Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
schweigend.
»Sie sind also ein Freund Wazirs?«, fragte der Alte, als sie oben angekommen waren.
»Ja. Und Sie?«
»Das kann man wohl sagen. Wazir und ich haben gemeinsam gegen die Sowjets gekämpft.«
Moore atmete tief durch und hoffte, dass sein Verdacht doch nicht begründet war. »Wie ist Ihr Name?«
»Abdullah Yusuff Rana.«
Moore blieb stehen und schaute auf das Tal hinunter. Das war also Ranas Großvater und der Grund, weshalb der junge Rana Wazir von klein auf gekannt hatte. Moore hätte dem alten Mann liebend gerne erzählt, dass er seinen Enkel gekannt hatte, dass der Junge sein tapferer Mitarbeiter gewesen war und für eine Sache gestorben war, an die er glaubte, und dass Moore tief in Ranas Schuld stand.
»Sehen Sie etwas?«, fragte der alte Mann.
Moore schüttelte den Kopf. »Es ist einfach nur wunderschön hier oben.«
Der alte Rana zuckte die Achseln und führte ihn noch weiter den Berg hinauf. In der Nähe des Gipfels befand sich ein tiefer Krater, von dem aus seltsame Linien offensichtlich pulverisierter Steine in alle Himmelsrichtungen auseinanderliefen. Links davon lag im Schatten dreier großer Bäume ein rechteckiger Erdhügel. Ein Grab.
Rana zeigte darauf. »Möchten Sie, dass ich Sie allein lasse?«
Moore stockte der Atem. »Was ist passiert?«
»Ich dachte, Sie wissen es.«
Moore schüttelte heftig den Kopf.
Rana schaute zum Himmel hinauf. »Wazir kam gerne hierher, um zu lesen und zu meditieren. Eine Drohne flog über das Gebirge und warf eine Bombe ab. Unserer Überzeugung nach war er ein Märtyrer. Wir haben ihn auf der Seite und in Richtung Mekka in den Kleidern begraben, in denen er gestorben ist. Es war Allahs Wille, dass er an seinem Lieblingsplatz den Tod fand.« Rana schloss die Augen und fügte auf Arabisch hinzu: »Inna Lillahi wa inna Ileyhi radschiun.«
Zu Allah gehören wir, und zu Ihm kehren wir zurück.
»Ich lasse Sie jetzt allein«, sagte Rana und ging den Weg zurück, den sie gekommen waren.
Moore schritt zu der Grabstätte hinüber. Er hatte vorgehabt, auf Wazirs Angebot zurückzukommen:
»Wenn Sie bereit sind, über diese Sache zu reden, kommen Sie einfach wieder hierher. Ich möchte Ihre Geschichte hören. Ich bin ein alter Mann. Und ich bin ein guter Zuhörer.«
Es tut mir leid, Wazir. Sie haben alles für mich getan, was Sie tun konnten. Und dann haben wir Sie getötet. Ich kam hierher, um Antworten zu finden. Jetzt werde ich keine mehr bekommen. Ich wollte Ihnen erzählen, was mir in meinem Leben am schwersten gefallen ist. Wissen Sie, was es ist? Der Versuch, mir selbst zu verzeihen. Ich bringe das einfach nicht fertig.
Moore rieb sich die Augenwinkel und machte sich dann auf den Weg ins Tal. Eine sanfte Brise wehte durch sein Haar. Er dachte kurz, er würde die Stimme des Alten hören, aber es war nur das Rascheln des Laubs.
Samad und der Rest dieser üblen Bastarde würden wohl wegen der Reibungen innerhalb aufgeblähter Bürokratien, der Ungeduld der Verantwortlichen und deren Bestehen auf »gerichtsfesten Beweisen« davon kommen. Je mehr die Dinge sich änderten, desto mehr blieben sie sich gleich.
Als er wieder am Haus ankam, wartete dort Rana auf ihn und sagte: »Bitte bleiben Sie zum Abendessen.«
Es war zwar äußerst unhöflich von Moore, diese Bitte abzulehnen, aber er war so deprimiert, dass er nur noch wegwollte.
Jemand zupfte ihn am Arm. Es war der Junge, der ihnen damals den Eintopf serviert hatte. Moore erinnerte sich, dass es Wazirs 8 - oder 9 -jähriger Urenkel war. Zwischen Daumen und Zeigefinger hielt er ein zusammengefaltetes gelbes Stück Papier. »Mein Großvater hat mir aufgetragen, Ihnen das zu geben, falls Sie noch einmal kommen und er nicht zu Hause sein sollte.«
44
Spurensuche
Geheimer CIA -Stützpunkt
Saidpur Village
Islamabad, Pakistan
A lle Geheimdienste, Polizisten und Strafverfolgungsbehörden der ganzen Welt jagten Samad und seine Männer. Moore hielt ein Blatt Papier in Händen, das die erfolgversprechendste Spur sein könnte.
Er überlegte jedoch, was er mit Wazirs Hinweisen anstellen sollte.
Wenn er das Blatt der CIA übergab, würde sie die Information an alle Dienste auf dem ganzen Planeten weiterleiten. Der extrem vorsichtige Samad, der überall Kontakte hatte, würde lange vor dem Eintreffen seiner Häscher verschwinden.
Moore hatte also das Blatt Papier in die Tasche gesteckt und war erst einmal in seinen alten geheimen Stützpunkt zurückgekehrt. Es war eine bittersüße Rückkehr. Er dachte
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