Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
sich zu ihm um, jetzt war ihre Miene nicht mehr zornig, sondern besorgt. „Hast du es dir nun endlich aus dem Kopf geschlagen, Jack? Gibst du jetzt wenigstens Ruhe?“
„Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“ Er zog die Brauen zusammen. „Was aus dem Kopf geschlagen?“
„Carlo, Giovanni, alles. Du bist ja richtig besessen davon. Das ist ungesund, Jack, glaub mir. Ich versteh dich ja, aber …“
„Besessen?“ unterbrach er sie heftig. „Du glaubst, ich sei von ihnen besessen? Toll, Mom, wirklich echt toll.“
„Was soll ich denn sonst davon halten?“ Sie ging zu ihm hinüber und stellte sich herausfordernd vor ihn hin. „Oder weshalb willst du sonst unbedingt Modefotograf werden?“
„Es hat nichts mit ihm zu tun.“ Er starrte sie wütend an, so wütend, dass er fast kein Wort herausbrachte. „Ich … es gefällt mir eben. Ich finde es cool.“
„Oh, Jack.“
„Oh, Jack!“ äffte er sie zornig nach. „Ich hasse es, wenn du das so sagst. Als wäre ich jemand, mit dem man Mitleid haben muss. Ich brauche kein Mitleid!“ Er wirbelte herum, durchquerte die Küche mit Riesenschritten und riss den Kühlschrank auf. Dann drehte er sich wieder zu ihr um, die Hände zu Fäusten geballt. „Was erwartest du eigentlich von mir, verdammt noch mal?“ brach es aus ihm heraus. „Ist es denn wirklich so unverständlich, dass ich neugierig auf meinen Bruder bin? Würdest du dir an meiner Stelle keine Gedanken über ihn machen? Ist mein Verhalten wirklich so abnormal? Vielleicht würdest du mich ja besser verstehen, wenn du früher als Kind in derselben Lage gewesen wärst wie ich. Aber das warst du nicht, stimmt’s?“
Sallie zuckte angesichts der Heftigkeit seiner Reaktion zusammen. „Begrab deinen Groll, Jack. Es bringt nichts. Du glaubst vielleicht, dass ich dich nicht verstehe, aber da irrst du dich. Ich verstehe dich sehr gut. Doch das nützt alles nichts. Du musst Giovanni und Carlo vergessen, nur das bringt dich weiter.“
Sie ging zu ihm hinüber, stellte sich vor ihn hin und wollte ihm die Hand an die Wange legen, aber er zuckte zurück. „Wenn du nicht aufhörst, Giovanni mit deinem Zorn zu verfolgen, wird das dein Leben ruinieren, glaub mir.“
Sie kapiert einfach nicht, was abgeht. Sie kapiert’s einfach nicht. Er hatte keinen Groll auf Giovanni. Er hasst e ihn. Und er würde es ihm schon noch zeigen.
„Damit kennst du dich ja aus, Mom, stimmt’s? Wie man ein Leben ruiniert, meine ich.“
Sie wich zurück, wobei sie ihn ansah, als hätte er sie geohrfeigt.
Augenblicklich bereute er, was er gesagt hatte, doch er wusste, es war zu spät. Er konnte seine Worte nicht mehr rückgängig machen.
„Redest du von deinem Leben?“ gab sie leise zurück. „Womit meinst du denn hätte ich es ruiniert? Dadurch, dass ich dich geboren habe? Dadurch, dass ich dich liebe?“
„Entschuldige, Mom“, er schob die Hände in die Hosentaschen, „ich hab’s nicht so gemeint.“
„Oh, ich glaube aber durchaus, dass du es so gemeint hast. Und genau das ist es, was mir Sorge macht.“
„Mom …“
„Nein.“ Sie hob die Hand. „Es reicht. Nicht jetzt.“ Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Es gibt ein paar Dinge, über die ich gern mit dir reden möchte, aber nicht jetzt. Ich bin heute Abend verabredet.“
„Verabredet?“ wiederholte Jack überrascht. Seine Mutter ging abends höchst selten aus. Sie verbrachte so viel Zeit auf Reisen, dass sie froh war, ab und an zu Hause zu sein.
„Ich treffe mich mit einer alten Freundin.“ Sie schlüpfte aus ihrer Weste und hängte sie über die Stuhllehne. „Du kennst sie nicht. Sie ist aus dem Geschäft ausgestiegen, als du noch ganz klein warst.“
„Auch eine Maskenbildnerin?“
„Sie war Friseurin und hat sich vor fünfzehn Jahren entschlossen, einen Frisiersalon zu eröffnen. Woran sie sehr gut getan hat.“
Jack stutzte. Irgendetwas im Tonfall seiner Mutter gefiel ihm nicht. „Warum triffst du dich nach so langer Zeit mit ihr?“
„Ich sagte doch schon, dass sie eine alte Freundin ist. Im Übrigen ist es nicht an dir, mir Fragen zu stellen. Ich bin deine Mutter, und du hast im Moment große Probleme.“
„Aber …“
„Schluss mit dem Aber.“ Sie ging zum Telefon. „Ich rufe Mrs. Green von nebenan an und bitte sie, später mal nach dir zu schauen.“
„Sie soll nach mir schauen?“ wiederholte Jack fassungslos, weil er glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu können. „Ich bin sechzehn, Mom, nicht sechs.“
„Dann
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