Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
zu holen. Nachdem sie den Wasserhahn aufgedreht und ihren Zahnputzbecher gefüllt hatte, ließ sie sich auf den gekachelten Boden niedersinken. Ihr dünnes Nachthemd bot ihr keinen Schutz gegen die Kälte, die von den Kacheln abstrahlte. Nachdem sie eine Weile so gesessen und blicklos vor sich hingestarrt hatte, begannen ihre Zähne zu klappern. Sie zog die Beine eng an die Brust, schlang ihre Arme darum und legte ihre Stirn auf ihre Knie. Randy war für ihre Albträume verantwortlich. Er hatte sich nicht zufrieden gegeben und über die Agentur ihre Adresse herausgefunden. Seitdem bombardierte er sie mit Briefen. Seit jenem Abend waren zwei Wochen vergangen, und er hatte ihr schon mehr als ein Dutzend Karten geschickt, in denen er sie anflehte, ihm noch eine Chance zu geben. Sie hatte ihm daraufhin geantwortet, dass er sie – falls ihm wirklich etwas an ihr läge – in Ruhe lassen sollte. Ob wohl sie alle Briefe bis auf den ersten ungeöffnet zurückgeschickt hatte, gemahnten sie sie doch ständig an ihre Vergangenheit.
Sie fürchtete sich vor dem Tag, an dem sie nach Hause kommen und Randy auf den Stufen vor ihrer Haustür sitzend vorfinden würde.
Becky Lynn erschauerte, ihr war eiskalt. Sie rieb sich die Arme. Wenn doch nur Carlo da wäre. Von New York aus war er nach London geflogen, dann war er gerade mal vier Tage in Los Angeles gewesen, wo er die meiste Zeit in seinem Studio verbracht hatte, und jetzt war er wieder in New York. Becky Lynn hatte ihm nichts von Randy erzählt, weil sie gehofft hatte, allein damit klarzukommen.
Aber sie kam nicht klar. Mit vor Kälte steifen Gliedern erhob sie sich. Sie brauchte jemanden, der sie tröstete, jemanden, der ihr versicherte, dass alles gut werden würde. Sie brauchte Carlo. Jetzt. Vielleicht hatte er ja eine Idee, wie sie diese Situation, die für sie mittlerweile unerträglich geworden war, ändern könnte. Er war schließlich trotz alledem ihr Ehemann. Er hatte ein Recht darauf zu wissen, wie es um sie bestellt war.
Du bist dabei, in Einzelteile auseinander zu fallen.
Während sie sich bemühte, diesen Gedanken so rasch und effektiv wie möglich zu verdrängen, tappte sie barfuß in ihr Schlafzimmer zurück und warf einen Blick auf die Uhr, die auf ihrem Nachttisch stand. Kurz nach Mitternacht. Das bedeutete, dass es in New York mittlerweile drei Uhr morgens war. Sie zögerte einen Moment, dann suchte sie sich die Nummer von Carlos Hotel heraus und wählte.
Nachdem der Nachtportier sie mit Carlos Zimmer verbunden hatte, nahm ein Mann ab, dessen Stimme sie noch nie gehört hatte. Offensichtlich hatte sie ihn aus dem Tiefschlaf geweckt. Im ersten Moment glaubte sie, falsch verbunden zu sein, doch dann wurde ihr klar, dass das nicht der Fall war.
Carlo ist nicht allein.
Hugh Preston.
Eine Abrißbirne knallte in ihren Magen, und aus ihren Augen stürzten Tränen. Ein gequältes Wimmern entrang sich ihrer Kehle.
Ohne etwas zu sagen, legte sie auf.
49. KAPITEL
Die gesamte Studiobelegschaft wartete auf Zoe. Unruhe lag in der Luft, eine Mischung aus Hochspannung und Langeweile, Verärgerung und Erwartung. Die Nerven aller waren zum Zerreißen gespannt.
Jede Minute, die mit einer ganzen Shootingcrew ungenützt verstrich, war bares Geld, das man genauso gut gleich zum Fenster hinauswerfen konnte.
Jack schaute nervös auf die Uhr und fluchte innerlich. Er hatte Zoe trotz der unerfreulichen Geschichten, die über sie im Umlauf waren, gebucht, weil er sich sicher war, dass sie ihn nicht enttäuschen würde. Und bis jetzt hatte sie ihn auch noch nie enttäuscht, mochte sie sich sonst auch noch so ausgeflippt verhalten. Sobald sie vor der Kamera stand, vollbrachte sie Wunder. Deshalb hatte er sich entschlossen, ihr trotz seiner Zweifel einen weiteren Vertrauensvorschuss einzuräumen. Und nun musste er den Buckel dafür hinhalten.
Der Artdirector der Werbeagentur kam auf ihn zu. Seine Verärgerung war ihm deutlich am Gesicht abzulesen. „Wo zum Teufel bleibt sie, Jack? Jede Minute kostet Geld, eine Menge Geld.“
Jack bemühte sich um Lässigkeit. Als er sprach, klang seine Stimme ruhig und vertrauenerweckend – was ihm allerdings einiges an Selbstbeherrschung abverlangte. „Sie muss jeden Moment hier sein, Bill. Vielleicht ist sie ja im Stau stecken geblieben. Pete fragt eben in der Agentur nach.“ Er legte dem Mann beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Machen Sie sich keine Gedamken, ich hole die verlorene Zeit rasch wieder ein. Wir haben für das
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