Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
als risse man ihr das Herz bei lebendigem Leib aus der Brust. „Geh“, sagte sie tonlos. „Du hast erreicht, was du erreichen wolltest. Dein Vater wartet auf dich.“
Blind vor Tränen drehte sie sich um und ging davon.
Carlo wollte sich nicht von ihr helfen lassen. Er wollte es nicht zulassen, dass sie ihn tröstete; den kleinsten Annäherungsversuch erstickte er bereits im Keim. Die Heimfahrt war für Becky Lynn der reinste Albtraum. Er zog sich in sich selbst zurück und war nicht ansprechbar. Sie versuchte sich einzureden, dass es zu Hause besser werden würde, doch das erwies sich alsbald als ein frommer Wunsch, der nicht in Erfüllung ging.
Zuerst hatte sie sich vorzumachen versucht, dass sein Verhalten ganz normal sei, dass er den Schock erst einmal allein verkraften musste. Aber die Tage vergingen, und nichts änderte sich. Im Gegenteil, ihr erschien es, als würde er immer verschlossener.
Es dauerte nicht lange, und sie wurde unruhig. Sie hatte Angst, ihn zu verlieren und wieder allein zu sein. Zugleich und im selben Maß, wie ihre Angst wuchs, wuchs auch der Zorn auf Jack und verwandelte sich in Hass. Nach kurzer Zeit loderte er lichterloh, doch als es mit Carlo immer mehr bergab ging, wurde ihre Angst um ihn so groß, dass sie alle anderen Gefühle überdeckte.
Carlo weigerte sich, ans Telefon zu gehen, und schlug jeden Job aus. Die Branche hatte ihre Sensation; plötzlich schien kein anderes Thema mehr zu existieren als die Ehe von Valentine und Carlo. Alle wussten Bescheid.
Becky Lynn hegte keinen Zweifel daran, dass Jack in der ganzen Angelegenheit eifrig mitgemischt hatte. Bestimmt war er sich nicht zu schade gewesen, Öl ins Feuer zu schütten, und tat es noch immer. Die Einzige, die fest an Carlos Seite stand, war sie.
Becky Lynn stand an der Terrassentür und hielt nach Carlo Ausschau. Er saß wie stets im Garten am Swimmingpool und starrte blicklos vor sich hin. Und das seit Wochen.
Er hielt es nicht einmal für nötig, seine geplanten Fotoshootings abzusagen; er tauchte einfach nicht auf. Nachdem Becky Lynn das mitbekommen hatte, durchforstete sie seinen Terminkalender und teilte seinen Kunden mit, dass er krank sei. Wenn er so weitermachte, würde seine Karriere zu Ende sein, noch ehe er aus seiner Depression wieder auftauchte.
Sie würde es nicht zulassen, dass er zu Grunde ging. Es war Zeit, Carlo daran zu erinnern, dass es noch ein anderes Leben gab.
Tief Luft holend trat sie auf die Terrasse und ging zu ihm hinüber. „Wir müssen miteinander reden, Carlo.“
„Lass mich allein.“
Sie schluckte ihre Verletztheit hinunter; sie musste jetzt stark bleiben; gleichviel, ob er ihre Hilfe wollte oder nicht, er brauchte sie nötiger als je zuvor. „Lass mich an dich ran, Carlo, … bitte.“ Sie kniete sich vor ihn hin und nahm seine Hand. „Ich liebe dich. Lass mich dir helfen, bitte.“
Sie drückte seine Hand. „Wir haben uns vorgenommen, immer füreinander da zu sein. Deshalb haben wir geheiratet, Carlo, erinnerst du dich? Lass mich jetzt mein Versprechen einlösen.“
Als er sie nun ansah, stockte ihr der Atem. Seine Augen waren leer. „Du brichst mir das Herz, Carlo. Bitte, schick mich nicht weg. Ich würde es nicht überleben.“
Er fuhr ihr mit den Fingerspitzen über die Wange. Seine Augen waren blutunterlaufen von zu wenig Schlaf und lagen tief in den Höhlen. „Weißt du eigentlich, wie schön du bist, bella?“
Als sie protestieren wollte, schüttelte er den Kopf. „Doch, das bist du. Vergiss es niemals.“
Von Angst gepackt, drückte sie wieder seine Hand. „Du bist ja bei mir. Du wirst schon dafür sorgen, dass ich es nicht vergesse.“
„Du verdienst einen besseren Mann als mich. Einen richtigen Mann. Ich hätte dich niemals heiraten dürfen, mir ist nicht entgangen, dass du mehr brauchst, als ich dir geben kann. Ich weiß, dass du unglücklich bist.“
Sie dachte an Jack und an New Orleans und an die gemeinsame Nacht, und ihre Schuldgefühle raubten ihr fast den Atem. „Du bist ein richtiger Mann. Warum siehst du bloß nicht, wie viel du mir geben kannst?“
„Ich bin ein Schwächling. Ein richtiger Mann steht zu dem, woran er glaubt. Ich nicht. Ich … ich hatte Angst.“
„Du hast an mich geglaubt.“ Ihre Stimme war belegt, in ihren Augen standen Tränen. „Und hast zu mir gestanden.“
Sein Blick wanderte über sie hinweg zum Swimmingpool. „Eines Tages sagte Jack zu mir ‚Sag’s ihr, wenn du den Mumm dazu hast‘. Aber ich habe dir
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