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Gefürchtet

Titel: Gefürchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Brian klatschte eine Zwanzigdollarnote auf die Theke und zischte Shaun etwas ins Ohr.
    Der fuhr herum und starrte Brian entsetzt an. Dann riss er sich los und stürmte zur Tür hinaus.
    Die Barkeeperin warf PJ ein Handtuch zu, mit dem er sich den Hals abtrocknete. Ich atmete auf.
    Brian legte PJ die Hand auf die Schulter. »Komm mit an unseren Tisch.«
    PJ warf das Handtuch auf die Theke. »Nein, ich gehe.«
    Brian verstärkte seinen Griff. »Du gehst nirgendwohin. Noch nicht. Der Kerl wartet mit Sicherheit draußen auf dich.«
    Widerwillig gehorchte ihm PJ. Dabei warf er ei nen raschen Blick auf Sinsa. Karen stand an ihrem Tisch, hatte die Hände in die Hüften gestemmt und hielt ihr offenbar eine Strafpredigt. Sinsa sprang auf und fing an, ihr herauszugeben. Kampf der Zwergpinscher. Einen Augenblick später nahm Karen Sinsa am Ellbogen und führte sie aus der Bar. Rickys Song war zu Ende, und das Publikum applaudierte.
    »Was hast du zu Shaun gesagt?«, flüsterte ich Brian ins Ohr.
    »Dass ich für seine Getränke bezahle, wenn er sofort verschwindet.«

    »Und?«
    »Dass ich ihm das Geld mit einem Billardstock in den Hintern schiebe, wenn er es nicht tut.«
    Ricky spähte an der Bühnenbeleuchtung vorbei in den Zuschauerraum. Vermutlich fragte er sich, was mit seiner Familie passiert war. Er tat cool, aber als er seine Evianflasche abstellen wollte, verfehlte er den Hocker und verschüttete das Wasser. Das war vermutlich genau die Wirkung, auf die Sinsa gehofft hatte. Jesse saß mit undurchdringlicher Miene am Tisch. PJ wirkte wie ein geprügelter Hund.
    Trotzdem hob er herausfordernd das Kinn. »Gut, dann sag es schon. Bringen wir’s hinter uns.«
    Jesse sah ihn nur durchdringend an. Sonst nichts. »Nein, das habe ich nicht vor.«
    Marc und Brian setzten sich, aber PJ verharrte mit gesenktem Blick am Tisch.
    »Ich weiß, wer den Alfa Romeo fährt«, sagte er.
    »Und wer?«, erkundigte ich mich.
    »Angeblich braucht Shaun den Wagen für sein Image. Und ich bin mal wieder der Dumme.«
    »Was?«, fragten Jesse und ich im Chor.
    »Tut mir leid, dass ich deinen Erwartungen nicht gerecht werde. Wie immer«, fuhr PJ fort.
    Jesse packte seine Krücken, balancierte sich aus und stemmte sich hoch. Ich spürte, wie Brian und Marc unruhig wurden. Sie waren nicht daran gewöhnt, ihn zu voller Höhe aufgerichtet zu sehen. Leute, die Jesse nur im Sitzen kannten, fühlten sich dadurch leicht irritiert.
    Jesse war blass geworden. »Und für diese Leute bringst du Evan in Schwierigkeiten? Was bist du nur für ein Mensch!«
    PJ funkelte ihn an. »Weißt du was, Jesse? Ich bin vielleicht
ein Scheißkerl, aber zumindest spiele ich nicht den Heiligen und lasse meinen Frust an meiner Umwelt aus.«
    Ich zuckte zusammen. Das war unter der Gürtellinie.
    »Und jetzt etwas, um die Stimmung zu heben«, sagte Ricky auf der Bühne. Er wechselte über die Schulter ein paar Worte mit Tiger.
    Jesse stützte sich auf die Arme und richtete den Blick auf die Bühne.
    Dort zuckte ein Blitz. Funken sprühten durch die Luft. Der Verstärker explodierte, und Tiger wurde in ei ner Rauchwolke ins Publikum geschleudert. Es gab eine Rückkopplung, die den Gitarrenlautsprecher aufheulen ließ.
     
    Marc fuhr mich und Brian nach Hause. Unterwegs hörten wir Radio und versuchten, das Chaos im Klub zu verarbeiten. Als wir gegangen waren, waren längst Krankenwagen und Feuerwehr vor Ort. Im Gegensatz zu Jesse, der verschwunden war, ohne sich zu verabschieden.
    Während Brian Luke bei Carl und Nikki abholte, brachte Marc mich zur Tür. Aus den Fenstern der Vincents drang bernsteinfarbenes Licht. Über uns wölbten sich die immergrünen Eichen, und der Efeu am Zaun schimmerte im Mondlicht.
    Ich suchte nach einer unverfänglichen Bemerkung. »Luke wird schlafen wie ein Murmeltier, wenn Brian ihn zum Auto trägt.«
    Marcs Atem bildete in der kühlen Abendluft Wölkchen. »Du kannst toll mit Luke umgehen.«
    »Er ist ja auch ein tolles Kind.«
    »Brian freut sich immer, wenn du Zeit mit ihm verbringst. Es ist schwer, ohne Mutter aufzuwachsen.«

    Doch nicht so unverfänglich, wie ich gedacht hatte. »Du vermisst deine Mädchen, stimmt’s?«
    »Ich komme mir vor, als hätte man mir das Herz amputiert.«
    Seine volle Stimme erstarb. Mehr würde er nicht sagen. Aber die grundlegenden Tatsachen kannte ich ohnehin. Seine Frau war ei nes Tages nach Hause gekommen und hatte ihm mitgeteilt, dass die Ehe für sie beendet war. Dann hatte sie die Mädchen genommen und war

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