Gefechte der Liebe: Roman (German Edition)
das erste Wort nicht lesen. Was steht da noch?«
»Es ist das lubinische Wort für ›Prinzessin‹. Da steht ›Prinzessin Alana‹.«
Sie legte das Armband in das kleine Kästchen mit Seidenfutteral, in dem sie ihren Schmuck und Henrys Schnitzereien aufbewahrte und das sie, stets gut verschlossen, in einem ihrer Koffer mit sich trug. Dieses kleine Schmuckstück lieferte den Beweis, mehr als alles andere bisher, dass sie Alana war, Tochter von Frederick, dem Herrscher von Lubinia. In dieser Nacht weinte sie sich in den Schlaf. Nichts würde jemals wieder sein wie zuvor.
Kapitel 7
H eute würden sie Lubinia erreichen. Auch wenn die Reise lang gewesen war, erschien es Alana dennoch zu früh, um schon am Ziel anzukommen. Sie befanden sich hoch oben in den Bergen, umgeben von einer winterlich weißen, unberührten Landschaft. Plötzlich gab es einen wilden Schneesturm, der aus dem Nichts zu kommen schien. Der Pfad über den Bergpass, den sie überqueren mussten, wurde immer schmaler, je höher es hinaufging. Er war so steil, dass alle, selbst der Fahrer, aus der Kutsche steigen und vor ihr herlaufen mussten. Der heftige Schneefall machte den sowieso schon rutschigen Weg noch gefährlicher.
»Das ist ein sehr alter Pfad, der kaum noch benutzt wird!«, brüllte Poppie gegen den Wind an, der ihnen den Schnee ins Gesicht blies. Er lief direkt vor Alana und musste dennoch laut schreien. Hinter ihnen mühte sich der Kutscher ab, die Pferde zum Weitergehen zu bewegen. »Aus dieser Richtung kommen nur wenige«, fügte Poppie hinzu.
»Trotzdem, es müsste besser abgesichert werden«, beklagte sie sich, während sie sich auf der bergzugewandten Seite an den Felsen entlanghangelte. »Wenigstens ein paar Sicherheitszäune oder …«
»Das kannst du dann ja veranlassen, wenn du Königin bist.«
Sie bemerkte den Humor in seiner Stimme. »Das ist immerhin schon mal etwas, worüber ich mit meinem Vater sprechen kann«, erwiderte sie. Poppie lachte.
Alana war froh, dass sie bei dieser Kälte kein Kleid trug, was bei dem starken Wind äußerst unpraktisch gewesen wäre. Ihr Haar war zu einem straffen Zopf geflochten, der unter ihrem hoch aufgestellten Mantelkragen verborgen war. Eine Wollmütze, die ihr restliches Haar verbarg, hatte sie tief in die Stirn gezogen. Sie hätte auch noch einen Schal aus ihrem Koffer holen sollen, um ihr Gesicht vor den eisigen Schneeflocken zu schützen. Zum Glück waren ihre Hosen für dieses Wetter wie geschaffen, der Stoff war so dick, dass es sich anfühlte, als wären sie gefüttert.
Mit einer behandschuhten Hand stützte sie sich an der Felswand ab, mit der anderen hielt sie Henrys Hand fest umklammert. Sie glaubte, ihn pfeifen zu hören, aber vielleicht war es auch der Wind. Aber sie wusste, dass all das für ihn ein großes Abenteuer darstellte, er war eben ein kleiner Dummkopf. Er hatte den Spaß seines Lebens auf dieser Reise, stellte ständig Fragen und war von allem fasziniert, was sie sahen. Sie und Poppie hatten ihm den Grund für die Reise natürlich mitgeteilt, allerdings in einer vereinfachten Version, in der die königliche Familie nicht vorkam. Sie hatten lediglich erwähnt, dass Alana nun endlich ihren richtigen Vater kennenlernen sollte.
Auch Henry hatte in München neue Winterkleidung bekommen. Nichts besonders Modisches, genau wie für alle anderen. Sie sahen aus wie einfache Bauern, und Alana hatte Henry damit mehrmals aufgezogen.
Auf einem besonders kurvenreichen Abschnitt des Pfades wären sie fast auch noch angefahren worden. Das Schneegestöber und der beißende Wind nahm ihnen die Sicht. Ihre Pferde stiegen, als plötzlich eine Kutsche vor ihnen auftauchte und den Weg versperrte. Eines der Pferde wäre beinahe ausgerutscht und abgestürzt. Alana schrie auf, als sie sah, wie es versuchte, Tritt zu fassen, dann wurde sie von einem anderen Pferd gegen die Felswand geschleudert und bekam für einen Moment keine Luft mehr. Die anderen Pferde bäumten sich ebenfalls auf, so heftig wurden sie ausgebremst. Beinahe wären sie mit der entgegenkommenden Kutsche zusammengeprallt, da sie nicht sofort anhalten konnten.
Alana geriet in Panik, als sie Henrys Hand verlor, aber er war nur die Felsen ein Stück hochgeklettert, um den Pferden auszuweichen und das Chaos besser überblicken zu können. Nicht dass er bei dem heftigen Schneefall besonders viel hätte erkennen können. Aber Alana konnte überhaupt nichts mehr sehen, da sich eines der Pferde immer noch gegen sie drückte.
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