Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)
und von denen einige zu einem großen Stern in der Mitte führten. Nichts davon bedeutete ihr etwas. Sie war des Lesens nicht mächtig.
Gelegentlich entdeckten sie Gerätschaften der Gottgleichen, und jedes Mal legten die Zwerge eine Pause ein, um sie zu untersuchen. Seit geraumer Zeit vernachlässigt, mit grünen und blutfarbenen Flechten überwuchert, meist kaum mehr funktionstüchtig, drang lediglich ein hauchzartes Summen aus den Tiefen ihres Getriebes. Einige waren völlig defekt. Niedergeschlagen schüttelte Maruha den Kopf, als Collum einmal herbeistürzte, um das Ohr an die Maschine zu drücken.
»Wir könnten sie retten«, beschwor er sie leise. »Es würde nicht lange dauern. Nur ein paar Stunden …! Seit so langer Zeit hat sich niemand mehr gekümmert.«
Maruha schüttelte erneut das Haupt, diesmal entschlossener. »Wir sind nur ein Erkundungstrupp. Zeichne die Stelle auf der Karte ein, dann kommen andere, um sie an unserer statt zu warten. «
»Wenn es so lange durchhält«, murmelte Brandl.
Collum erhob sich mit mürrischer Miene und stapfte von dannen.
»Verflucht sei die Hexe!«, hörte das blasse Mädchen ihn brummen. Unter seinen buschigen, wirren Augenbrauen funkelte er sie finster an. »Verflucht sei die Hexe und all ihr Zauberwerk! «
Die meisten Gänge waren eng und abschüssig. Maruha führte sie mit flackernder Laterne an. Brandl folgte mit dem Mädchen im Schlepptau, Collum bildete die Nachhut. Vor wenigen Stunden hatten sie einen neuen Tunnel betreten: Geröll übersäte den steilen Weg, der schon seit Ewigkeiten unberührt schien.
»Welch prächtiger Gang«, schnaubte der bärtige Zwerg, verlor im selben Moment den Halt und ließ einen Kieselschauer auf die anderen herabregnen. »Wenn das alles ist, was sie in den Alten Zeiten aufzubieten hatten, kommt es einem Wunder gleich, wenn jemand lebend die Stadt erreicht hat.« Die letzten Worte waren genuschelt, seine Stimme hatte sich zu einem abergläubischen Flüstern gesenkt.
»Ich habe dir doch gesagt, dass dies hier keine Hauptstraße ist«, fauchte Maruha, und ihre Laterne schwankte heftig, während sie stolpernd das Gleichgewicht zu halten suchte. »Wir überprüfen die abgelegenen Korridore und Seitengänge. Die Pilgerstraßen sind schon seit geraumer Zeit versiegelt. Das weißt du.«
»Seit sich Ravenna von uns abwandte?«, wagte Brandl einzuwerfen.
Sie blieben ihm die Antwort schuldig. Behutsam führte er das blasse Mädchen über den unebenen, rutschigen Stein. Sie bewegte sich mit anmutigem Geschick und lauschte, ohne wahrzunehmen, was die anderen besprachen. Der Schmerz der Nadel war erträglicher, wenn sie sich nicht konzentrierte.
»Könnten wir nicht doch einen Abstecher machen?«, versuchte der junge Zwerg erneut sein Glück. »Zur Stadt? Nur um einen kurzen Blick zu erhaschen. Wir sind so nah !«
»Nein!«, rief Maruha über die Schulter. Der Pfad war zu gefährlich, als dass sie sich bedenkenlos umdrehen und ihren Gefährten anfunkeln konnte. »Sie ist versiegelt. Seit undenklichen Zeiten war niemand mehr in der Kristallstadt.«
Stille senkte sich über die Wanderer. Die Nadel bewegte sich. Bewusst ließ das Mädchen die Gedanken schweifen und beobachtete das Spiel des Laternenlichts an den Wänden, bis sich der zitternde Widerschein beruhigte. Hinter dem Mädchen stürzte Collum ein zweites Mal und fluchte.
»Oh, hör auf, dich zu beschweren!«, keuchte Maruha. »Auf diesen abgelegenen Pfaden ist es zumindest weniger wahrscheinlich, Wieselhunden oder einer anderen Brut der Hexe über den Weg zu laufen.«
Neben dem blassen Mädchen schauderte Brandl, aber niemand verlor mehr ein Wort.
Bald darauf schlugen sie ihr Lager auf, und die Zwerge machten es sich bequem. Das Mädchen war müde. In Gesellschaft ihrer Gefährten glaubte sie sich in Sicherheit vor dem Schatten,
der ihr unbarmherzig folgte. Kein Erinnerungsfetzen hatte sie während ihres letzten Fußmarsches geplagt. Die Nadel schmerzte kaum noch. Sie seufzte träge und folgte der Unterhaltung der anderen nur mit halbem Ohr.
»Nun, und welchen Nutzen birgt es, sie bei uns zu behalten?«, murmelte Collum und strich mit den Fingern durch seinen buschigen grauen Bart. »Unser Volk verfügt nicht über die nötigen Mittel, eine solche Nadel zu entfernen. Wir sind bewandert, die Apparate der Gottgleichen zu warten, jedoch nicht in der Hexenkunst. «
Maruha stieß ein Seufzen aus. »Wenn nur mein Bruder hier wäre! Er wüsste, was zu tun ist. Zauberei war
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