Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
mexikanische Wirtschaft sprechen.«
Der Mann winkte ab, holte eine Visitenkarte aus der Tasche und reichte sie Johnny. Er hieß Scott Howard und war Präsident eines Solarenergieunternehmens. »Also Sie sind Mr. Howard? Na gut, in Ordnung.«
»Da steht auch meine Telefonnummer drauf. Sie informieren mich, wenn Sie das nächste Mal zu Corrales Kontakt aufnehmen.«
Howard – oder wie immer er auch heißen mochte – steckte seine »leere« Pistole ein und verschwand so schnell, wie er gekommen war.
Johnny saß da, und ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken. Was sollte er jetzt tun?
20
Widrigkeiten und Urlaubsfreuden
Grenztunnel-Bauplatz
Mexicali, Mexiko
E s war 7 Uhr und Dante Corrales war nicht in der Stimmung, auf einen Mann zu warten, der für ihn arbeitete, einen Mann, der sein Untergebener war, einen Mann, der eigentlich wissen sollte, dass man ihm gegenüber auf keinen Fall so wenig Respekt zeigen durfte. Corrales hatte noch nicht einmal seinen Morgenkaffee getrunken, und er hatte diese Besprechung eigentlich in fünf Minuten erledigen wollen. Dann hatten ihm die Tunnelarbeiter jedoch erzählt, dass Romero immer noch nicht eingetroffen sei und dass er normalerweise auch nicht vor 8 Uhr morgens auftauche. Was waren denn das für Allüren? Der Mann bekam gutes Geld für diesen Job, und dann glaubte er, er brauche sich nicht vor 8 Uhr hier sehen lassen? Hielt er sich für einen Banker? Das würde er ihm heimzahlen, und zwar mit Zinsen. Dass er jetzt nicht mal an sein Handy ging, war Salz in der Wunde.
Also wartete Corrales im Lagerhaus auf ihn, während draußen die schweren Baumaschinen einen Höllenlärm verursachten. Die Vibrationen gingen ihm durch Mark und Bein. Diese Jungs begannen bei Sonnenaufgang mit ihrer Arbeit und hörten erst bei Sonnenuntergang wieder auf. Sie trudelten nicht erst um 8 Uhr ein. Sie wussten, dass es hier um jede Minute ging. Romero musste das auch noch lernen.
»Hol mir einen verdammten Kaffee«, rief Corrales schließlich Raúl zu, der mit Pablo an der metallenen Rolltür herumhing.
Raúl schüttelte den Kopf, murmelte etwas in seinen Bart, dann ging er nach draußen, wo die aufgehende Sonne inzwischen den Himmel rosa färbte. Pablo kam jetzt zu Corrales herüber und fragte: »Alles in Ordnung?«
»Dieser verdammte Kerl kommt erst um acht, kannst du dir diese Frechheit vorstellen? Und warum geht er nicht ans Telefon?«
»Dich beschäftigt doch noch etwas anderes«, sagte Pablo. »Möchtest du darüber reden?«
»Was bist du, mein Seelenklempner?«
»Bist du immer noch sauer wegen der beiden Jungs, die wir vor der V-Bar verloren haben? Dafür gibt es keinen Grund. Diese Arschlöcher haben den ganzen Job vermasselt. Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass sie Cabrones sind.«
»Ach was, die sind mir scheißegal. Ich mache mir wegen diesem Amerikaner Sorgen. Ich kann ihn einfach nicht finden. Er könnte für die Bundespolizei arbeiten, wer weiß…«
»Pah, der Dummbeutel hat wahrscheinlich Angst bekommen. Er sah wirklich nicht wie ein Bundespolizist aus. Nur noch so ein Scheißgeschäftsmann, der dachte, er könne hierherkommen und ein paar mexikanische Sklaven für seine Firma finden, der Wichser …«
»Nein, da geht irgendetwas vor, und wenn wir unsere Augen nicht weit offen halten, wird uns das alles hier um die Ohren fliegen, und der Boss wird dafür sorgen, dass wir genau hier unser Grab finden.«
Corrales seufzte und musste noch weitere fünf Minuten auf seinen Kaffee warten. Pablo plapperte immer weiter, aber Corrales hörte nicht mehr zu. Als Raúl schließlich zurückkehrte, riss er ihm den Becher aus der Hand und nahm einen tiefen Schluck. Er rümpfte die Nase. Der war beileibe nicht so gut wie der Starbucks, den er gewöhnlich auf der anderen Seite der Grenze trank, aber heute nahm er auch mit diesem vorlieb. Gerade als er um genau 7 . 39 Uhr den Boden des Plastikbechers sehen konnte, tauchte Pedro Romero im Lagerhaus auf. Er schob die Brille weiter auf die Nase hoch und zog an seinen Jeans, die ihm unter seinen Bierbauch gerutscht waren. Er schaute Corrales und die anderen stirnrunzelnd an und hob dann seine Stimme: »Buenos días.«
»Wo zum Teufel sind Sie gewesen?«, fragte Corrales und ging auf den Mann zu, dessen Augen ganz groß wurden.
»Ich komme von zu Hause.«
»Wissen Sie nicht, wie man ein Handy bedient?«
»Meine Akku war leer. Ich habe ihn im Auto aufgeladen. Haben Sie versucht, mich anzurufen?«
»Das kann man wohl sagen. Ihre
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