Gefürchtet
Band. Dann deutete er mit den Schlagzeugstöcken auf Merlin. »Komm mit.«
Merlins Nerven fingen an zu kribbeln.
Die Jungs stellten keine Fragen, sondern begannen sofort mit dem Bee-Gees-Stück. Er und Murph sprangen vom Podium und eilten aus dem Saal. Murph zog ihn zum Eingang.
»Hast du sie gesehen?«, fragte Merlin. »Die hätte mitten am Tag gar nicht hier sein dürfen. Sie soll doch das Geld besorgen. Was treibt die für Spielchen?«
Murph steckte sich die Schlag zeugstöcke in seine hintere Hosentasche. Er schien angestrengt nachzudenken. Nun hatten sie den Eingang erreicht und spähten nach draußen.
»Keine Ahnung«, erwiderte Murph, »aber das finden wir raus.«
Dann entdeckten sie den Schwar zen, der in der Sonne stand und ziemlich angesäuert beim Parkservice auf sein Auto wartete. Der A ngestellte t elefonierte g erade n ach d em Wagen.
»Ja«, wiederholte Murph, »wir finden das raus, und zwar jetzt gleich. Komm mit.«
Jesse blickte im Rückspiegel der CD hinterher, die hinter uns über den Asphalt kullerte. »Was soll denn das?«
»Von dem Album wirst du wütend und depressiv. Außerdem bekomme ich von der Musik Kopfschmerzen.«
»Und daran soll die E Street Band schuld sein?«
Wir hatten das Ende des Tals fast erreicht. Vor uns lagen die belebten Straßen der Stadt, und er fuhr den Mustang immer noch voll aus.
»Du bist in Gefahr, und mein Bruder ist daran schuld. Wie konntest du annehmen, ich würde dich deinem Schicksal überlassen?« Er starrte durch die Windschutzscheibe. »Willst du mich in deinem Team?«
»Sag das nicht. Wir beide sind das Team.«
»Ich bin nicht blind, Evan.«
»Ich weiß«, sagte ich beschämt.
»Und ich habe nicht vor, die zweite Geige zu spielen. Nicht bei dir.«
»Du verstehst das falsch.«
Er schaute mich an. »Delaney, du bist mit einem anderen Mann zur Hochzeit gekommen.«
Dann tauchte vor uns die Linkskurve mit den orangefarbenen Absperrkegeln auf, die Marc und ich auf dem Hinweg passiert hatten. Die Baustelle war verlassen. Noch während sich der Winkel des Sonnenlichts veränderte, das durch das Blätterdach der immergrünen Eichen fiel, spürte ich, wie der Wagen in die Kurve ging. Zu spät.
»Jesse«, keuchte ich.
Er bremste. Die Rei fen verloren die Fahrbahnhaftung und drehten durch. Obwohl er am Lenkrad kurbelte, schleuderte das Heck nach rechts und brach aus. Wir rutschten seitlich in die Linie der Kegel, die wie Leuchtgeschosse um uns herumflogen. Vor der Windschutzscheibe tauchten Bäume und der Golfplatz auf, und wir schauten plötzlich in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Jesse hielt das Lenkrad fest umklammert, aber das Fahrzeug war völlig außer Kontrolle.
22. Kapitel
Mit quietschenden Reifen schlingerten wir vom Asphalt auf das Bankett. Dreck spritzte über den Wagen und durch mein Fenster. Die Luft färbte sich braun, Staub brannte mir in den Augen. Ich spürte, wie Jesse versuchte, das Fahr zeug wieder in seine Gewalt zu bringen, aber wir waren der Beschleunigung hilflos ausgeliefert. Durch den aufgewirbelten Staub rauschten die Bäume auf uns zu.
Lieber Gott, bitte nicht. Unaufhaltsam schlitterten wir rückwärts über den unbefestigten Erdboden. Ich wartete auf den Aufprall.
Und dann kamen wir plötzlich auf dem Bankett zum Stehen. Verdreckt, benommen, aber völlig unverletzt. Der Motor stotterte, wartete jedoch offenbar nur darauf, zu neuem Leben zu erwachen.
Der Staub, der uns einhüllte wie ein brau ner Schleier, legte sich auf Dach und Motorhaube und gab die Sicht frei. Vor uns fiel Licht durch die Bäume auf orangefarbene Absperrkegel und Reifenspuren. Jesses Hände am Lenkrad hatten sich an den Knöcheln weiß verfärbt. Er atmete schwer.
»Geht’s dir gut?«, fragte er.
Ich lauschte auf das Motorengeräusch und das Rieseln des Staubs.
»Evan.« Er packte meinen Arm. »Geht’s dir gut?«
Das fragte er mich? Besser als ihm auf jeden Fall.
Ich öffnete die Tür und versuchte auszusteigen, was mir allerdings erst beim zweiten Versuch gelang, weil ich vergessen hatte, den Sicherheitsgurt zu lösen.
Wacklig wie ein neugeborenes Fohlen schwankte ich am Straßenrand. Das Atmen war eine einzige Qual.
Jesse lehnte sich mit benommenem Gesicht auf die Bei fahrerseite. Nein, ihm ging es ganz und gar nicht gut. Er stand kurz vor dem Abgrund. Und ich sah nur einen Weg, ihn zurückzuholen.
»Fahr nach Hause«, sagte ich.
»Hast du dir den Kopf angestoßen? Bist du verletzt?«
Ich torkelte vom Auto weg in
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