Gefluesterte Worte
los werden können!
Vielleicht dürfen wir unsern nächsten Beruf, unser Dasein, wählen und selbst bestimmen, welcheWege wir geführt sein sollen. Darum bleiben einige so fest in ihrer Bahn, denn sie haben nicht vergessen, daß sie aus eignem freien Willen sie erwählt, darum sind andere so verzweifelt glaubenslos, skeptisch, höhnend, weil die Verbrecher sind, die sich wie Galeerenskaven vorkommen und nicht ahnen, daß es lauter Barmherzigkeit ist, wenn sie nicht willen, wer sie sind, und daß besonders ihre Nebenmenschen es nicht erkennen.
Auf derselben Erde streifen sich Himmelskinder und Verbrecher, und sollen einander zum Nutzen werden und sich gegenseitig helfen. Auf derselben Erde gibt es Hunger und Herzeleid, und äußeres Glück und Wohlergehen, damit immer Hilfe neben dem zu großen unerträglichen Leiden stehe, und ihm unter die Arme greifen kann, wenn es Zeit ist. Manchmal ist vielleicht die Sühne vollzogen und könnte die erlöste Seele sich nicht aus ihrer Gefangenschaft befreien, wenn nicht einer die Hand ausstreckte und ihr wenigstens die äußeren Umstände so erleichterte, daß sie aufatmen und um sich blicken kann, warum haben die sogenannten Reichen eine so ungeheure Verantwortung und sollten so viel Gutes tun, daß ihr eigner Säckel nicht allzuvoll bleibt,sondern sich beständig im Dienste der Brüder leert. Einige bleiben von der Erde sogenannten Leidenschaften ganz frei und lernen sie nie verstehen, beschmutzen sich aber in anderer Weise, durch Selbstsucht oder Eigennutz, oder irgend eine kleine Schwäche, gegen welche sie nicht frühzeitig zu Felde gezogen sind. Wir haben das Gefühl, daß sogenannte Leidenschaft irdisch oder unrein ist. Warum? Während es für uns eine Liebe gibt, die wir für himmelgeboren und erhaben und veredelnd halten? Warum? Gibt es eine Liebe, die durch mehrere Existenzen geht? Gibt es eine Verschmelzung der Seelen, die so tief, so dauernd ist, daß, wenn sie auf der Erde sich begegnen, sie einander zufliegen, unaufhaltsam? Ist das die Liebe, von der wir glauben, daß ihr das Grab nichts anhaben kann? Ist das die Liebe, die uns rein erscheint?
Es gibt Menschen, die an gar keine reine Absicht glauben können. Vielleicht sind diese unter den verurteilten, armen Seelen, die auf der Erde umherirren und an das Gute nicht glauben, in welcher Form es auch erscheint. Es gibt geborene Verführer. Denn warum wären sie sonst mit sogenannter Unwiderstehlichkeit ausgerüstet? Eine Unwiderstehlichkeit, die aberauf die ganz reinen, kindlichen Seelen abstoßend wirkt, wie Schlangen. Was fühlen diese reinen Seelen? Wer sagt ihnen denn, daß hier Gefahr droht? Sie kehren sich ab, ungewarnt, ungewitzigt, nur aus einem feinen Instinkt, der ihnen sagt, daß hier etwas ist, das sie besudeln könnte, und mit einer gewissen Freude besudeln würde. Wer lehrt ihnen das? Sieht man nicht junge Kinder einen wahren Abscheu empfinden vor Leuten, die in der Gesellschaft für hinreißend liebenswürdig gelten? Und wenn ein solches Wesen seine erste Anziehungskraft ausübt, folgen dann nicht die unrein Beanlagten mit einem gewissen Schauder, und dem unbestimmten Gefühle, daß sie sich willkürlich in Gefahr begeben. Es gibt berufsmäßige Verführer, die an gar keine Unschuld glauben, weil sie eben nur solche beherrschen können, die durch irgend eine Ähnlichkeit im Gemüte zu ihnen hingezogen werden, und sie diejenigen nicht bemerken, die sich von ihnen fern halten. Es gibt ebensowohl Männer, die gewisse betörende Frauen fliehen, wie es Frauen gibt, die keinen Don Juan in ihre Nähe lassen, weil sie eben den Kultus der Reinheit haben, der in ihnen, wie eine Religion ist. Manche Gefahr entsteht dadurch, daß mitleidigeSeelen den andern helfen wollen, sie retten möchten, und dann selbst nicht stark genug sind, ihnen zu widerstehen, und nicht begreifen, daß sie den Verführern keinen größeren Dienst leisten können, als ihnen fern zu bleiben und ihnen vollkommen unnahbar zu erscheinen. Sobald sie sich mit ihnen einlassen, ziehen sie den kürzeren, weil sie zu unschuldig sind, um die Schliche der Gefährlichen, der Teuflischen zu erraten. Aber ihnen zeigen, daß sie garnichts mit ihnen zu schaffen haben wollen, ist eine viel größere Hilfe für die armen Verurteilten, als es die sogenannten Reinen wissen. Die allergrößte Gefahr ist, mit einem gewissen Stolz ihnen zeigen zu wollen, wieviel besser man ist als sie, wieviel reiner und erhabener über der Welt Versuchungen. Das ist der
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