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Gefürchtet

Titel: Gefürchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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kreischten die Möwen.
    Murphy packte mich am Oberarm. »Du gehst einfach mit uns und hältst den Mund.«
    »Und wenn mich jemand fragt, wann die Braut den Strauß wirft?«
    »Klappe!«
    Sie führten mich zur Marina. Die Sonne malte goldene Tupfer auf den saphirblauen Ozean. Segelboote schaukelten träge an ihren Liegeplätzen, Wanten schlugen gegen die Masten. Merlins Blick wanderte immer wieder nervös zum Himmel, als könnte ihn eine Möwe mit einem Nagetier verwechseln und davontragen.
    Mein Plan war, sofort zum Thema Geld vorzustoßen. Der Boss und Manager der beiden, dieser Tibbetts Price, war übers Ohr gehauen worden, daher musste ich klarstellen, dass ich das Geld nie zu Gesicht gekriegt hatte. Ich hatte es nicht, wusste nichts darüber und hatte keine Ahnung, wie ich drankommen sollte.
    Sollte er sich doch an Sinsemilla Jimson wenden.
    Wir passierten ein Tor und gingen über den Pier an einer langen Reihe v on Segelbooten v orbei. Radios und F ernseher waren zu hören, und gelegentlich arbeitete jemand an Deck. Ganz am Ende des Piers lag eine elegante weiße Jacht.
    Obwohl ich aus ei ner Marinefamilie stamme, hatte ich
keine Ahnung, was für eine Bootsklasse ich vor mir hatte. Teuer war das Ding auf jeden Fall. Merlin sprang an Bord, Murphy und ich folgten. Da ich seit Jahren nicht mehr auf einem Schiff gewesen war, geriet ich auf meinen hohen Absätzen gefährlich ins Schwanken. Merlin stieg ein paar Stufen hinunter und öffnete die Kajütentür.
    »Boss, wir sind’s.«
    Murphy klebte direkt hinter mir und hielt mit seiner feuchten Hand mei nen Arm umklammert. Die andere Hand wanderte zu meinem Rücken und zerrte an meinem Reißverschluss.
    Ich versuchte, ihm auszuweichen. »Finger weg!«
    Er riss mich zurück. »Zier dich nicht so!« Er griff an seinen eigenen Reißverschluss. »Ich zeig dir, wie’s geht.«
    »Wir haben sie«, rief Merlin in die Kabine.
    »Du gehst sofort wieder zurück, Merle«, fauchte eine Stimme von unter Deck.
    »Aber …«
    »Ohne Erlaubnis darfst du nicht an Bord. Wie oft muss ich dir das noch sagen?«
    Merlin stolperte rückwärts, wobei er seine schmale Brille weiter nach oben auf seine Nase schob.
    »Dürfen wir an Bord kommen, Skipper?«, rief Murphy.
    Ein Pfiff aus der Kajüte antwortete ihm. Er zog sei nen Reißverschluss hoch und stieß mich vor sich her die Stufen hinunter. Als ich mit eingezogenem Kopf die Kajüte betrat, fühlte ich mich wie Jona im Bauch des Wals.
    Die Kajüte war Luxus pur. Mit Teakholztäfelung, Messingbeschlägen und Wandleuchtern hätte sie aus Der Große Gatsby stammen können - bis auf die leeren Pizzakartons, die Tortillachip- und Popcorntüten, die halbleeren Kuvertürebecher
auf dem Sofatisch, den Fernseher, aus dem MTV dröhnte, und die Überreste der Joints im Aschenbecher.
    »Du wartest an Deck, Murphy.«
    Der verschwand über die Treppe, während ich versuchte, mich an das Schaukeln des Schiffes zu gewöhnen. Der Boss kippelte mit einem Regisseurstuhl aus grünem Segeltuch und las das Wall Street Journal. Er trug eine Lesebrille mit Horngestell, und zu seinen Füßen lag eine.44.
    »Setz dich«, befahl er, wobei er auf eine in die Wand integrierte Bank deutete.
    Ich huschte durch die Kajüte und nahm Platz, wobei ich meinen grünen Rock sorgfältig glatt strich. Meine Hände waren eiskalt und zitterten.
    »Hat Murphy sich anständig aufgeführt?«, fragte er.
    »Er entblößt sich gern in der Öffentlichkeit.«
    »Der Junge ist eben Musiker. Flinke Finger.«
    »Allerdings. Hallo, Toby.«
    Er ließ den Stuhl auf alle vier Bei ne niedersausen. »Eigentlich Mr. Price. Aber ich will dir das durchgehen lassen, weil ich mich an dem Abend selbst als Toby vorgestellt habe.«
    Im Tageslicht waren die grauen Strähnen in seinem Haar unübersehbar, und sei ne sonnengebräunte Haut wirkte wie gegerbtes Leder. Das T-Shirt schlotterte um seine sehnige Gestalt.
    »Und wie soll ich dich nennen?« Er faltete die Zeitung ordentlich zusammen und legte sie beiseite. »Kathleen Delaney? Rowan Larkin?«
    »Evan.«
    Ich konnte meine eigene Stimme kaum hören, und denken konnte ich erst recht nicht. Meine Hände klemmte ich zwischen die Knie, damit er nicht bemerkte, wie sie zitterten.

    Dieser Kerl hatte mich mit einem Telefonanruf auf die Party gelockt, bei der Brittany Gaines ermordet worden war. Seitdem verfolgten mich seine Handlanger. Der Schluss lag nahe, dass sie Brittany auf dem Gewissen hatten.
    Er setzte seine Brille ab. »Du hast mir ganz schön den

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