Gefangene des Feuers
Mann von den Füßen.
Schmerzensschreie kamen von den Bäumen und zeigten, dass der Schuss nicht tödlich gewesen war. „Annie!“, brüllte Rafe.
„Ich bin hier.“
Er hörte die Angst in ihrer Stimme. „Alles in Ordnung! Ich habe sie beide erwischt. Bleib, wo du bist! Ich bin in ein paar Minuten wieder da.“ Dann näherte er sich den Bäumen mit äußerster Vorsicht. Wer sagte ihm schon, dass der Mann tatsächlich verwundet war und nicht schießen konnte?
Viele Männer waren getötet worden, weil sie sich unvorsichtig einem vermeintlich Toten oder Verletzten genähert hatten. Selbst Männer, die buchstäblich ihren letzten Atemzug machten, waren noch in der Lage zu schießen.
Er konnte den Verwundeten stöhnen hören, als er zwischen die Bäume schlüpfte. Der Mann saß gegen einen Baumstamm gelehnt, sein Gewehr ein paar Fuß von ihm entfernt am Boden. Seine Aufmerksamkeit sowohl auf das Gewehr als auch den Mann gerichtet, kickte Rafe die Waffe zur Seite, dann nahm er ihm die Pistole ab.
„Du hättest weiterreiten sollen“, sagte er schlicht.
Der Kopfgeldjäger sah ihn schmerzverzerrt an, Hass in den Augen. „Du Hurensohn! Du hast Orvel getötet.“
„Orvel und du, ihr habt den ersten Schuss abgegeben. Ich nur den letzten.“ Rafe stieß ihn mit der Stiefelspitze an, sodass er zur Seite kippte. Dann sammelte er Orvels Waffen ein.
„Wir wollten nur ein bisschen Abwechslung! Wird manchmal ganz schön einsam hier draußen.“
„Klar doch! Ihr wolltet unbedingt Gesellschaft, deshalb habt ihr den Kopf verloren und geschossen.“ Rafe glaubte nicht einen Moment lang an seine Unschuld. Der Mann war schmutzig, unrasiert und stank zum Himmel. Verschlagenheit spiegelte sich in seinen einfältigen Zügen.
„Ganz genau. Wir wollten nur ein bisschen Gesellschaft.“ „Woher wusstet ihr, dass wir hier sind?“ Je mehr Rafe darüber nachdachte, desto unwahrscheinlicher war es für ihn, dass sie Rauch gesehen hatten. Er glaubte auch nicht, dass die beiden ihre Spur aufgenommen hatten. Zum einen, weil sie schon seit zwei Tagen unter dem Felsvorsprung lagerten, zum anderen, weil die beiden Kerle nicht gewieft genug schienen, eine so ausgeklügelt durchdachte Spur zu verfolgen, wie er sie hinterlassen hatte.
„Wir sind nur zufällig vorbeigekommen und haben Rauch gesehen.“
„Warum bist du nicht weitergeritten, als du noch die Möglichkeit hattest?“ Rafe musterte ihn mit nüchternem Blick. Blut breitete sich auf der Brust des Mannes aus, aber er glaubte nicht, dass die Wunde tödlich war. So wie es aussah, hatte die Kugel das Schlüsselbein zertrümmert. Rafe überlegte, was er mit dem Kerl anfangen sollte.
„Du hast nichts davon gesagt, dass wir weiterreiten sollen. Orvel meinte allerdings, du willst die Frau sicher für dich allein haben ..." Er stockte und überlegte wohl, ob er zu viel gesagt hatte.
Rafes Augen verengten sich in kalter Wut. Nein, sie hatten keinen Rauch bemerkt. Vielmehr hatten sie Annie gesehen, als sie Wasser holen gegangen war. Diese zwei Dreckskerle waren nicht auf die Prämie aus, sondern auf die Frau.
Jetzt steckte er in der Zwickmühle. Wenn er klug war, würde er diesem Bastard einen Kopfschuss verpassen und die Welt von einem Stück Dreck befreien. Auf der anderen Seite wäre das ein kaltblütiger Mord, und Rafe war nicht gewillt, sich auf dieses Niveau herabzulassen.
„Ich verrate dir jetzt, was ich machen werde“, sagte er, ging zu den Pferden und nahm die Zügel. „Ich werde dir Zeit geben, damit du über deine Fehler nachdenken kannst. Viel Zeit.“ „Was machst du mit den Pferden? Das ist Diebstahl.“
„Ich nehme dir die Pferde nicht. Ich binde sie nur los.“ Trotz seiner Schmerzen begehrte der Mann weiter auf. „Das kannst du doch nicht machen.“
„Und ob ich das kann.“
„Wie soll ich denn zu einem Doktor kommen ohne Pferd? Du hast mir meine Schulter zerschossen!“
„Ist mir egal, ob du zum Arzt kommst oder nicht. Hätte ich dich besser getroffen, müsstest du dir jetzt keine Sorgen mehr um deine Schulter machen.“
„Verdammt, Mann, du kannst mich doch hier nicht einfach so sitzen lassen!“
Rafe warf ihm einen eiskalten Blick zu. Dann machte er sich daran, die Pferde wegzubringen.
„Hey, Moment noch!“ Der Mann sah ihn eindringlich an. „Ich weiß, wer du bist. Nicht zu glauben, verdammt! Wir waren so nah an dir dran und wussten nicht einmal ... Zehntausend Dollar!“
„Die du nicht mehr einkassierst.“
Der Mann grinste ihn an.
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