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Gefesselt in Seide: Roman (German Edition)

Gefesselt in Seide: Roman (German Edition)

Titel: Gefesselt in Seide: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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nun wird eben Joe Geary entscheiden. Der Prozeß ist im September, das hat in der Zeitung gestanden.
    So sieht’s aus.
    Es liegt jetzt allein in seiner Hand.
    Wo der Schlamm herkam? Sie war in einen Honigpott gefallen. Das sind so tückische Stellen in der Schlammzone. Da kann man leicht runtergezogen werden. Ganz schön beängstigend, das kann ich Ihnen sagen. Wie Treibsand. Mary Amesbury ist in einen reingestolpert, als sie zu Jacks Boot runter wollte.
    Die Kleine? Die hat Julia Strout zu sich genommen. Sie hat eigens darum gebeten. Sie ist jetzt immer noch bei ihr.

Willis Beale
    Also, ich sag Ihnen ganz offen, was meiner Meinung nach in der Nacht passiert ist. Dieser Harrold English hat genau das getan, was jeder andere auch getan hätte. Er ist hier raufgefahren, um seine Frau und sein Kind nach Hause zu holen, und dann hat er Mary und Jack im Bett überrascht, in flagranti sozusagen. Und dann hat’s zwischen den Dreien Krach gegeben, Jack hatte seine Pistole dabei, und er oder sie hat das arme Schwein abgeknallt. So seh ich das.
    Da haben Sie Ihr Motiv, wenn Sie eines suchen.
    Mary vertuscht irgendwas, weil sie Jack schützen will. Das glaubt sogar Everett. Er hat’s zwar nicht direkt zu mir gesagt, aber ich hab’s läuten hören.
    Ich glaube, am Schluß war’s ihnen egal, wer gewußt hat, was da vorgeht. Sie brauchen nur LeBlanc zu fragen. Der kann Ihnen erzählen, daß Jack an dem Tag, an dem die Kleine krank geworden ist, schon morgens um halb sechs da war. Er selbst ist zu den LeBlancs raufgekommen, weil er telefonieren wollte. Und ich hab mit eigenen Augen gesehen, wie Jack an dem Tag ständig bei Mary ein und aus gegangen ist, als ob sie alte Freunde wären. Ich hab ihn vom Fischhaus aus beobachtet. Er hat sie zwar nicht in der Öffentlichkeit geküßt, aber allen war klar, was da los war.
    Vielleicht hatten die beiden auch einen Plan. Wer weiß? Ich mein, was hätten sie denn gemacht, nachdem Jack sein Boot reingeholt hatte? Wie hätte er sie denn da noch jeden Tag besuchen sollen? Haben Sie sich das mal überlegt?
    Im Prozeß hab ich natürlich sagen müssen, daß sie mir erzählt hat, die blauen Flecken wären von einem Autounfall. Ich hab ja unter Eid gestanden. Ich weiß, es gibt Leute im Dorf, die das nicht verstehen, aber ich nehm einen Eid ernst.
    Ich weiß nicht, wie sie gefunden worden ist. Ich erinnere mich allerdings an diesen Burschen von New York, der zur Genossenschaft runterkam und alle ausgefragt hat. Wenn er gefragt hätte, ob jemand neu im Dorf wär, hätt ich wahrscheinlich gesagt, ja, eine junge Frau mit einem kleinen Kind, aber ich wär doch nie im Leben damit rausgerückt, wo sie wohnt oder so. Ich mein, wenn Mary nicht gefunden werden wollte, dann war das doch ihre Sache, oder nicht?
    Ich bin wirklich gespannt auf Richter Gearys Urteil im September. Wahrscheinlich wird sie freigesprochen. Der ist ja mit Frauen immer milde.

Julia Strout
    Ja, ich mußte beim Prozeß aussagen. Ich mußte beschreiben, in welchem Zustand Mary Amesbury war, als sie in St. Hilaire ankam. Ich mußte allerdings auch zugeben, daß sie mir erzählt hatte, die Verletzungen stammten von einem Autounfall. Aber ich hab sofort dazugesagt, noch ehe der Staatsanwalt mich unterbrechen konnte, daß ich ihr das nicht abgenommen hatte.
    Ich hätte nicht tun können, was Mary Amesbury getan hat. Ich glaube es jedenfalls nicht. Ich glaube nicht, daß ich es fertiggebracht hätte, einen Menschen zu erschießen, aber wer weiß schon, wie weit die Umstände einen treiben können. Ich weiß, daß man ihr vorwirft, sie habe ihren Mann kaltblütig getötet. Sie hätte Jack oder Everett um Hilfe bitten können, sagt man. Aber wer will sagen, daß eine Affekthandlung – ein Handeln »in heißem Blut«, wenn man so will – eine strenge zeitliche Begrenzung auf ein oder zwei Minuten hat? Wer will behaupten, daß der Affekt nicht viel länger anhalten kann? Beispielsweise lang genug, um zum Boot hinauszufahren, die Pistole zu holen, mit ihr zurückzukehren und den Mann zu erschießen, der einen gequält hat. Der einen mit Sicherheit wieder quälen würde. Der einen früher oder später vielleicht sogar umbringen würde. Wer will behaupten, daß so ein Affekt nicht sogar über Wochen oder Monate anhalten kann?
    Ich habe keine Ahnung, was im September mit Mary geschehen wird. Es heißt, daß sie freigesprochen werden wird, und ich hoffe, das wird sich bewahrheiten.
    Aber wenn ich an diese schreckliche Geschichte drüben auf

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