Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefühlte Nähe: Roman in 23 Paarungen (German Edition)

Gefühlte Nähe: Roman in 23 Paarungen (German Edition)

Titel: Gefühlte Nähe: Roman in 23 Paarungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Martenstein
Vom Netzwerk:
Bärchen«, sagte N., und streichelte unter der Tischdecke seine Schenkel. »Mein Bärchen.«
    Am folgenden Morgen wachte Klaus von Schlieffen in dem Bewusstsein auf, dass er und N. sich nicht, wie bei ihren anderen Verabredungen in den vergangenen Monaten, am Abend ein zweites Mal geliebt hatten, oder sogar ein drittes Mal. Das hatte er fest vorgehabt, aber wegen der vielen Fahrerei war er einfach zu müde gewesen. Die verdammte Bedienung in den Sieben Raben war daran schuld. Schlieffen tastete im Bett nach dem Körper von N., er fand nichts. Erschrocken richtete er sich auf. Dann erst fielen ihm die Sondermaße des Schauspielerbettes wieder ein, und er ließ sich beruhigt zurückfallen. N. war da, N. schlief einen Meter fünfzig von ihm entfernt, sie schnarchte auf eine reizende, feminine Weise, die kaum zu hören war.
    Er drehte sich auf die andere Seite, um noch ein wenig zu schlummern und Kräfte zu tanken. Doch N. war ebenfalls wach geworden und rollte sich, leise grunzend, in seine Richtung. Karl von Schlieffen verstand die Botschaft, umso besser, im Grunde hatte er ja auch schon genug Kräfte gesammelt. Als er, etwa zehn Minuten später, vorsichtig sein Knie aus der Kniebeuge von N. wieder herauswand, beschloss er, aus dem Fenster zu schauen, um sich über das Wetter zu informieren. Er blickte in die Augen von Schmerling, der am Fenster stand, das Hemd weit aufgeknöpft, in der halb erhobenen Hand eine Heckenschere. Schmerling nickte ihm zu. Er lächelte.
    Klaus von Schlieffen sprang aus dem Bett. N. schrie erschrocken, er sagte »Moment!«, streifte seinen Morgenmantel über, schlüpfte in seine Sandaletten, rannte zur Haustür, öffnete sie, rannte hinaus, rannte zuerst in die falsche Richtung, machte kehrt, stand schließlich vor dem Schlafzimmerfenster. Schmerling war verschwunden.
    Als Schlieffen N. die Geschichte atemlos erzählte, wobei er auch die Heckenschere erwähnte, lachte N., er habe sich da bestimmt nur etwas eingebildet. Er sei ja geradezu besessen von diesem Gärtner, den werde sie sich jetzt noch genauer anschauen, diesen angsteinflößenden Hengst.
    »Wenn ich besessen bin, dann von dir«, sagte Schlieffen und lächelte spitzbübisch, er beugte sich herab zu N., küsste sie, so zärtlich er konnte, und fuhr mit seiner linken Hand unter ihr Nachthemd.
    In Wirklichkeit ärgerte sich Schlieffen maßlos. Der Versuch, N. seinen Ärger nicht spüren zu lassen, bereitete ihm körperliche Schmerzen. Zum ersten Mal seit fast drei Jahren, seit der Thalassotherapie, spürte Klaus von Schlieffen seine Bandscheiben.
    Während des Frühstücks fasste Schlieffen den Entschluss, das Gärtnerhaus aufzusuchen. Das heißt, ein eigentliches Gärtnerhaus im historischen Sinn gab es nicht mehr, der Gärtner wohnte im Dorf, einige hundert Meter entfernt. Zu N. sagte Schlieffen, dass er beabsichtige, eine Angel zu kaufen. Im Dorf gab es einen Anglershop. Seine Vermutung, dass N. ihn dabei nicht unbedingt werde begleiten wollen, erwies sich als richtig.
    Das sonnige Wetter der vergangenen Tage wich allmählich. Es war kühler geworden und windiger. Die Vögel flogen tief. Während er dem Dorf zustrebte, sah Klaus von Schlieffen eine Wolkenwand, die wie Nebel über dem Waldsaum am Horizont aufstieg.
    Als Schmerling die Tür öffnete, wortlos, spürte von Schlieffen einen dumpfen, schweren Hauch, aus dem seine empfindliche Nase die Gerüche von Hautschuppen, Hühnern, ungelüfteter Bettwäsche und Insektenvertilgungsmittel herausfilterte. Schlieffen grüßte, entschuldigte sich für die Störung und sagte, dass er es sehr schätzen würde, wenn der Gärtner die notwendigen Arbeiten in den Zeiten seiner Abwesenheit erledigte, er sei, wenn er sein Wochenendhaus besuche, gerne ungestört. Dies sei ja auch der Sinn eines solchen Hauses. Im Übrigen, fügte er höflichkeitshalber hinzu, sei er mit der Arbeit des Gärtners durchaus zufrieden.
    Schmerling starrte ihn an. Schlieffen bemerkte, dass der Gärtner über verschiedene Variationen des Anstarrens verfügte, die lüsterne kannte er bereits. Dies hier schien die passiv-aggressive zu sein.
    »Ist was?«, fragte Schmerling. Schon wieder diese Formulierung.
    »Wieso, wie, was soll sein?«, antwortete Klaus von Schlieffen. Er hatte doch alles gesagt, was zu sagen war.
    »Ich hab das Holz im Schuppen aufschichten müssen. Sie können den Schuppen nicht benutzen, wenn überall Holz rumliegt.«
    »Also, mein lieber Herr Schmerling, genau das meine ich, so etwas geht doch

Weitere Kostenlose Bücher