Gefangene des Feuers
zurückkam, war er denkbar schlechter Laune. „Er will nicht mal mit Ihnen sprechen“, brummte er. „Na ja, ich bin nicht direkt mit der Tür ins Haus gefallen, was wir in Händen haben, weil ein paar Leute im Büro waren, die mithören konnten. Aber Mr Davis meinte, er wollte den Krieg vergessen und ihn nicht wieder neu aufleben lassen. Seiner Meinung nach wäre nichts damit gewonnen, wenn man über diese ganze Sache noch einmal diskutiert. Seine Worte, nicht meine. Ich würde mich nie so ausdrücken.“
„Dann wird er seine Meinung ändern müssen“, sagte Rafe. Sein Blick verriet, dass ihm Davis’ Empfindlichkeiten ziemlich egal waren.
Atwater seufzte. „Er ist ausgebrannt, das ist mal klar. Und besonders gesund sah er auch nicht aus.“
„Das würde ich auch nicht, wenn ich am Galgen hänge.“ Sofort bereute Rafe seine Worte, als er sah, dass Annie zusammenzuckte. Entschuldigend tätschelte er ihr Knie.
„Ich gehe morgen noch mal hin“, erklärte Atwater. „Vielleicht erwische ich ihn dann, ohne dass eine ganze Horde mit dem Ohr an seiner Bürotür hängt.“
Am nächsten Tag nahm Atwater eine handgeschriebene Nachricht mit. Sie sollte Davis davon in Kenntnis setzen, dass die Menschen, die ihn zu sprechen wünschten, alte Dokumente bei sich hatten, die er während der Flucht nach Texas kurz vor seiner Gefangennahme verloren hatte.
Davis las die Nachricht, und sein intelligenter Blick verlor sich, als er sich an jene hektischen Tage erinnerte. Sorgfältig faltete er das Papier wieder zusammen und gab sie Atwater zurück. „Teilen Sie diesen Leuten doch freundlicherweise mit, dass ich erfreut wäre, sie zum Dinner in meinem Heim zu empfangen, heute Abend um acht. Die Einladung gilt natürlich auch für Sie, Sir.“
Zufrieden nickte Atwater. „Ich werde es ausrichten.“
Annie war so nervös, dass sie Mühe hatte, ihr blaues Hochzeitskleid zuzuknöpfen. Sanft schob Rafe ihre Hände beiseite und erledigte es für sie. „Das Kleid wird langsam zu eng“, sagte sie und deutete auf ihre Taille und die Brüste. Noch einen Monat weiter, und es würde ihr nicht mehr passen.
„Dann kaufen wir dir eben ein paar neue Kleider“, meinte Rafe und gab ihr einen Kuss in den Nacken. „Du kannst natürlich auch meine Hemden tragen. Mir gefällst du darin.“
In plötzlich aufwallender Panik umarmte sie ihn, als könnte sie ihn auf diese Weise beschützen. „Warum hatten wir keine Schwierigkeiten, bis hierher zu kommen?“, fragte sie. „Das macht mir Sorgen.“
„Vielleicht weil niemand damit gerechnet hat, dass wir hierherkommen. Außerdem haben wir Apachengebiet durchquert. Und sie haben nach einem einzelnen Mann gesucht, nicht nach zwei Männern und einer Frau.“
„Atwater ist ein Segen für uns gewesen.“
„Das stimmt“, sagte er. „Obwohl ich das ein bisschen anders gesehen habe, als ich mit gefesselten Händen im Staub saß, während eine Flinte auf meinen Bauch gerichtet war.“ Er löste sich aus ihren Armen und trat zurück. Er war zwar nicht nervös, aber doch sehr angespannt. Er sah dem Treffen mit Davis nicht besonders erfreut entgegen. Ein Treffen, auf das er gut für den Rest seines Lebens hätte verzichten können.
Davis’ Haus wirkte bescheiden, so wie seine Mittel. Doch immer noch gingen bei ihm wichtige Persönlichkeiten mit Einfluss ein und aus. An diesem Abend jedoch waren die einzigen Besucher ein U.S. Marshal, ein großer Mann und eine recht kleine Frau.
Eingehend musterte Davis Rafes Gesicht, ehe Atwater ihn noch vorstellen konnte. Dann streckte er die Hand aus. „Captain McCay! Wie ist es Ihnen ergangen, Sir? Es ist schon ein paar Jahre her, seit ich Sie zuletzt gesehen habe. Ich glaube, es war Anfang 1865.“
Sein phänomenales Gedächtnis überraschte Rafe nicht. Er zwang sich dazu, die Hand des früheren Präsidenten zu schütteln. „Mir geht es gut, Sir.“ Er stellte Annie vor, die ebenfalls Davis’ Hand schüttelte. Seine Hand war dünn und die Haut trocken, und Annie hielt sie einen Moment länger fest als notwendig. Davis’ Blick wurde nachdenklich, als er auf ihre verschränkten Hände heruntersah.
Rafe hingegen senkte den Blick, als ihn ein lächerlicher Anflug von Eifersucht durchzuckte. Ob Annie ihm mit ihrer Berührung etwas mitteilen wollte? Davis’ Miene hatte sich jedenfalls sichtlich entspannt.
„Marshai Atwater erwähnte Ihren Namen nicht, als er mich um dieses Treffen bat. Wollen Sie sich nicht setzen, bitte? Hätten Sie gerne einen Drink
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