Gefangene des Scheichs: Erotischer Roman (German Edition)
diesem geeinten Land zu übernehmen. Und ich gestehe freimütig, dass auch ich so von mir selbst denke.“
Mit einem spitzbübischen Lächeln schien er Victorias Reaktion abzuwarten. Da sie nichts sagte, sprach er weiter. „Sie verzeihen einem alten Mann diese Schwäche, meine Liebe?“ Tief Luft holend, machte er eine Pause und wurde wieder ernst. „Nun, leider spreche ich genau damit einen gravierenden Punkt an … Ich bin ein alter Mann. Gewiss gibt mir dies Weisheit und Lebenserfahrung. Doch leider gibt es mir keine Zeit. Allah, gepriesen sei er, wird mich in nicht allzu ferner Zukunft zu sich rufen. Doch ich kann nicht in Freude gehen, wenn ich mein Haus nicht sicher weiß. Ich befinde mich in der misslichen Lage, keinen Erben zu haben. Keinen Sohn, in dessen Hände ich diese Aufgabe legen kann. Dieses Land braucht aber einen Mann, der Krieger und Weiser in einer Person ist. Er muss fähig sein, mit dem Gegner Einigungen zu erzielen, ihn aber auch ohne zu zögern zu töten, wenn es nötig ist. Sie verstehen, was ich meine?“
Victoria nickte und prägte sich jedes seiner Worte genau ein.
„In Major Whitby habe ich diesen Mann gefunden. Sie werden jetzt sagen: Ein Geschenk des Himmels! Ich aber sage Ihnen: ein Geschenk des Teufels! Denn Whitby trägt englisches Blut in sich. Es ist das Erbteil seines Vaters, das ihn zum Krieger macht, und das Erbteil seiner Mutter, das ihn befähigt, weise zu handeln. Und genau hier liegt mein Problem: Wäre er mein leiblicher Sohn – esgäbe niemanden, der sich ihm auf Dauer zu widersetzen vermögen würde. Aber das ist er nicht. Sollte ich ihn zu meinem Nachfolger berufen, würde diese Entscheidung das Land auf immer in nicht endende Kriege verwickeln. Selbst sein Sohn und Enkel würden diese noch führen müssen.“
Hatte Whitby einen Sohn? Wie ein glühender Blitz schoss es Victoria durch den Kopf und setzte eine Lawine aus Gedanken in Bewegung. Der Sheikh hatte davon gesprochen, dass er keinen Sohn gezeugt hatte … aber vielleicht eine Tochter? Hatte Whitby diese geheiratet? Alle Fürs und Widers ließen sie beinahe unfähig werden, den Worten des Fürsten weiter zu folgen.
„Deswegen spiele ich ein wenig auf Zeit. Whitby ist der Kriegsherr. Er muss die Engländer vertreiben und dann die feindlichen Stämme unter ein Dach zwingen. Erst dann kann ich beginnen, mit ihnen zu verhandeln. Und erst dann kann ich versuchen, einen jungen Mann zu finden, der sowohl die Kraft als auch die Weisheit besitzt, dieses Land geeint zu halten. Und Whitby wäre dann sein General.“
Nachdenklich blickte er in sein Glas. Dann aber hob er den Kopf und lächelte sie freundlich an. „Nun … ganz so verzweifelt wie es jetzt wohl klingen mag, ist unsere Lage dennoch nicht. Major Whitby war bereits sehr erfolgreich. Die Engländer wagen sich nicht mehr in unser Gebiet, und von all den widerstreitenden Stämmen ist nur noch einer geblieben, der nach wie vor erbitterten Widerstand gegen mich leistet. Und zwar der Stamm der Quoarim unter der Führung von Sheikh Al Musri. Er ist stark. Sehr stark. Doch leider wie ein tollwütiger Hund. Er ist nachtragend, ja rachsüchtig. Hat er sich in einen Gegner verbissen, vermag nichts und niemand mehr, ihn zur Vernunft zu bringen.“
Eine nicht zu übersehende Hochachtung sprach aus den Worten des alten Manns – wie für einen unbändigen Sohn.
„Und nun?“, hob Victoria an, da die Pause, die entstanden war, ihr zu lang dauerte.
„Nun? Whitby wird das mit ihm tun müssen, was man mit jedem tollwütigen Hund tut: Er wird ihn töten.“
In diesem Moment tauchte eine unbestimmte Furcht in Victoria auf. Ein nebulöser Gedanke, den sie nicht zu fassen vermochte. Die Leichtigkeit, mit der der Sheikh gesprochen hatte, hatte dazu geführt, dass sie Gefahr witterte, und sie würde noch darauf kommen, was es genau war. Der Sheikh würde ihr die fehlenden Puzzleteile liefern, und sie würde sie zusammensetzen!
„Das bedeutet, Sie rechnen jederzeit mit einem Angriff von Sheikh Al Musri?“
Der schmale, aristokratische Kopf wanderte langsam auf und ab. „Es gibt immer wieder Attacken auf Teile unseres Stammes, die ungesichert sind. Eine Taktik, die schmerzhaft für uns ist, doch nicht vernichtend. Wir schlagen immer zurück, doch es sind Scharmützel, die uns beide ausbluten und schwächen im Kampf gegen die Engländer, die zwar unser Territorium nicht betreten, aber nichtsdestoweniger noch immer da sind.“
Ein langer Blick ruhte auf Victoria.
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