Gefechte der Leidenschaft
Grauen einzureden und schließlich beruhigte sich das Tier und kam zum Stehen. Sie suchte nach der Ursache für seine Unruhe und entdeckte vor sich auf dem Weg die längliche schwarze Gestalt einer Wassermokassinschlange.
Von ihrem Sitz aus konnte sie unmöglich sagen, ob die
Schlange tot oder lebendig war. Und so aufgeregt wie das Pferd war, konnte sie nicht wagen, es unbeaufsichtigt zu lassen. Also schaute sie sich nach irgendeinem Wurfgeschoss um, womit sich das Reptil vertreiben ließ, fand aber nichts. Ihre einzige Waffe war eine kleine Peitsche, die mit aufgewickelter Schnur in ihrer Halterung steckte.
Lisette ergriff die Peitsche und ließ sie laut knallen. Wieder stieg der Graue, den in seiner Angst sogar das vertraute Geräusch aus der Fassung brachte. Lisette ließ die Peitsche fallen und packte die Zügel mit beiden Händen, während sie durch Zurufe versuchte, das Pferd wieder unter Kontrolle zu bringen. In diesem Augenblick vermeinte sie, im Wald zu ihrer Rechten eine Bewegung wahrzunehmen.
Die Kutsche schwankte hin und her. Wieder und wieder stieg der Graue und versuchte durchzugehen. Lisettes Hände und Schultern brannten wie Feuer, während sie sich mit letzter Kraft bemühte, ihn zu bändigen. Obwohl die Pferdehufe neben ihr auf den Boden donnerten, rührte sich die Schlange nicht. Sie musste also tot sein. Lisette fürchtete, es könne sich um eine Falle handeln, gelegt von einem oder mehreren Männern, die jeden Augenblick aus dem dichten Unterholz hervorbrechen würden. Ein Rascheln von trockenem Laub drang an ihr Ohr und wieder glaubte sie, Schatten wahrzunehmen, die durch die Bäume huschten. Da erklang hinter ihr schneller Hufschlag. Sie blickte über die Schulter und tat - halb erleichtert, halb verdrossen — einen tiefen Atemzug.
Es war Caid, der im Sattel saß, als sei er mit seinem großen, rotbraunen Hengst verwachsen. Sein Pferd fiel in Schritt und suchte sich einen Weg durch die morastige Stelle. Caid lenkte es neben den Phaeton. »Ist etwas nicht in Ordnung, Madame Moisant?«
»Es sieht ganz so aus«, antwortete sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Und falls Sie es wagen, jetzt so etwas wie >ich habe es ja gleich gesagt < von sich zu geben, dann ... dann schreie ich.«
»Das würde ich Ihnen nicht raten, falls Sie sich nicht in dem Schlammloch da drüben wiederfinden wollen.« Er warf einen Blick auf den Grauen. »Anscheinend wünscht Ihr Pferd nicht weiterzugehen. Soll ich es für Sie wenden?«
»Wenn Sie wollen.« Sie wusste, dass ihre Worte unfreundlich klangen, aber im Moment konnte sie einfach nicht anders.
»Nichts leichter als das.«
Er saß ab und schlang die Zügel um einen jungen Amberbaum. Dann stellte er sich neben den Kopf des grauen Pferdes, griff in das Zaumzeug und sprach beruhigend und mit melodischem irischem Tonfall auf das Tier ein, während er ihm sanft über den Hals strich. Kurz darauf hörte das Pferd auf zu zittern und stellte die Ohren auf. Da führte Caid es behutsam ein paar Schritte zurück, dann erneut vor und wieder zurück, so lange, bis der Phaeton in die Richtung wies, aus der Lisette gekommen war.
Sie erwartete beinahe, dass Caid seinen Hengst am Wagen anbinden, sich neben sie auf den Kutschbock schwingen und die Zügel nehmen würde. In gewisser Hinsicht wäre sie froh darüber gewesen, auch wenn es ihren Stolz verletzt hätte. Er tat jedoch nichts dergleichen, sondern saß wieder auf und lenkte sein Pferd neben sie.
Einige Sekunden lang sagte er nichts, sondern betrachtete sie nur mit einem ernsten, prüfenden Blick und Lisette wurde plötzlich bewusst, wie allein und abgeschnitten vom Rest der Welt sie hier waren. Ihr wurde auch bewusst, wie groß und stattlich er zu Pferde wirkte, wie stark seine Hände waren, die die Zügel hielten, und wie kraftvoll die Muskeln seiner Schenkel spielten, mit denen er das Pferd dirigierte.
Vom Mittelpunkt ihres Körpers breitete sich Hitze in allen Gliedern aus, ihr stockte der Atem und sie fühlte sich unendlich schwach und verletzlich. Seine blauen Augen hielten ihren Blick fest, bis sie sich nicht mehr rühren oder klar denken konnte. Irgendwo in einem Winkel ihres Gehirns wusste sie, dass sie keinen Widerstand leisten würde, nähme er sie jetzt auf der Stelle in die Arme, um sie zu küssen. In dem Augenblick fiel ihr das Fläschchen mit dem Liebestrank ein, das am vergangenen Abend in ihrem Haus abgegeben worden war.
»Sollen wir?«, fragte Caid mit leiser, rauer Stimme.
Einen Moment lang war
Weitere Kostenlose Bücher