Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
Leute haben mir erzählt, dass Sie gewöhnlich erst um acht Uhr hier erscheinen. Stimmt das?«
»Ja.«
Corrales schlug dem Mann mit voller Wucht ins Gesicht. Romero wich zurück und hielt sich die Backe.
»Weißt du, warum ich das gemacht habe, alter Mann? Weißt du das? Weil du ein einfacher Grabungsarbeiter bist! Du bist kein verdammter Banker! Ab jetzt kommst du hierher, wenn die Sonne aufgeht, und gehst, wenn sie untergeht. Hast du mich, verdammt noch mal, verstanden?«
»Jawohl, Señor.«
»Möchtest du deine Tochter retten?«
»Jawohl, Señor.«
»Möchtest du dein Geld kriegen?«
»Jawohl, Señor.«
»Dann kommst du hierher, wann ich es dir sage! Und jetzt wirst du mir hier und jetzt erzählen, dass wir auf die andere Seite durchgebrochen sind und heute Abend mit den Lieferungen beginnen können.«
»Ich brauche noch ein paar Tage.«
»Was? ›Noch ein paar Tage‹? Was zum Teufel soll das denn heißen?«
»Ich zeige Ihnen, wie weit wir gekommen sind, aber da hat es ein paar Probleme gegeben. Wie ich Ihnen be reits zu Beginn erzählt habe, liegt der Grundwasserspie gel hier sehr hoch. Wir mussten deshalb bereits mehrmals Wasser aus dem Tunnel pumpen. Das Ganze ist eine komplizierte Operation.«
»Wenn du vielleicht früher zur Arbeit kommen würdest, wäre das kein Problem.«
»Señor Corrales, ich möchte Ihnen versichern, dass es kaum einen großen Unterschied machen würde, wenn ich eine Stunde früher hier wäre. Es braucht die ganze Nacht, um den Tunnel leer zu pumpen. Erst danach können wir weitergraben.«
»Ärgere mich ja nicht, alter Mann. Überzeuge mich lieber, dass hier alles richtig gemacht wird. Auf, schauen wir uns den Tunnel an!«
»In Ordnung, aber Sie sollten wissen, dass diese Männer so hart arbeiten, wie sie können. Wie Sie angeordnet haben, habe ich zwei Schichten eingerichtet. Aber ich selbst kann nicht rund um die Uhr hierbleiben. Ich muss mich um meine Familie kümmern, und meine Frau braucht Hilfe.«
»Dann solltest du besser eine Hilfe für sie anheuern, denn ich möchte, dass dieser Tunnel heute Abend betriebsbereit ist.«
»Heute Abend? Aber wir müssen noch eine Menge Erde und Steine bewegen. Das ist arbeitstechnisch völlig unmöglich.«
»Nein, ist es nicht. Du wirst es möglich machen. Glaub mir.«
Corrales’ Smartphone klingelte. Es war Fernando Castillo. »Hallo?«
»Dante, der Boss hat einen anderen Job für dich. Du musst sofort hierherkommen.«
Bell-430-Hubschrauber
Unterwegs nach San Cristóbal de las Casas
Chiapas, Mexiko
M iguel Rojas und Sonia Batista saßen auf dem Rücksitz eines zweimotorigen Firmenhubschraubers, dessen Kabine neben dem Piloten und Kopiloten Platz für bis zu sieben Passagiere bot. Diesen Helikopter benutzte Jorge oft für kurze Geschäftsreisen. Obwohl er nicht wie ein Militärhubschrauber bewaffnet war, trugen die Piloten immer Pistolen. Wie bei allen anderen Trans portmitteln Jorges hatte man auch in diesem Fall bei der Ausstattung an nichts gespart: Überall sah man kostbares italienisches Leder und exotische Hölzer. Kleine Flachbildschirme und Kopfhörer gestatteten den Fluggästen, sich Firmenpräsentationen und/oder Spielfilme anzusehen. Miguel und Sonia genossen jedoch lieber die Aussicht. Sie hatten ihre Headset-Mikrofone aufgesetzt, um trotz des Dröhnens der starken Rolls-Royce-Turbinen miteinander sprechen zu können.
Vor ihnen saßen die mürrisch dreinschauenden Leibwächter, die sie auf Jorges Anweisung hin mitnehmen mussten: Corrales, Raúl und Pablo. Nun, es könnte schlimmer sein, dachte Miguel. Sein Vater hatte ihm mitgeteilt, dass er sie von zwölf Männern bewachen lassen werde, von denen einige vorausfliegen würden. Sie würden vier Geländewagen mieten, da sie sich nur im Konvoi durch ihren Urlaubsort bewegen sollten. Miguel hatte jedoch vehement gegen diesen Vorschlag protes tiert. Er wollte mit Sonia einen netten, intimen Urlaub verbringen und nicht überall, wo sie hingingen, ein solches Sicherheitsspektakel veranstalten. Darüber hin aus war es ja auch seines Vaters Wille gewesen, dass er die meiste Zeit seines Lebens dem Rampenlicht der Öffentlichkeit ferngeblieben war. Der mexikanische Durchschnittsbürger würde ihn also gar nicht erkennen. Ein so großes Team würde jedoch eine Menge Aufmerksamkeit auf sich ziehen und vielleicht sogar zu kriminellen Angriffen regelrecht einladen, wenn die Leute dort mit den Fingern auf ihn zeigen würden: »Schaut einmal, dort drüben, dieser reiche Typ
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