Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
waren ehemalige Soldaten und/oder Mitglieder einer guatemaltekischen Spezialeinheit, die als die »Kaibiles« bekannt waren. Deren Wahlspruch lautete: Wenn ich vorrücke, folge mir. Wenn ich anhalte, bedränge mich. Wenn ich zurückweiche, töte mich.
Noch bemerkenswerter war jedoch ihre Fähigkeit, bei ihren Aktionen möglichst wenig aufzufallen. Sie kleideten sich wie Zivilisten, hatten nur Pistolen dabei und hatten auch dieses Mal ihre Aktion einfach und effizient ausgeführt. Aber das würde nicht so bleiben, nahm Moore an. Nicht, wenn sie Verhandlungen füh ren wollten und Vergeltungsmaßnahmen gewärtigen mussten. Wenn Moore daran dachte, dass Sonia von ihnen vergewaltigt, missbraucht und gefoltert werden könnte, lief es ihm eiskalt über den Rücken.
Er zog sein Smartphone heraus, und eine Minute später studierte er bereits ein Satellitenbild des Städtchens, auf dem Sonias GPS -Sender als blauer Punkt zu sehen war, der sich langsam eine ganz bestimmte Straße entlang bewegte.
»Suchen Sie Sehenswürdigkeiten auf der Landkarte?«, fragte Torres sarkastisch und beugte sich über Moores Schulter.
»Nein, ich suche ein Puff.«
»Warum sind Sie eigentlich so ein verdammter Klugscheißer?«
Moore schnaubte. »Fragen Sie besser nicht.« Der Fettwanst ging ihm allmählich auf die Nerven.
Einer Liste mit Angaben über dieses Städtchen entnahm er, dass Chamula seine eigene Polizeitruppe besaß und dass keine Soldaten oder Beamte anderer Polizeieinheiten in der Gemeinde tätig werden durften. Darüber hinaus durften Touristen bei ihrem Besuch nur an wenigen Orten Fotos machen. Dies waren zwar sehr strikte Regeln, aber womöglich hatten die Geier mit der Ortspolizei ein Abkommen geschlossen? Was wäre, wenn sie diese Geiselnahme schon lange geplant hatten und hier einen perfekten sicheren Rückzugsort gefunden hatten, von dem aus sie ihre Verhandlungen führen konnten? Dass sie nicht in Richtung Guatemala unterwegs waren, machte diese Annahme noch wahrscheinlicher.
Fitzpatrick fuhr eine unbefestigte, kurvige Straße empor, die zur San-Juan-Kirche hinaufführte, einem mittelgroßen Bauwerk mit staubigen, weiß getünchten Wänden, mit blauem und grünem Stuck verzierten Gie beln und einem reich geschmückten Ziegelportal. Moore forderte Fitzpatrick auf, neben einer Reihe von Touristenautos und Taxis zu parken, die in der Nähe von min destens fünfzig Verkaufsständen unter bunten Sonnen schirmen standen. Über ihren Köpfen wehten bunte Wim pel, die an langen Leinen hingen, die vom Glockengeschoss bis zum Boden gespannt waren. Dies war der Marktplatz. Mehrere Hundert Menschen schlängelten sich durch das Labyrinth der Verkaufstische hindurch. Hier lagen die meisten Früchte auf Decken, die man auf dem grasbewachsenen Kirchenvorplatz ausgelegt hatte. Dabei hatte man die Zitrusfrüchte meist wie Bowlingkugeln zu kleinen Pyramiden aufgetürmt.
»Wir können hier nicht einfach stehenbleiben«, bellte Torres und deutete auf die Autos vor ihnen, die sich jetzt immer weiter von ihnen entfernten. »Wir werden sie verlieren!«
»Ich verfolge ihren Weg auf meinem Smartphone, Arschloch«, sagte Moore. »Ich konnte einen GPS -Sender an ihrem Wagen anbringen.«
»Wann haben Sie denn das gemacht?«
»Bevor ihr mich abgeholt habt«, log er. »Und jetzt halten Sie bitte den Mund. Wir steigen hier aus. Hinter der Kirche liegt ein Friedhof. Von dort aus können wir auf die Hügel hinaufsteigen.« Moore zoomte mit Daumen und Zeigefinger das Luftbild auf seinem Touchscreen heran. Die Kidnapper hielten vor einer kleinen Häusergruppe westlich des Friedhofs. Die Hügel da- hinter würden einen vorzüglichen Beobachtungspunkt abgeben.
»Hey, wieso bist du eigentlich fast immer seiner Meinung?«, fragte Torres Fitzpatrick.
»Weil er gut ist. Er hat ihnen einen Peilsender untergejubelt. Hast du das etwa geschafft? Ohne ihn hätten wir sie schon längst verloren.«
Torres murmelte eine ganze Litanei von Flüchen vor sich hin, um sich dann doch aus dem Wagen zu wuchten. Er hob die Kamera, um vorzuspiegeln, er sei Tourist, aber Moore drückte seine Hände nach unten.
»Was zum Teufel …«
»Hier darf man nicht fotografieren, das habe ich doch vorhin gesagt. Die Leute mögen das nicht. Packen wir’s an!«
Sie holten drei schwere Rucksäcke aus dem Kofferraum. Jeder hatte in einem besonderen Transportbehälter ein zerlegtes Scharfschützengewehr dabei.
Sie stiegen einen engen steinigen Pfad empor, der von den Sommerregen stark
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