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Gefeuert

Titel: Gefeuert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Berger
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ausgedacht. Seit Monaten ist bekannt, dass es Kündigungen geben wird. Aber wen es trifft, wie viele und wann – das weiß keiner.
    Das ist eine ziemlich sichere Art, seine Angestellten zu demotivieren. Meine Gespräche mit früheren Kollegen verschiedener Abteilungen vermitteln mir den Eindruck, dass sie sich schon im Höchststadium des Frusts befinden. Sie wirken trotz aller Freude über meinen Besuch doch irgendwie desillusioniert, apathisch, zynisch. Mir fällt – quasi als Außenstehender – auch manche positive Veränderung im Unternehmen auf, seit ich zuletzt da war. Die Kantine zum Beispiel ist deutlich besser geworden. Meine Kollegen zucken darüber nur desinteressiert mit den Schultern.
    Die Lektion für Geschäftsführer daraus wäre: In einer Firma, in der Kündigungen anstehen, kann man sich als Boss nette Gesten sparen. Sie bringen nichts, im Gegenteil: Im Zweifelsfall werden sie negativ ausgelegt. Schade, dass diese Erkenntnis in den oberen Etagen offenbar nicht ankommt. Sonst würde die Geschäftsführung die Mitarbeiter doch nicht über Monate mit drohenden Kündigungen quälen.
    Mir ist komisch zumute, wenn ich bei meinen früheren Kollegen die Angst vor einer Entlassung spüre. Ich habe das hinter mir, noch dazu hat es mich kalt erwischt: Die Entscheidung fiel so schnell, dass ich gar nicht viel Zeit hatte, mich davor zu ängstigen. Ich habe mich mit meiner Kündigung inzwischen abgefunden (fast, nicht immer, meistens …). Ich habe das Gefühl, schon einen Schritt weiter zu sein als sie. Und so bin ich erleichtert, nicht in ihrer Situation zu stecken. Ich bin froh darüber, keine Angst vor einer Kündigung haben zu müssen.
    Das heißt nicht, dass ich froh bin über meine Kündigung.Nein, das nicht. Noch dazu, wo ich jetzt »mein« Büro gesehen habe und so freundlich von allen empfangen wurde.
    Auf dem Heimweg fange ich an, furchtbar wehmütig zu werden. Es ist gut, dass ich von meinem Büro nichts ahnte. Wie hätte ich mich von meiner Exarbeit lösen sollen, wenn ich die vergangenen Monate immer vor Ort gewesen wäre? Es fällt mir schwer genug, mich nach diesem Besuch wieder auf mich und meine Zukunft, meine Projekte und Bewerbungen zu besinnen. Andererseits – wo ich sowieso nur noch ein paar Wochen angestellt bin … Ich male mir aus, es zu genießen, wieder Tag für Tag zur Arbeit zu gehen, gerade weil ich weiß, dass es bald endet.
    Aber das ist Quatsch. Was sollte ich die ganze Zeit dort tun? Unser Projekt ist eingestellt. Ich habe keine Arbeit mehr. Ich werde nicht gebraucht.
    Es ist egal, ob ich in meinem Büro sitze oder nicht.
    Das ist bitter. Aber es hilft mir, von meiner Bürobegeisterung herunterzukommen. Ich sehe ein, dass es einfach aus ist zwischen mir und meiner Exarbeit. Wir kommen nicht mehr zusammen. Es ist das definitive Ende einer 1 5-jährigen gelungenen Beziehung.
    Ich bin wieder alleine. Ich bin frei. Ich bin fest entschlossen, das Beste daraus zu machen.

[ Menü ]
    Unerwartete Wendung
    Eine knappe Woche später klingelt nachmittags das Telefon. Es herrscht gerade Tohuwabohu in der Diele. Der Kleine hat sich auf Ellas Schulsachen gestürzt und in einem unbemerkten Moment alles auseinandergerissen. Ella schimpft, Johannes schlichtet, und ich klaube Hefte und Stifte zusammen, bevor etwas kaputtgeht. Mit einem Packen Hefte unterm Arm nehme ich den Hörer ab. Gerade noch habe ich auf dem Display gesehen, dass es die Nummer meines Arbeitgebers ist. Bevor ich die Durchwahl zuordnen kann, meldet sich schon Herr Roth.
    »Störe ich gerade, Frau Berger?«
    Und wie er stört! Warum ruft er bloß an? Warum erwischt gerade er immer so denkbar ungünstige Momente? Offensichtlich hat er ja weiterhin seinen Job, laut Gerüchteküche hatte er nämlich angeblich selbst Angst davor, dass ihm gekündigt wird. Hektisch gebe ich Johannes Zeichen mit der Hand, sich mit den Kindern in ein Zimmer zu verziehen.
    »Aber nein, gar nicht«, antworte ich aus gewohnter Höflichkeit.
    »Wie geht’s Ihnen so, Frau Berger? Wie sieht es denn beruflich aus?«
    »Sehr gut, danke«, antworte ich erwartungsgemäß und wundere mich über seine unvermittelte Frage. Ist er plötzlich seelsorgerisch tätig und ruft bei allen Gekündigten an, um sich nach ihrem Zustand zu erkundigen? Mir ist die Situation unangenehm und das löst bei mir leider einen wahren Wortschwall aus. Ich erzähle tatsächlich, was ich gerade so tue, und berichte von meinen freien Projekten, bis ich endlich den Schluss finde: »Ich

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