Gefürchtet
die Waffe auf die Brüder. Ich war gerettet. Trotz meiner Angst durchströmte mich unendliche Erleichterung.
Merlin winkte mit den Armen. »Murph, lass uns abhauen.«
Murphy starrte auf mich herab. »Dreckstück.«
Dann versetzte er mir einen mächtigen Kinnhaken. Lichtblitze zuckten in meinem Kopf. Er schlug erneut zu, und ich landete im Dreck. Ein wahrer Hagel von Schlägen prasselte auf mich ein. Ich versuchte, die Hand zu heben, aber er verdrehte mir den Arm und trat mich in Rippen und Bauch. Es knackste laut und tat furchtbar weh. Auf einmal hatte ich überhaupt keine Kraft mehr im Arm.
Ein Schuss knallte, dann noch einer und noch einer. Murphy ließ mich fallen.
Ich stürzte auf die Seite, mein Kopf klatschte in die Pfütze. Schritte entfernten sich, Autotüren wurden zugeschlagen. Der Motor des Pick-ups heulte auf, Splitt und Staub spritzten mir ins Gesicht.
Ich lag mit dem Gesicht halb im Wasser auf dem Boden und rührte mich nicht von der Stelle. Jeder Atemzug war eine Qual. Es war, als hätte man mir eine glühende Eisenstange durch Arm und Schulter gejagt.
Verschwommen nahm ich wahr, wie das Flitterwochenauto bremste. Fußgetrappel. Eine Hand berührte meine Hüfte.
»Nicht bewegen«, hörte ich eine tröstliche Stimme sagen. »Kannst du mich hören?«
Rote und gelbe Lichter tanzten vor meinen Augen. Ich versuchte etwas zu sagen. Die Welt schmeckte nach Schlamm.
»Kannst du Arme und Beine spüren?«, fragte er.
Konnte ich, aber als ich meinen Arm bewegen wollte, hing er nutzlos herab.
»Halt durch.«
Er nahm mich auf die Arme und hob mich hoch. Ich ließ den Kopf an seine Schulter sinken. Er trug mich zum Wagen
und setzte mich vorsichtig hinein. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen und war auch sonst halb blind, aber ich spürte, wie seine Hand meine Wange berührte.
»Diese verdammten Dreckskerle«, sagte er.
Da fing ich an zu weinen.
23. Kapitel
»Atmen Sie tief durch«, sagte der Arzt in der Notaufnahme des Krankenhauses. Aber atmen tat höllisch weh. Ich blieb ganz still auf dem Untersuchungstisch sitzen. Die Krankenschwester stemmte sich gegen mich, während der Arzt mit meinem ausgerenkten Arm hantierte. Jede Berührung war eine Qual.
Dann gab es einen schnellen Ruck. Es knackste laut und vernehmlich, und ein stechender Schmerz schoss durch meinen ganzen Körper. Der Arzt ließ meinen Arm sinken und betastete Schulter und Ellbogen.
»Sehr gut. Beide Gelenke sind wieder eingerenkt.«
Die Schwester half mir beim Hinlegen. Ich rollte mich zusammen. Obwohl sie mich zudeckte, konnte ich nicht aufhören zu zittern. Die Lichter im Behandlungszimmer waren kalt. Zu mei ner Überraschung ließ der Schmerz in der Schulter tatsächlich nach, aber ich hatte immer noch das Gefühl, den Arm nicht gebrauchen zu können. Wozu war ich überhaupt zu gebrauchen?
»Die Polizei ist hier und möchte mit Ihnen reden«, sagte die Schwester leise.
»In Ordnung.«
Sie legte ihre Hand auf die meine. »Als wir Ihnen das Kleid ausgezogen haben, haben wir den zerrissenen Slip gesehen. Wurden Sie von Ihren Angreifern …«
»Nein.«
Das Kleid war völlig verdreckt. Bei sei nem Anblick fühlte ich mich wie besudelt. Die kühle Hand der Schwester ruhte mit beharrlichem Druck auf meiner.
»Wirklich nicht«, sagte ich.
Zwei Beamte der Polizei von Santa Barbara befragten mich. Sie waren höflich, aber der Anblick der blauen Uniformen in dem kleinen Raum erdrückte mich. Ich blieb mit angezogenen Knien auf der Seite liegen. Wenn ich die Zähne zusammenbiss, konnte ich immerhin reden.
Als sie schon gehen wollten, erkundigte ich mich, ob Marc Schwierigkeiten bekommen würde. »Commander Dupree. Wegen des Hochzeitsautos.«
»Wie bitte?«
Die Mings hatten Marc vor dem Country Club von hinten attackiert, ihm ein Telefonkabel um den Hals geschlungen und ihn an das Podest für den Parkservice gefesselt. Dann hatten sie sich seinen Pick-up geschnappt und waren mir nachgefahren. Nachdem es Marc gelungen war, sich zu befreien, hatte er den Jungen vom Parkservice gezwungen, ihm die Schlüssel des Hochzeitsautos auszuhändigen. Mit vorgehaltener Waffe.
»Tut mir leid, aber davon ist uns nichts bekannt.«
Die nächste Stunde verging wie im Nebel. Der Arzt brachte ein Röntgengerät herein. Da ich mehrere Rippenbrüche und zahlreiche innere Prellungen erlitten hatte, sollte ich zur Beobachtung über Nacht im Krankenhaus bleiben. Ich bekam einen Tapeverband zur Stabilisierung der Rippen, die Schulter wurde ruhig
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