Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne
gestört war. „Das geht dich nichts an.“
Tammys Augen weiteten sich vor Erstaunen. „Mein Gott, Dorian, es geht nicht nur um Lust, nicht wahr? Du bist dabei, dich zu verlieben. Sie bedeutet dir etwas.“
Tammy liegt ganz falsch, dachte Dorian und sah wieder auf den Garten hinaus.
Er war bereits bis über beide Ohren in sie verliebt.
Hast du dir je überlegt, wie sehr es Keenan treffen würde, wenn man dich fasste oder tötete?
Die bittere Wahrheit war, dass Ashaya überhaupt nicht nachgedacht hatte. Sie hatte rein … instinktiv gehandelt. Das Bedürfnis, Dorian zu beschützen, hatte sie ohne Vorwarnung erfasst, sie hinterrücks überfallen.
Irrationales Verhalten war ihr nicht fremd. Sie war es gewohnt, in Bezug auf Keenan und Amara so zu reagieren. Sie waren ein Blut, ein Leib, durch unsichtbare geistige Bande an sie gebunden. Irgendwie ergab es einen Sinn, dass sie in allem, was sie betraf, nicht vollkommen rational reagierte.
Aber heute hatte sie gegen alle Vernunft, ohne den kleinsten Funken Verstand ein solches Verhalten für einen Mann an den Tag gelegt, der nicht diese Verbindung zu ihr hatte. Sie hatte ihre eigene Sicherheit außer Acht gelassen – das wichtigste Gut für die meisten Medialen –, den normalen Menschenverstand, jegliche anderen Verpflichtungen, nur nicht das drängende Bedürfnis, sich darum zu kümmern, dass Dorian nichts passierte.
Nun saß sie ihrem Sohn gegenüber und fühlte statt der anfänglichen Schuld nur eine Art Frieden. Denn sie hatte einen unwiderruflichen Schritt getan. Sie versuchte nicht einmal mehr, Silentium vorzutäuschen. Zwar verbarg sie im Medialnet weiterhin ihr Bewusstsein durch Schilde, aber die letzten Bastionen ihrer Konditionierung waren gefallen.
Komm schon, Amara, flüsterte sie. Lass es uns zu Ende bringen. Denn Dorian hatte recht, sie konnte kein halbes Leben mehr führen.
„Mami?“ Keenan sah sie ernst und fragend an. „Wo bist du gerade?“
„Genau hier.“ Sie stand auf, ging um den Tisch herum, hob ihn hoch und nahm ihn in die Arme, wollte ihre Gefühle nicht mehr länger verstecken. „Ich hab dich lieb, mein Kleiner. Ich hab dich lieb.“
Er schenkte ihr sein süßestes Lächeln. „Das weiß ich, Mami.“
Ihr Herz schmolz, weil er so überzeugt klang, dennoch bemerkte sie gleichzeitig, dass Dorian auf sie zukam. Ihr Körper wurde ganz steif, ihr Herz setzte kurz aus, und sie spürte Panik in sich aufsteigen. Das Verlangen nach ihm war so klar und sinnlich, dass sie völlig davon überwältigt wurde.
Dorian richtete zuerst ein paar Worte an Keenan. „Tammy backt gerade Plätzchen.“
Keenan wollte sofort davonspringen. „Ich mag Plätzchen!“
Ashaya setzte ihn ab und sah ihm nach, als er ins Haus rannte. „Hat Tamsyn schon eine Entscheidung wegen ihrer Jungen getroffen?“
„Sie werden heute Abend zurückkommen. Sascha ist sicher, dass Keenan ihnen nichts tun wird. Trotzdem werden sie oder Faith ein Auge auf ihn haben, wenn du nicht in seiner Nähe bist.“
Ashaya nickte, sie verstand die Vorsichtsmaßnahmen. Keenan besaß große telepathische Kräfte, und die Jungen hatten Zähne und Krallen. „Ich möchte, dass er Freunde hat.“ Dass er ein ganzes Leben vor sich hat.
Dorian kam näher und drängte sie gegen den Tisch. „Was hat er dir gegeben?“
„Ach, lass mich doch in Ruhe!“, schnappte sie, sie hatte seine Wut noch nicht vergessen – auch nicht die Art, wie er sie immer wieder in die Defensive drängte, damit sie nachgab. Sie hatte lange gebraucht, um diesen Katzentrick zu durchschauen, und nun fragte sie sich, welche Geheimnisse er selbst vor ihr hatte. Er würde sie ihr natürlich niemals verraten. Dieser Gedanke gab ihr die Kraft, laut zu werden. „Verschwinde.“
Statt zu gehorchen, legte er die Hände auf den Tisch, sodass sie zwischen seinen Armen in der Falle saß. „Von der Küche aus kann man uns sehen. Sei also brav und spiel mit.“ Das Glühen in seinen Augen gab dem Wort „Spiel“ etwas sündig Sinnliches.
Ashaya spürte, wie ihre Wangen heiß wurden, sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie zu solch einer weiblichen Reaktion überhaupt fähig war. Ihr wurde klar, dass Dorian ein sehr gefährlicher Gegner sein konnte, wenn er spielen wollte. „Vor kurzem noch hast du mich angeschrien. Was soll jetzt diese Charmeoffensive?“
„Ich will dich.“ Eine klare Aussage. „Ich könnte mein Verlangen weiter aufschieben, indem ich wütend auf dich werde, oder …“ Er zögerte und seine Augen
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