Gefangene des Feuers
will.“
„Dann tun Sie es doch.“
„Aber nicht vor Ihren Augen.“
Er warf ihr einen unnachgiebigen Blick zu, ehe er ihr ohne ein weiteres Wort des Widerspruchs die Decke aus der Hand nahm. Er war groß genug, um die Deckenbalken erreichen zu können und zog mit Leichtigkeit zwei Ecken der Decke über das raue Holz, sodass ein kleiner Bereich des Raums abgeschirmt war. Annie stellte den Wassereimer dahinter und zog die Bluse aus. Sie zögerte einen Moment, dann streifte sie die Träger ihres Unterhemds von den Schultern und ließ es bis zur Taille fallen. Vorsichtig wusch sie sich, so gut es ging, wobei sie den Vorhang nicht aus dem Auge ließ. Doch er machte keine Anstalten, sie zu stören. Als sie fertig war, kam sie wieder hinter der Decke hervor, mit einem stummen Dankeschön.
Er nahm ihr den Eimer aus der Hand. „Vielleicht wollen Sie sich wieder hinter der Decke verstecken. Ich habe heute nämlich geschwitzt wie ein Pferd und könnte auch ein bisschen Wasser vertragen.“
Schnell verschwand sie wieder hinter der Decke. Rafes Augen funkelten, als er sein Hemd auszog. Die harte Arbeit war nicht der einzige Grund, warum er sich waschen wollte. Wäre er allein gewesen, hätte er nichts darum gegeben, aber sie würden sich bald hinlegen. Und eine Frau wie Annie, die so auf Reinlichkeit bedacht war, würde einen Mann sicher eher willkommen heißen, wenn er nicht nach Schweiß roch. Er warf sein schmutziges Hemd auf den Boden, ehe er sich ganz auszog. Dank Annie hatte er noch saubere Sachen, die er danach anziehen konnte. Er hockte sich vor den Eimer und wusch sich, dann zog er saubere Socken, Unterwäsche und seine Hose an, beschloss aber, das Hemd wegzulassen.
Er griff nach oben und machte die Decke wieder ab. Annie blinzelte ihn in dem Feuerschein an wie eine verschlafene Eule. Rafe musterte sie scharf. Offenbar war sie fast im Stehen eingeschlafen. Er hatte sich schon überlegt, wie er sie verführen würde, doch dazu zählte, dass sie wach war. Enttäuschung wallte in ihm hoch. Damit musste er wohl noch warten.
Als Ärztin, die sie nun einmal war, überprüfte sie, ob sein Verband nicht zu fest saß. „Hatten Sie heute Probleme?“
„Hat nur ein bisschen wehgetan. Das Zeug, das Sie draufgetan haben, hat gegen den Juckreiz geholfen.“
„Das war Apfelessig“, sagte sie und gähnte.
Zunächst zögerte er noch, doch dann streckte er die Hände aus und nahm ihr die Nadeln aus dem Haar. „Sie schlafen ja schon fast im Stehen ein, Schätzchen. Wir sollten Ihnen die Sachen ausziehen, damit Sie sich hinlegen können.“
Tatsächlich war sie so müde, dass sie dastand wie ein fügsames Kind - bis er anfing, ihr die Bluse aufzuknöpfen. Ihre Augen weiteten sich, weil ihr bewusst wurde, was er tat. Sie zuckte zurück, und ihre Hände flogen schützend hoch, um ihre Bluse zusammenzuhalten.
„Ausziehen!“, befahl er unerbittlich. „Bis aufs Hemd.“ Auch wenn sie wusste, dass es sinnlos war, konnte sie das eine verzweifelte Wort nicht zurückhalten. „Bitte!“
„Nein. Jetzt machen Sie schon. Je eher Sie ausgezogen sind, desto eher können Sie sich schlafen legen.“
Diesmal war es noch schwieriger, sich von der schützenden Kleidung zu trennen, als beim ersten Mal, weil ihr jetzt bewusst war, wie verletzlich sie inzwischen war. Sie wusste, dass sie ihm widerstehen konnte. Es war schwierig, aber sie konnte es schaffen. Doch wie sollte sie sich selbst widerstehen? Sie überlegte, sich gegen ihn zu wehren, verwarf den Gedanken aber wieder, da er viel stärker war als sie und der Kampf nur darauf hinausliefe, dass Kleider zerrissen wurden - und zwar ihre. Vielleicht könnte er ihr sein Wort geben, sie nicht zu berühren, aber sie wusste, dass auch das zwecklos war. Er würde sie nur mit seinem unnachgiebigen Blick ansehen und sich weigern.
Als er einen Schritt näher kam, drehte Annie ihm schnell den Rücken zu. Er umfasste ihre Schultern, und sie schnappte nach Luft. „Ich mache das selbst.“
„Dann bringen Sie es hinter sich.“
Sie ließ den Kopf hängen und gehorchte. Er stand direkt hinter ihr und nahm ihr jedes Kleidungsstück aus den zitternden Händen, außer den Schuhen und den Strümpfen. Sie glaubte zu verbrennen, mit dem Kaminfeuer vor ihr und seiner Hitze, die sie im Rücken spürte. Blind starrte sie in die Flammen, während er ihre Sachen unter die Decke legte. Dann nahm er sanft ihre Hand und führte sie zum Bett.
7. KAPITEL
Rafe regte sich und zog Annie schläfrig näher zu
Weitere Kostenlose Bücher