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Gefürchtet

Titel: Gefürchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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abzulenken. Seine Arbeit, die Tätigkeit als Trainer, das Schwimmen - diese Dinge gaben ihm Halt. Und im Augenblick war ich froh darüber.
    Sonst hatte ich ja nicht viel Grund zur Freude. Als die Krankenschwester eintrat, sah ich durch die offene Tür den Uniformierten draußen. Die Schwester lächelte. Wir plauderten ein wenig, sie tätschelte Jesse die Schulter und fragte, ob ich Frühstück haben wollte. Erstaunlicherweise wollte ich das. Nachdem sie geschäftig entschwunden war, telefonierte Jesse mit Nikki.
    »Sie ist bald da«, sagte er.
    Ich starrte nervös zur Tür.
    Er betrachtete mich. »Falls mein Auto … Nikki kann dich nach Hause fahren. Du musst nicht bei mir einsteigen.«
    »Darum geht’s nicht«, sagte ich. »Stellt die Polizei eine Wache vor mein Haus?«
    »Für ein paar Tage.«
    »Aber nicht länger.«
    »Nein.«
    Ich zerknüllte die Decke in mei ner Hand. Am liebsten hätte ich die Tür abgeschlossen und ei nen Stuhl unter die Klinke geschoben. Jesse stützte die Arme auf die Knie und wirkte nun voll konzentriert.
    »Brian und ich arbeiten daran«, erklärte er.
    Fast hätte ich eine Bemerkung darüber gemacht, dass sich ihre Zusammenarbeit bisher noch nie bewährt hatte, aber er wirkte so wild entschlossen, dass ich es mir verkniff. So
musste er auch Brian angesehen haben. Brian hatte das respektiert und wortlos seinen Platz am Krankenbett geräumt.
    »Er kümmert sich um die Erprobung«, verkündete Jesse.
    Erprobung? Bei den Marinefliegern stand dieser Begriff für Luftkampfmanöver und die Evaluierung der Gefährlichkeit bestimmter Waffen.
    »Was erprobt er denn?«, fragte ich.
    »Den Rückstoß. Ich brauche eine Waffe, die mich nicht umwirft, wenn ich sie abfeuere.«
    Er kaufte sich also eine Waffe. Obwohl ich mich jeden Kommentars enthielt, fühlte er sich offenbar gezwungen, mich zu beruhigen.
    »Evan, diese Kerle kriegen dich nicht. Nicht solange ich lebe.«
    Genau das machte mir Sorgen.

26. Kapitel
    Am Montagmorgen klingelte mein Wecker um sieben. Jesse schaltete ihn aus und blieb ein paar Sekunden lang liegen, um sich die Augen zu reiben. Die Sonne schien durch die Jalousien in mein Schlafzimmer. Er merkte, dass ich ihn beobachtete, wälzte sich zu mir herüber und stützte sich auf einen Ellbogen, um meine gesunde Schulter zu streicheln, eine der wenigen Stellen an meinem Körper, die nicht schmerzten.
    Eine andere Berührung hätte ich nicht ertragen. Jede Faser in mei nem Körper war in Aufruhr. Schulter und Ellbogen schmerzten zwar nicht mehr ganz so, waren aber völlig kraftlos.
    Seit ich aus dem Krankenhaus gekommen war, war Jesse nicht von mei ner Seite gewichen. Geredet hatten wir immer noch nicht. Nicht über den Beinaheunfall, nicht über den Angriff, nicht über uns. Über gar nichts. Ich strich mit dem Handrücken über sein Gesicht. Er schien noch halb zu schlafen.
    »Ich koch uns Kaffee«, sagte er.
    Vorsichtig, um mich nicht an zurempeln, stieg er aus dem Bett. Bevor er in Richtung Küche verschwand, trat er auf meine Seite und zog mir die Decke über die Schultern.
    »Danke«, sagte ich.
    Kurz darauf hörte ich, wie er Kaffeemaschine und Fernseher
einschaltete. Dann kam er wieder herein und legte mir die Morgenzeitung in Reichweite aufs Bett. Bald lief im Bad das heiße Wasser, und ich beobachtete durch die offene Tür, wie er sich rasierte, um in die Kanzlei zu fahren. Ich zog die Knie an und kuschelte mich tiefer unter meine Decke.
    Nikki musste heute auch arbeiten.
    Brian und Luke würden bald kommen, aber da Brian wieder zum Dienst musste, würden die beiden noch am Vormittag abreisen.
    Vor meinem Haus stand ein Streifenwagen mit einem uniformierten Polizeibeamten, der noch weitere vierundzwanzig Stunden auf dem Posten bleiben würde. Draußen schien die Sonne. Wenn ich die Fenster öffnete, konnte ich die Vögel in den Bäumen zwitschern hören. Aber ich wollte die Fenster nicht öffnen.
    Jesse hatte sich eine Handfeuerwaffe gekauft, eine Glock 9 mm, die ihm aber erst ausgehändigt werden würde, wenn er hinreichend überprüft worden war. Im Stillen verfluchte ich die Gesetze - und die Juristen, die sich an diese Gesetze hielten.
    Marc durfte die Stadt nicht verlassen, solange die polizeilichen Ermittlungen bezüglich des Todes von Merlin Ming nicht abgeschlossen waren. Seine Waffe lag außer Reichweite in der Asservatenkammer des Polizeihauptquartiers.
    Dabei brauchte ich so dringend Schutz.
    Mit angehaltenem Atem wälzte ich mich aus dem Bett und tappte ins Bad,

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