Gefürchtet
ich unwillkürlich zurück.
»Tut’s weh?«, fragte er besorgt.
»Nicht so schlimm.« Ich rieb mir die Arme. »Ich brauche ein Bad.«
»Soll ich dir helfen?«
»Nicht nötig.« Ich hatte es eilig, den Dreck loszuwerden.
Leider waren die Schmer zen so stark, dass ich mich nicht einmal bücken konnte, um den Wasserhahn an der Badewanne aufzudrehen. Eine Dusche kam nicht infrage, weil der Tapeverband um meine Rippen nicht nass werden durfte. Also ging ich neben der Wanne in die Hocke, hätte dabei aber fast das Gleichgewicht verloren.
Jesse schlängelte sich ins Bad. »Lass mich das machen.«
Ich setzte mich auf den Rand der Wanne. Das Bad war kaum groß genug für uns beide, und er musste um das Waschbecken herumgreifen, um die Armaturen zu erreichen. Nachdem er die Wassertemperatur geprüft hatte, sah er zu, wie sich die Wanne füllte. Ich kauerte mich in die Ecke.
»Soll ich dir helfen, das T-Shirt auszuziehen?«
Ich schüttelte den Kopf.
Er musterte mich belustigt. »Ich weiß, dass du eine züchtige Katholikin bist, aber ich hab dich schon öfter nackt gesehen.«
Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und rutschte in seine Richtung. Natürlich hatte er recht, ich brauchte tatsächlich Hilfe. Es gelang mir, ei nen Ärmel abzustreifen, aber ich konnte den verletzten Arm nicht hoch genug heben, um aus dem anderen Ärmel zu schlüpfen. Dabei war es ein T-Shirt von Jesse, das mir um die Brust herum viel zu weit war.
Vorsichtig zog er mir den Halsausschnitt über den Kopf und schob das Hemd über mein Handgelenk. Bei jeder Berührung spielten meine Nerven verrückt, und ich wich unwillkürlich zurück.
Er knüllte das T-Shirt auf dem Schoß zusammen. »Wenn du solche Schmerzen hast, gehst du besser zum Orthopäden.«
»Es sind nicht die Schmerzen.«
Er stellte das Wasser ab.
»Ich fühle mich einfach ekelhaft«, sagte ich.
»Warum?«, fragte er leise.
Das Wasser tropfte, wie es von meinem Gesicht in die schlammige Pfütze getropft war, während Merlin mich am Haar gepackt hielt und Murphy auf mir lag. Ich riss Jesse das T-Shirt vom Schoss und wickelte mich halb darin ein, um meine Blöße zu bedecken. Nein, ich ertrug es nicht, nackt zu sein und nass zu werden.
Verwirrt betrachtete er mich. »Was ist denn los?«
»Murphy.«
Ich hatte weder ihm noch sonst jemandem von dem Vorfall erzählt, aber er hatte gemerkt, dass etwas nicht stimmte, und wurde unheimlich still.
»Evan.«
Das Wasser tropfte immer noch. »Dreh es ab. Bitte. Ich halte das nicht aus.«
»Was hat er mit dir gemacht?«
Ich wandte den Blick ab.
Er drehte den Wasserhahn fest zu. »Hat er dich angefasst?«
Er legte mir die Hand auf die Wange und drehte meinen Kopf zu sich. Ich starrte auf seine Brust.
»Ja«, sagte ich.
Seine Hand blieb liegen. Und dann er zählte ich es ihm, während ich unverwandt auf sein Hemd starrte. Von der riesigen Pratze, den Schlagzeugstöcken, dem zerrissenen Slip. Von Murphy.
Ich wartete darauf, dass er irgendwas zerschlug oder angewidert aus dem Bad rollte. Schließlich sah ich in sein Gesicht. Es war schmerzverzerrt, als hätte er einen körperlichen
Schlag bekommen. Und wütend, aber das war eine Empfindung, die er gleich wieder verdrängte. Sein Blick war voller Mitgefühl.
»Sag mir, was du brauchst. Was kann ich für dich tun?«, fragte er.
Endlich fühlte ich mich ei nen Augenblick lang sicher. Zumindest bei ihm war ich geborgen, trotz der Gefahren, die draußen auf mich lauerten. Ich lehnte mich gegen ihn und legte meinen Kopf in seinen Schoss. Seine Hand ruhte auf meinem Rücken, und alles fiel von mir ab.
Wie lange ich so liegen blieb, weiß ich nicht.
»Du kommst zu spät zur Arbeit«, meinte ich schließlich.
»Das macht nichts. Willst du wieder ins Bett?«
»Ich will endlich baden.«
Er ließ heißes Wasser nachlaufen und half mir, in die Wanne zu steigen.
»Wenn ich irgendwo nicht hinfassen soll, schreist du«, sagte er.
Er tauchte einen Waschlappen ein und fuhr damit über meinen Rücken. Dann verteilte er Seife über Arme und Beine, wobei er darauf achtete, dass der Verband nicht nass wurde. Ich drückte den verletzten Arm an die Seite. Als er fertig war, nahm er meine Hand und half mir aus der Wanne. Ich fühlte mich schon besser.
Er wickelte mich in ein Handtuch und fragte, ob er mir beim Anziehen helfen sollte, aber das wollte ich alleine schaffen. Ich trocknete mich ab und quälte mich in ei nen Trainingsanzug. Als ich ins Wohn zimmer kam, war Brian da. Jesse hielt eine
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