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Gefluesterte Worte

Gefluesterte Worte

Titel: Gefluesterte Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Sylva
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Hoffnungslosigkeit ist nur eine höhere Stufe des Daseins, ein Verstehen der Führungen, denen man unterworfen gewesen ist. Was die Menschen dabei getanhaben, muß man lernen zu verzeihen. Wer nicht verzeihen kann, der ist der Ruhe noch ganz fern. Und Verzeihen ist schwer. Denn oftmals fühlt man, daß etwas in uns zerstört worden ist, wohl nicht mutwillig, nicht einmal aus Haß oder Neid oder Feindschaft, aber in bester Absicht und hellem Unverstand, und da ist am allerschwersten zu verzeihen, weil es hoffnungslos ist. Nichts kann das wieder aufrichten, was niedergestürzt ist, nur deine eigne stete Kraft, Seele, das Bewußtsein, daß du allein deinem eigensten Ziele entgegengehen mußt, ungeführt, ungehindert, daß keiner zerstören kann, was lebensstark in dir ist. Du meinst es nur, weil du Mühe hast, das Gefallene wieder aufzurichten und ihm das Leben wiederzugeben, das man hat vernichten wollen. Aber Seele, du bist doch stärker als äußere Umstände, stärker als die wohlmeinenden Peiniger, stärker als das Unverständige um dich her. Gib doch den Versuch auf, verstanden zu werden. Du bist dazu viel zu eigentümlich und dir allein angehörend, du kannst nicht im Geleise gehen? Um so besser für dich, so geh nicht im Geleise, sondern deinen eigenen Dornenpfad, oder pfadlos, wie es eben kommt. Die andern könnenkeinen Weg für dich bahnen, wie sehr sie es auch versuchen, du mußt dahingehen wie der Schauende, der sich nicht viel um das Dornengestrüpp kümmert, das seine Füße verwundet, und seine Stacheln bis ins Herz hinein versenkt. Du sollst nach den Strahlen greifen, die du siehst, und die oftmals deine Umgebung garnicht wahrnimmt, du sollst selbst die Helle sehen, nicht die andern, du sollst ihnen zeigen, daß dein Weg klar ist, auch wenn sie es zuerst nicht glauben wollen.
    Dann wird deine Ruhe vieler Ruhe werden, und da wir einer für den andern auf der Erde sind, so ist es höchst wichtig, daß wir ihnen unser Ruhegefühl mitteilen, und sie mitnehmen, dahin, wo es keine Unrast mehr gibt. Warum denn nicht einen Himmelseingang aus der Erde machen? Dazu ist jeder da, um den andern diesen Himmelseingang zu bauen. Die Philosophen haben sich vergebens besonnen, wozu wir hier sind und was wir eigentlich hier machen.
    Wenn wir aber den andern den Himmel auf die Erde niederziehen, so brauchen wir nicht zu fragen, was wir tun und was unser Zweck ist, die Frage wird uns garnicht mehr kommen.Wir wollen nur Ruhe und den andern helfen, dahin zu gelangen.
    Ist es nicht eigentlich genug? Ob wir vom Affen abstammen oder vom Engel, ob unser Gehirn gröber oder geringer ist als das der Ameise, ob das Ich die Hauptsache ist. ob der Geist, oder der Stoff, das sind müßige Fragen, dem gegenüber, daß wir die Ruhe erreichen. Der Tod ist nicht so gewiß die Ruhe, als es scheint, da wir nicht willen, was hinter dieser Pforte steht und uns immer fragen, ob die scheinbare Ruhe Wahrheit oder Täuschung ist. Denn Schweigen ist noch lange nicht Ruhe, Und was schweigt im Tode? Die Lippen, weiter nichts, das Auge, weiter nichts. Aber das, was Lippen und Augen bewegt hat, schweigt das auch? oder durchwandert es neue Angst und neue Unruhe, und neue Bahnen, die wir zuweilen ahnen, aber niemals Schauen dürfen. Die Ruhe muß vorher erreicht sein, ehe die Lippen sich schließen und keinem mehr verraten dürfen, was die Seele erlebt.
    Ruhe war von jeher der Menschen sehnlichstes Begehr und sie haben auf jede Weise versucht, dieselbe zu erreichen, die einen wollten reich sein, um ruhen zu können, die andernarm, um bedürfnislos zu werden, die andern ließen sich pensionieren und meinten, wenn sie nur aus der Tretmühle des täglichen Berufs heraus wären, so hätten sie die Ruhe von selbst. Die Arbeiter jeder Klasse fanden den Sonntag gut zum Ruhen, und sie taten recht daran, da sie neue Kräfte sammelten. Dieses alles aber ist nicht die Ruhe, welche eine Errungenschaft eignen Kampfes und eigner Kraft ist. Denn die wirkliche Ruhe ist unabhängig von äußeren Umständen und von allen Schwierigkeiten und Anstrengungen im Dienste der andern. Die Ruhe ist das Überallemstehen der eignen freien klaren Seele. Und die die Seele leugnen, verlangen ebenso eifrig nach Ruhe wie die andern, die den Körper für nichts achten. Die Gedanken der Menschen sind verschieden, ihr Sehnen ist eins, das ändert sich nicht und in keiner Lebenslage.
    Was die Krankheit aus dir machen soll, Seele, das fragst du dich.
    Du bekämpfst sie, als wäre sie deine

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