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Gefangene des Feuers

Titel: Gefangene des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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sie an seine Brust gepresst, während er ihre ganz besondere Wärme in sich einließ, um die Kälte des Todes zu vertreiben.
    „Zeit, weiterzureiten“, sagte er schließlich.
    „Ja, ich weiß.“ Annie seufzte. Sie hatte die Ruhepause zwar genossen, aber Rafe hatte ohnehin vorgehabt, an diesem lag wieder aufzubrechen. Sie wünschte nur, sic hätten sich davonmachen können, ohne von jemandem gesehen worden zu sein.
    Wie hatte er es in den letzten vier Jahren nur geschafft, nicht verrückt zu werden, wenn er doch ständig gejagt worden war wie ein wildes Tier und niemandem über den Weg trauen konnte? Er hatte ständig auf der Hut sein müssen.
    „Ich bin eine Last für dich, stimmt’s?“, fragte sie und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust, um die Wahrheit in seinen Augen nicht sehen zu müssen. „Ohne mich würdest du schneller vorankommen. Und jedes Mal, wenn es Probleme gibt, musst du auf mich auch noch achten.“
    „Ich käme schneller weiter“, gab er ehrlich zurück und strich ihr über die Haare. „Auf der anderen Seite sucht niemand nach einem Mann und einer Frau, die gemeinsam unterwegs sind. Also gleicht es sich aus. Aber du bist keine Last für mich, Liebes, und ich habe dich lieber dicht bei mir, damit ich auf dich aufpassen kann. Ich würde umkommen vor Sorge, wenn ich nicht wüsste, was du tust und ob es dir gut geht.“
    Sie hob den Kopf und brachte ein Lächeln zustande. „Versuchst du gerade, mich mit deinem Südstaatencharme um den Finger zu wickeln?“
    „Ich weiß nicht, was du meinst.“
    „Ich glaube schon.“
    „Dann hast du vermutlich recht. Also hältst du mich für charmant?“
    „In gewissen Momenten, ja“, gab sie zu. „Aber zwischen diesen Momenten sind oft größere Pausen.“
    Er lehnte seine Stirn gegen ihre und lachte. Erstaunt stellte Annie fest, dass sie ihn zum ersten Mal lachen hörte, wenn auch nur verhalten.
    Nach einer Weile ließ er sie los, in Gedanken schon beim Aufbruch. „Wir reiten jetzt mehr Richtung Osten“, sagte er, „direkt in das Gebiet der Apachen. Sollte uns noch jemand auf den Fersen sein, überlegt er es sich dann vielleicht zwei Mal, ob er uns tatsächlich folgen soll.“

14. KAPITEL
    Das Land öffnete sich immer mehr weiten Ebenen, hier und da unterbrochen von zerklüfteten Bergen.
    Die verschiedensten Kakteen lugten zaghaft zwischen dem frischen, zarten Grün hervor. Die riesige Himmelskugel über ihnen war von einem so unglaublichen Blau, dass Annie sich manchmal darin verloren glaubte; sie fühlte sich wie ein kleiner unbedeutender Punkt in der Landschaft. Und trotzdem hatte dieser Gedanke auch etwas Tröstliches.
    Sie hatte ihr ganzes Leben lang in verschiedenen Städten verbracht, umgeben von Menschen. Und auch wenn Silver Mesa ein recht primitives Städtchen war, wimmelte es dort von Menschen. Bevor Rafe sie in die Berge verschleppte, hatte sie nie wahre Einsamkeit kennengelernt. Doch ein Teil von ihr, vielleicht ein Instinkt, den sie erst jetzt verspürte, schien die Einsamkeit wiederzuerkennen und wie einen alten Freund zu umarmen. All die Regeln, die sie früher fraglos befolgt hatte, hatten hier draußen keinen Platz mehr. Niemand würde Einspruch dagegen erheben, wenn sie sich dazu entschied, keinen Unterrock zu tragen, keiner würde sie für unhöflich halten, wenn sie sich nicht an einer oberflächlichen Konversation beteiligte. Ganz im Gegenteil. Rafe gab ihr sogar unverfroren seine männliche Zustimmung, keinen Unterrock tragen zu müssen. Allmählich bekam sie ein Gefühl von Freiheit, das sie schließlich durch und durch erfasste. Sie fühlte sich leicht und ungehemmt wie ein Kind.
    Drei Tage nachdem sie ihr Lager unter dem Felsvorsprung verlassen hatten, wurde klar, dass sie nicht schwanger war. Sie hatte eigentlich erwartet, erleichtert zu sein - stattdessen stellte sie erstaunt fest, dass sie einen Anflug von Bedauern empfand. Offensichtlich rührte der Wunsch, sein Kind in sich zu tragen, auch an einen ursprünglichen Instinkt, der keine Rücksicht auf Umstände oder Vernunft zu nehmen schien.
    Ihr ganzes Leben hatte sich in den paar kurzen Wochen verändert. Und trotz der Gefahren, die auf ihrem Weg lauerten, fühlte sie sich wunderbar, wie neu geboren. Würde über Rafe nicht eine ständige Bedrohung schweben, wäre sie mit diesem Leben völlig zufrieden: nur sie beide, allein unter einem Himmel, der so beeindruckend war, dass sie inzwischen verstehen konnte, warum einfache Völker die Sonne als Gott verehrten.
    Immer

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