Gefangene Seele
Stöhnen.
“Hallo? Hallo? Newton, bist du dran?”
Immer noch zitternd von seinem sexuellen Höhepunkt, schaute Johnny auf das Display auf seinem Mobiltelefon, wo die Nummer des Anrufers aufleuchtete. Es war Lawson.
Big Frank fluchte am anderen Ende der Leitung. “Verdammt, Newton, nimm’ endlich ab. Warum habe ich noch nichts von dir gehört? Ich zahle dir das ganze Geld nicht fürs Nichtstun.”
Johnny nahm ab, er mochte es nicht, gescholten zu werden. Seine Eltern hatten schon immer mit ihm geschimpft. Schon damals hatte er es nicht gemocht. Und noch weniger schätzte er es jetzt.
“Ruf mich einfach nie mehr an”, sagte Johnny. “Du erfährst schon früh genug, wenn es so weit ist. Vorher kann ich dir nichts sagen.”
Dann legte er auf. Als er das Telefon ausschaltete, fiel ihm ein, dass, falls er im Einsatz zufälligerweise getötet werden sollte, niemand würde herausfinden können, wer ihn beauftragt hatte. Und Johnny, so war er nun einmal gestrickt, war immer dazu bereit, die Schuld auf andere zu schieben. Immer noch geschwächt vom Sex, kam er auf die Beine, wühlte durch eine Schublade, bis er einen Stift und einen Zettel gefunden hatte. Er schrieb den Namen Frank Lawson auf, darunter seine Telefonnummer und steckte das Stückchen Papier in seine Brieftasche.
Jade hatte mehr Zeit in ihrem alten Schlafzimmer verbracht, als sie eigentlich vorgehabt hatte, also beeilte sie sich, wieder in ihr neues Zimmer zu kommen und zu duschen. Plötzlich hatte sie ein schlechtes Gewissen, Raphael so lange allein gelassen zu haben. Sie trocknete sich schnell ab, bürstete sich die Haare und hielt sie dann mit einer Spange aus Perlmutt am Hinterkopf zusammen. Sie war überrascht, wie viele neue Sachen in ihrem Kleiderschrank hingen. Das waren mehr, als sie in ihrem bisherigen Leben besessen hatte! Sie strich mit den Händen über die bunten, zarten Stoffe und spürte den Luxus, den sie bisher nie gekannt hatte.
Jade zog eine weiße Jeans und eine kurzärmelige blaue Bluse an. Dazu wählte sie flache goldene Sandalen aus. Als sie auf dem Weg zur Tür war, erinnerte sie sich daran, dass sie ihre Tasche vergessen hatte und ging zurück zum Bett, wo sie sie zuvor achtlos hingeworfen hatte. Obwohl Sam ihr ein halbes Dutzend neue Taschen in allen möglichen Farben besorgt hatte, wollte sie ihre alte mit den Perlen behalten, die sie einmal vor vielen Jahren von Raphael geschenkt bekommen hatte. Es war ihre Art, sich selbst daran zu erinnern, woher sie stammte und was sie alles mitgemacht hatte.
Sie fand Sam im Esszimmer. Er las die Zeitung. Als sie hineinkam, lächelte er sie anerkennend an.
“Liebes … schön siehst du aus. Ich hoffe, du hast Appetit.”
Jade sah kurz zu den Warmhalteplatten auf der Anrichte hinüber und musste feststellen, dass ihr Magen knurrte.
“Ja, ich glaube, ich habe Hunger”, sagte sie.
“Dann nimm dir etwas”, sagte er. “Ich bediene mich auch gleich.”
Es klingelte an der Haustür, als sich Jade gerade eine Extraportion Erdbeeren auf ihre Waffel häufte. Sam schaute auf seine Armbanduhr und runzelte die Stirn. Es war kurz nach acht Uhr dreißig. Seiner Meinung nach war es viel zu früh, um jemandem einen Besuch abzustatten. Einige Momente später betrat Luke das Esszimmer und entschuldigte sich. Er war überrascht, Jade hier zu sehen.
“Oh, Jade … ich hätte nicht damit gerechnet, dass du hier bist.”
“Ich bin mitgekommen, um zu duschen und mir frische Kleidung zu holen.”
Luke nickte und überlegte krampfhaft, was er noch sagen könnte. Sam rettete ihn, indem er ihn zum Frühstücken einlud.
“Luke, hast du schon gefrühstückt?”, fragte Sam.
“Ja, danke.”
“Dann trink doch eine Tasse Kaffee, während wir etwas essen.”
Luke schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. Sam saß am Kopfende des Tisches, Jade links von ihm. Luke setzte sich auf den Stuhl zu seiner Rechten, sodass er Jade direkt gegenübersaß. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals eine so schöne Frau gesehen zu haben.
Sam hatte schon erraten, dass Luke von seiner Tochter fasziniert war. Er freute sich heimlich darüber und biss in sein Brötchen, um Luke Zeit zu geben, sich wieder daran zu erinnern, weshalb er eigentlich gekommen war.
Jade fühlte sich plötzlich seltsam und unbeholfen. Sie fummelte an ihrer Serviette herum und schnitt dann eine Erdbeere in dünne Scheiben, in der Hoffnung, dass sie ihr auf dem Weg zum Mund nicht herunterfallen würden. Das letzte Mal, als sie Luke Kelly
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