Gefechte der Liebe: Roman (German Edition)
Irgendwie gelang es ihr aber, sich herauszuwinden, und sie ging auf die Kutsche zu, wo etwas mehr Platz war. Poppie folgte ihr und legte schützend einen Arm um ihre Schultern.
»Sag bloß nichts!«, warnte er sie. »Deine Stimme straft deine Verkleidung Lügen.«
Die Pferde der entgegenkommenden Kutsche versperrten den engen Bergpfad. Alana hielt den Atem an. Immer noch bestand die Gefahr, dass ein Mensch oder ein Pferd abstürzte.
Es waren so viele Pferde, sie konnte sie gar nicht zählen, und so viele Männer saßen auf den Pferden! Alle trugen dieselben langen Militärmäntel, schwarze mit Pelz besetzte Mützen und dicke Schals, die so hoch ins Gesicht gezogen waren, dass man nur ihre Augen sah. Sie wirkten wie Räuber, dachte Alana, obwohl Räuber sich wohl kaum alle gleich anziehen würden. Waren es Soldaten? Oder vielleicht sogar Rebellen?
Dann bemerkte sie, dass die Männer ihre Gewehre auf sie, Poppie und den Kutscher gerichtet hatten. Instinktiv griff sie in ihre Manteltaschen und legte die Hände um die Griffe ihrer Pistolen. Mit ihren dicken Handschuhen hätte sie sie allerdings nicht abfeuern können. Sie wagte auch nicht, die Waffen herauszuziehen, sonst wäre sie wahrscheinlich sofort erschossen worden.
Einige Männer stiegen ab, um ihr Reittier zu Fuß zurückzuführen. Einer ging zur Kutsche, öffnete die Tür und blickte hinein. Alana sah ihn nicht kommen, aber plötzlich drängte er sich von hinten an ihr vorbei. Er packte sie am Kinn, ließ sie jedoch gleich wieder los, noch bevor sie ihren Kopf wegziehen konnte. Dasselbe machte er mit Henry, der inzwischen wieder näher gekommen war.
Dann erstattete der Mann einem weiteren Reiter, der gerade von seinem Pferd abgesessen war, seinen Bericht: »Zwei erwachsene Männer, zwei Kinder. In der Kutsche sitzt niemand mehr.«
Immer mehr Pferde wichen in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Inzwischen war der Abstand zwischen den beiden Kutschen etwas größer geworden, aber der Mann, der soeben abgestiegen war, füllte diesen Raum zum Großteil aus. Er war groß, breitschultrig und stand in militärisch strammer Haltung da. Von seinem Gesicht konnte Alana nicht viel erkennen. In dem dichten Schneegestöber war es, als würde sie durch einen weißen Schleier auf ihn blicken. Alles, was sie ausmachen konnte, war ein wenig helles, mit Schneeflocken übersätes Haar und Augen, die von der Pelzmütze überschattet wurden. Er streifte den rechten Handschuh ab und zog sich den Schal aus dem Gesicht. Zum Vorschein kamen eine scharfe Nase und ein harter Mund. Er musterte Poppie mit ernstem Blick und zusammengekniffenen Augen.
»Wenn ihr Rebellen jetzt schon Kinder rekrutiert, erschieße ich euch auf der Stelle!«
Alana stockte der Atem, aber Poppie lachte nur kurz auf. »Wir sind keine Rebellen.«
»Was zum Teufel macht ihr dann sonst hier oben mitten im Winter, wenn ihr nicht aus dem Rebellenlager kommt? Wir haben gehört, dass es hinter diesem Pass hier liegen soll. Es gibt keinen vernünftigen Grund, sich hier oben aufzuhalten, so gefährlich, wie es hier ist.«
»Wir versuchen, bei der Familie meiner Lady einzutreffen, noch bevor sie dort ankommt. Sie hat den längeren Weg über den Nordostpass eingeschlagen. Als unsere Kutsche mit dem Gepäck ein Rad verloren hatte, wollte sie nicht auf uns warten und ist mit ihrem Gefolge vorgegangen. Aber ich habe die falsche Entscheidung getroffen. Ich hatte gehört, dass dieser Weg hier kürzer ist, aber niemand hat mich gewarnt, wie gefährlich er ist.«
Der Soldat schwieg kurz, einen schrecklich angespannten Moment lang, und erwiderte dann mit einem Schnauben: »Hier oben gibt es in dieser Jahreszeit immer Schnee. Wer ist Ihre Lady?«
»Sie ist eine Naumann.«
Sofort bedachte der Soldat ihn mit einem finsteren Blick. »Die einzige Frau, die von der Familie Naumann noch übrig ist, ist die Großmutter, und die ist viel zu alt für eine solche Reise. Sie lügen!«
Oh Gott, Poppie musste sich einfach eine plausible Geschichte einfallen lassen! Mindestens fünf weitere Gewehrläufe richteten sich auf sie. Er hatte keine andere Wahl, als bei seiner Geschichte zu bleiben. Mit gespielter Entrüstung entgegnete er: »Nein, mein Herr, sie ist nicht die Einzige. Meine Lady ist eine Cousine zweiten Grades, die schon seit dreißig Jahren nicht mehr hier lebt. Soweit ich weiß, ist das jetzt das zweite Mal, dass sie nach Lubinia reist, um diesen Zweig ihrer Familie zu besuchen.«
»Also nur Bedienstete?
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