nichts, wenn ich sie nicht finden kann.«
Die Sphinx betrachtete sie einen Augenblick, und Aeriel sah zum ersten Mal, dass die Augen der Katzenfrau von einem tiefen Violett waren. Ihr Herz schlug wild.
»Aber du hast doch die lons «, antwortete die Sphinx. »Sie kamen zusammen mit dir.«
Die Löwin verschwand mit großen Katzensprüngen den Pfad hinunter. Einen Augenblick später kamen die Gargoyles den Abhang hinaufgestürmt: Grauling und Katzenschwinge, Mondkalb und Aalvogel, Affenechse und Greiffuß.
Sie strichen heulend um sie herum. Aeriel starrte sie an, als sähe sie sie zum ersten Mal. Alle sahen wild und furchterregend
aus. Ein weißer Vogel kam aus der Finsternis geflogen und landete in den Zweigen des Baums. Aeriel ging zu ihm.
»Geflügelter Zauberstab«, murmelte sie.
Der Reiher seufzte. »Ah, endlich nennst du mich bei meinem richtigen
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