Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)
»eine neue Braut heimführen. Kannst du das zulassen? Kannst du ertragen, ihre Schreie zu hören? Und wir alle, auch die Ungeheuer, werden mit ihr schreien. Er wird dich zwingen, ihr Hochzeitsgewand zu weben …«
»Und ihr Leichentuch«, fiel eine andere ein.
Die erste sprach weiter: »… und sie zu schmücken.«
»Hört auf!«, schrie Aeriel.
»Die andere verfiel deshalb dem Wahnsinn«, sagte die Geisterfrau. »Sie war nur ein Jahr hier, genau wie du, wenn die Zeit gekommen ist. Sie spann einen ganzen Monat Garn für das Brautgewand, ehe der Engel der Nacht davonflog.«
»Und er schritt ruhelos durch alle Räume des Schlosses«, sagte eine andere. »Er kam zu uns und schrie: ›Warum seid ihr alle so hässlich, meine Frauen? Ich muss eine neue Braut haben! Spinn, Mädchen, spinn!‹«
»Und sie spann«, fuhr eine andere fort. »Doch es war der reinste Schrecken, ein Faden so scharf, dass er ihr die Finger zerschnitt, ein Faden aus weißem Schrecken und rotem Blut.«
»Und gegen Mittag, als der Faden gesponnen war«, ergriff die erste wieder das Wort, »flog der Ikarus von dannen. Und das Mädchen webte eine lange Schleppe und ein Gewand für die Braut, während die Sonne langsam über den sternenbedeckten Himmel zog, bis sie langsam versank, war das Gewand vollendet, und der Vampir kehrte mit seiner Braut zurück …«
»Das könnte Eoduin gewesen sein«, rief Aeriel und sprang auf. Schmerz und Verzweiflung peinigten sie. »Bitte«, flehte sie, »sagt mir, wer von euch ist es?«
Die Gespensterfrauen sahen einander an und dann Aeriel. Sie schüttelten die Köpfe. »Wenn du uns hilfst«, sagten sie, »wirst du es erfahren.«
Aeriel war ratlos.
»Das Mädchen spann den Faden«, begann eine der armen Kreaturen von neuem. »Deine Vorgängerin.« Aeriel schüttelte den Kopf, um ihre Gedanken zu ordnen. »Sie webte den Stoff«, sagte sie, »und der Engel der Nacht kehrte mit seiner Braut zurück. Das Mädchen badete und schmückte sie bräutlich, dann brachte sie sie in das Gemach des Vampirs, wie ihr geheißen.«
»In dieser Stunde war der Sonnenstern schon untergegangen«, sagte eine, die zu Aeriels Füßen saß. »In Dunkelheit eingehüllt lag das Land da, und die Ungeheuer fingen an zu heulen. Und die erschöpfte Magd hetzte durch das Schloss, um einen Ort zu finden, wo das Geheul ihr Ohr nicht mehr erreichen konnte. Und da sie einen solchen nicht fand, lief sie hinunter in die Höhlen, hinunter in die Dunkelheit, bis die Schreie verstummten, und ihre Seele Frieden fand.«
»Der Zwerg suchte lange nach ihr«, sagte die Geisterfrau neben Aeriel.
»Er hat es uns erzählt«, murmelte ihre Gefährtin.
»Er suchte sie lange und fand sie schließlich; er wollte ihr etwas zu essen geben, aber sie fürchtete das Licht, und es dauerte fast bis Sonnenaufgang, ehe er sie überredet hatte, aus dem Dunkel hinauf in den luftigen Garten zu steigen.«
»Aber sie waren kaum zwanzig Schritte gegangen«, unterbrach eine andere, »als die Sonne aufging und der Zwerg erstarrte. Und das Mädchen sah die Stufen, die sie in die Freiheit
führen könnten, und dieses Mal beschritt sie sie, da der Zwerg sie nicht daran hindern konnte.«
»Halt!«, rief Aeriel. »Haltet ein!«
»Du kennst also das Ende der Geschichte?«
»Ja«, keuchte sie. »Ja.«
»Dann musst du ihn töten«, sagten die Geisterfrauen, »ehe noch mehr von seiner Hand sterben.«
»Ich kann es nicht«, sagte Aeriel weinend; sie vergoss Tränen um sich und Eoduin. »Er ist zu schön.«
»Du musst es jetzt tun«, sagten die Geisterfrauen, »so lange er noch seine Seele hat.«
»Warum ist dieses Gift so unendlich schön?«, schluchzte Aeriel. »Warum ist er beides? Schön und grausam?«
»Er ist schön«, sagte ein Geisterfrau, »weil noch ein wenig Güte in ihm ist.«
»Güte?«, wiederholte Aeriel. War das möglich? Die Worte weckten eine plötzliche, irrationale Hoffnung in ihr.
»Nur sehr wenig«, sagte eine der Geisterfrauen. »Nicht gewichtig genug, uns zu helfen.«
»Man lehrte ihn, nicht darauf zu hören«, sagte ihre Gefährtin. »Er ist durch und durch schlecht«, beharrte eine andere. »Er ist böse bis ins Mark.«
»Aber es ist trotzdem noch etwas Gutes in ihm?«, fragte Aeriel. Die Geisterfrauen steckten murmelnd die Köpfe zusammen und nickten widerstrebend. »Seine Seele gehört ihm noch«, sagte die eine. »Die Hexe hat sein Blut getrunken, aber nicht seine Seele.«
»Aber das dauert nicht mehr lange«, sagte eine andere.
»Wenn sie
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