Gefangene des Scheichs: Erotischer Roman (German Edition)
Errungenschaft. Danke dir, Liebes.“
Victoria entfloh beinahe dem Salon, wenig erpicht darauf, einen Brief im ewig gleichen Wortlaut zu verfassen. Sie hatte sich sogar schon einmal überlegt, solche Dankesbriefe auf Vorrat zu schreiben. Was natürlich ausgesprochen ungezogen wäre. Wenn auch praktisch.
Zügigen Schrittes eilte sie nach oben, wo sie sich auf ihr bereits gemachtes Bett warf. Ein Blick auf ihren Sekretär erinnerte sie daran, dass sie noch immer nicht alle Briefe geöffnet hatte, und so erhob sie sich, schob die schweren Kuverts mit flacher Handdurcheinander und griff dann zu einem etwas dickeren Brief, den sie mit einem zierlichen Messer öffnete.
Sie stieß ein entnervtes „Pfffff“ aus, als sie die schwere, auf Karton aufgezogene Fotografie ihrer Freundin Elsa in Händen hielt. Ein Gruppenbild. Elsa mit ihrem Gatten in der Mitte, die Eltern des Paares seitlich gruppiert. Ernste Gesichter. Elsa in einem traumhaften Brautkleid nach der neuesten Mode, den Schleier tief in die Stirn gesetzt und ein gewaltiges Lilienbukett über dem Arm drapiert. Zu ihren Füßen die Brautkinder. Ihr Mann in Uniform. Schneidig. Korrekt. Dass etwas mit seinem Bein nicht stimmte, erkannte man lediglich an der leidlich versteckten Krücke, die es ihm erst ermöglichte, für den Fotografen stehend auszuharren.
Ob sie sich liebten, vermochte ein Außenstehender an diesem Bild nicht zu erkennen. Wahrscheinlich musste es aber so sein. Victoria hoffte es zumindest für ihre Freundin. Aber selbst, wenn nicht – man hatte ihr recht schnell beigebracht, dass Ehen nun mal nicht im Himmel geschlossen wurden. Wenn man dann auf jemanden traf, für den man tatsächlich entflammte, so war es in ihren Kreisen allgemein akzeptiert, dass man sich diese Person als Liebhaber oder Mätresse nahm. Alles war möglich, solange man sich diskret verhielt.
Victoria aber hatte eine andere Vorstellung von der Ehe. Nicht, dass sie besonders romantisch veranlagt gewesen wäre. Mit einem Stallburschen durchzubrennen, wäre ihr nie in den Sinn gekommen. Aber sie hatte ein zu starkes Selbstwertgefühl, als dass sie sich mit scheinheiligen Zwischenlösungen zufriedengegeben hätte. Und gerade weil es für ihre Eltern kein wichtigeres Thema zu geben schien, hatte sie sich verbarrikadiert und all jene Männer nicht mal angesehen, die ihr mehr oder minder direkt angeboten worden waren. Manchmal verstieg sie sich sogar dazu, die Dienstmädchen im Haus zu beneiden, denen es verboten war, zu heiraten – noch immer mussten sie den Dienst verlassen, wenn sie eine Heirat planten.
Missmutig legte Victoria das Foto zur Seite. Dann überlegte sie kurz und drehte es um, sodass sie es nicht mehr ansehen musste. Aus einem goldenen Etui nahm sie eine Zigarette und zündete diese an. Auf die lange Spitze verzichtete sie, denn sie war eigentlich nur Zierde und im Moment überflüssig, wo sie allein war und nicht „exklusiv“ wirken musste. Sie war zumindest bis zu jenem Augenblick allein, als ein Klopfen an der Tür ertönte. Im Gegensatzzu den offiziellen Räumen war es Usus, dass an den Privatzimmern der Herrschaft stets angeklopft werden musste.
„Ja?“, rief sie etwas lauter, da sie wusste, wie massiv die Türen waren.
Janet, ihre Zofe, trat ein. Sie trug ein sackartig geschnittenes schwarzes Kleid und darüber eine schmucklose, strahlend weiße Schürze. Die alten Hauben waren nach dem Krieg durch kleinere, volantlose ersetzt worden.
Alles war nun schlichter, praktischer als vor dem Krieg.
Janet trug ein funkelndes Kleid vorsichtig über dem Arm drapiert.
„Ich bringe die Robe. Monsieur Poiret hat sie soeben liefern lassen.“
Victoria atmete tief durch. Sie wusste, dass ihr Vater eine beinahe unverschämt hohe Summe für dieses schneiderische Wunderwerk ausgegeben hatte und wertete die Ausgabe als das, was sie war: ein weiterer Versuch, die Tochter so zu präsentieren, dass sie einen Ehemann finden musste! Aus diesem Grund wandte sie sich achtlos von dem kostbaren Stück ab und gab vor, weiter ihre Post durchzusehen.
„Wollen Sie es denn nicht anprobieren, Miss?“
„Später.“
„Ihre Ladyschaft möchte es aber gerne noch sehen, bevor sie ausfährt.“
Damit hatte Janet sie in der Ecke. Victoria erhob sich.
„Gut. Dann hilf mir bitte.“
Da die modernen Kleider wesentlich schneller anzuziehen waren als jene, die noch mit diversen Unterröcken und Korsetts getragen wurden, konnte sie kurz darauf bereits in die Robe schlüpfen.
Das Kleid
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