Gefuehlschaos inklusive
heimtückische Falle, die mir das Schicksal bereitet.
Einige beschließen, in der nächsten halben Stunde mit dem Aufbau ihrer Teleskope zu beginnen. Meines befindet sich noch in Bernds Lieferwagen. Er hat all unsere Fernrohre in Verwahrung genommen und sich um den sicheren Transport gekümmert. Oliver und ich gehen vor die Tür und staunen über diese Sternenpracht, die der Himmel an diesem Abend freigibt. Es ist stockfinster und nichts stört den Blick ins Firmament. Keine Stadt, kein störendes Licht. Hier gibt es nur Berge, Wiesen und Natur. Das ist einfach herrlich! Auch ich möchte jetzt mein Teleskop aufbauen und mich auf diese Art mit dem Himmel verbinden.
„Warte“, sagt Oliver und hält mich am Ärmel fest. „Ich möchte noch einen Augenblick mit dir allein sein.“
Ja, schön, aber nicht jetzt! Mein Teleskop ruft!
Er legt seinen Arm um mich und will mich küssen. Doch ich entziehe mich ihm und flüchte zurück ins Haus.
„Warum läufst du denn weg?“, ruft er mir hinterher. Ja, warum mache ich das? Keine Ahnung.
Eingemummelt wie ein Eskimo schlürfe ich heißen Kaffee neben meinem aufgebauten Fernrohr bei kühlen Apriltemperaturen. Ich habe mir erspart, eine genaue Justierung des Teleskops nach Norden vorzunehmen. Sie hätte das Teleskop befähigt, mithilfe des kleinen Motors der Erdrotation exakt in derselben Geschwindigkeit zu folgen. Die Objekte, die ich beobachten möchte, laufen mir zwar ohne Feinjustierung immer wieder aus der Linse, da die Erde sich bewegt, mein Teleskop aber nicht, doch dafür bin ich mit dem Aufbau vor allen anderen fertig und habe mehr Zeit zum Beobachten. Und da ich für den ersten Abend keine Fotoaufnahmen mit dem Fernrohr plane, für die eine Feinjustierung nötig gewesen wäre, reicht mir der unvollständige Aufbau des Teleskops.
Oliver gesellt sich zu mir, nachdem er nach langem Herumknobeln sein Fernrohr perfekt ausgerichtet hat.
„Was siehst du dir gerade an?“, fragt er mich neugierig.
„Den Saturn“, antworte ich knapp und konzentriere mich weiterhin auf meinen Ringplaneten.
„Darf ich mal einen Blick durch dein Okular werfen?“
„Klar!“ Ich rücke etwas zur Seite, um Oliver Platz zu machen.
„Wo? Ich sehe nichts“, beschwert er sich.
„Oh, warte, ich hol ihn wieder ins Bild. Moment.“
Ein fachgerechter Handgriff und der Saturn ist wieder da.
„Warum schaltest du denn nicht deinen Motor ein? So läuft dir doch das Bild immer wieder heraus“, klärt er mich auf.
„Ja, ich weiß, aber ich habe das Fernrohr nur grob nach Norden ausgerichtet. Und ich bin inzwischen sehr geschickt darin, das Teleskop auch ohne Motor nachzuführen“, antworte ich und schenke mir dabei etwas Kaffee nach.
„Hör zu. Ich helfe dir jetzt, es zu justieren, wenn du das nicht kannst. Das ist gar nicht so schwer.“
Er richtet sich auf und fummelt an meinem Teleskop herum.
„Hee, lass das bitte! Habe ich etwa gesagt, dass ich das nicht kann? Du brauchst mir nicht zu helfen. Das ist okay so. Danke.“
„Na gut. Aber du kannst dir ruhig helfen lassen, wenn was unklar ist“, sagt er wohlwollend.
Du hilfst mir, indem du mich einfach in Ruhe lässt.
„Ja, danke“, bemerke ich kurz und knapp und widme mich wieder dem Saturn.
Ich weiß, Oliver meint es nur gut, trotzdem ärgert es mich, dass er sofort angenommen hat, dass ich mit meinem Teleskop nicht richtig umgehen kann. Kann es sein, dass er Frauen technischen Verstand abspricht?
Gegen zweiundzwanzig Uhr werden alle unruhig. Einige kleinere Meteore sorgen für heitere Stimmung. Sofort lasse ich von meinem Fernrohr ab und lenke meine Aufmerksamkeit ohne weitere Hilfsmittel zum Himmel. Blitzartig schießen zwei große Sternschnuppen kurz hintereinander vom Himmel. Selbstverständlich nutze ich die Gunst der Stunde und wünsche mir etwas gleich zweimal.
Dann richte ich meine Kamera in die Himmelsrichtung, in der das Maximum an herabfallenden Meteoren erwartet wird, drücke auf den Drahtauslöser und lasse die offene Linse den Film belichten. Ich warte ab, bis wieder zwei bis drei Meteore lange, leuchtende Linien in den dunklen Nachthimmel zeichnen, und beende danach die Belichtung. Auf diese Art mache ich noch diverse Aufnahmen und freue mich schon auf die spätere Ausbeute, denn die Sternschnuppen regnen nur so auf uns herab. Als ich kräftig durchgefroren bin, trage ich mein Teleskop ins Haus und wünsche mir nur noch eins: tief und fest zu schlafen. Zufrieden falle ich bald in mein Bett und
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