Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)
Namen.«
Aeriel fragte: »Hast du jemals ein grünäugiges Kind …«
»Aus Pirs getragen?«, beendete der Reiher den Satz für sie und nickte. »Ja. Vor Jahren. Seine Mutter beschwor mich, es zu tun. Ich sollte das Baby zu einer Familie im Norden bringen, wurde aber von einem Engel der Nacht verfolgt und verlor es. Als ich zurückkehrte, konnte ich es nicht mehr finden.«
»Sklavenhändler fanden das Mädchen«, sagte Aeriel. »Ich wurde nach Terrain gebracht.«
Eine Aprikose wuchs auf dem Zweig. Der Reiher pflückte sie und gab sie Aeriel. Sie drehte sich um und rief sanft: »Greiffuß. Greiffuß, komm zu mir.«
Der letzte Gargoyle kam, und sie fütterte ihn mit der rotgoldenen Frucht. Er wurde etwas dicker und sah wie die anderen weniger verhungert aus. Aeriel musste an die Worte der Sphinx denken. Sie hatte gesagt, das Rätsel sei gelöst. Gelöst? Aeriel knirschte mit den Zähnen.
Die wesentlichen Zeilen – die Waffen und die lons – konnte sie noch immer nicht begreifen. Enttäuschung überwältigte sie. Der Lösung so nahe gekommen zu sein. Sie hielt den Stein in der Hand. Entsetzt warf sie ihn ins Feuer und die anderen hinterher.
»Ich weiß überhaupt nicht, warum ich sie aufgehoben habe«, sagte sie, »oder warum der Hüter sagte, ich solle sie aufheben.«
Aber sie hatte die Worte kaum ausgesprochen, als die Gargoyles
zu heulen anfingen. Erst Greiffuß und dann die anderen sprangen alle in die Flamme. Aeriel schrie auf und wollte auf sie zulaufen. Dann blieb sie abrupt stehen, da die Gargoyles von dem Feuer ebenso wenig verletzt wurden wie sie.
Ihre Halsbänder begannen zu schmelzen. Das Kupfer rann an ihren grauen Flanken wie goldenes Blut herab. Aber die silbernen Stifte, mit denen die Halsbänder zusammengehalten worden waren, schmolzen nicht. In der Hitze schienen sie noch heller. Dann waren die Halsbänder verschwunden. Die Gargoyles schüttelten die Köpfe, und die sechs Silberstifte fielen wie leuchtende Sterne auf den Boden.
Die Aprikosensteine schwammen auf dem geschmolzenen Kupfer und verbrannten nicht. Sie schwollen an. Jeder Gargoyle nahm nun einen Stein in den Mund. Die Steine hatten die Form goldener Herzen angenommen. Der Duft von Ambra erfüllte die Luft.
Die Gargoyles schluckten die Steine, ohne zu kauen, dann tranken sie von dem geschmolzenen Kupfer, als wäre es Milch. Aeriel staunte. Ihre Glieder, ihre Gestalt änderten sich, ihr Pelz und ihre Federn wurden glatt.
Dann sprang Grauling aus der Schale und war nicht länger Grauling, sondern eine schwarze Wölfin mit silberner Kehle, Bauch und Beinen.
»Bernalon«, flüsterte Aeriel.
»Das bin ich«, antwortete der lon, »und wir sind jene, die du suchtest.«
Katzenschwinge folgte, nun ein geflügelter Panther, hellgrau, mit silbernen Flecken.
»Zambulon«, sagte Aeriel.
»Die Weiße Hexe besiegte uns einen nach dem anderen mit Hilfe ihrer Söhne«, sagte die fahle Katze.
Ein großer bronzefarbener Hirsch, mit goldenen Augen, Hufen und Geweih, trat vor.
»Mondkalb!«, rief Aeriel, berichtigte sich dann aber. »Pirsalon. «
»Sie riss uns unsere Herzen aus der Brust und legte uns Halsbänder um, damit wir unsere Kraft und unsere Gedanken einbüßen«, sagte er.
Ein kupferfarbener Paradiesvogel mit dem dunkelgrünen Schwanz einer Schlange erschien.
»Aalvogel«, sagte Aeriel. »Elverlon.«
»Aber du hast uns neue Herzen geschenkt«, sagte er, »neues Blut und hast die Halsbänder der Hexe von uns genommen.«
Ein langgliedriger geflügelter Salamander, der fast wie ein Mensch aussah, kam. Seine Haut war so schwarz wie die von Erin, doch rot gesprenkelt.
»Ranilon«, sagte Aeriel. »Solange wir leben, ist die Welt nicht verloren«, sagte er. »Wir gehen gern mit dir nach Isternes und wollen euch als Reittiere im Kampf gegen die Weiße Hexe dienen.«
Aeriel fühlte neue Lebenskraft in sich emporsteigen. Eine tiefe Freude erfüllte sie. Ich habe sie gefunden, dachte sie. Ich habe nicht versagt, und die Lorelei hat noch nicht gewonnen. Aus den Augenwinkeln nahm sie eine Bewegung wahr, drehte sich um und entdeckte Irrylath, der im Eingang des Tempels stand. Sein Gesicht wirkte geisterhaft im reinen Licht der Flamme. Er starrte sie an, als würde er sie und die lons nicht kennen.
Sie sah jetzt auch den Zwerg. Er kniete neben einem der silbernen Stifte. Er glühte noch. Der Zwerg hämmerte mit einem Hammer darauf. Seine Schläge wurden sicherer, während er das Metall formte: zu rasiermesserscharfen Pfeilspitzen.
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