Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
erlaubten, das Kommen und Gehen und alle Vorgänge draußen zu beobachten, während er selbst es sich auf seinem Bett bequem gemacht hatte und im Hintergrund das Gebrabbel der TV -Frühnachrichten zu hören war. Die Spionagesatelliten, die ihm diese Bilder lieferten, wurden vom National Reconnaissance Office (mit seinem Militär- und CIA -Personal) betrieben. Sie umkreisten die Erde auf niedrigen Umlaufbahnen und konnten die Bildauflösung für einige Minuten optimieren, bevor sie ihren Job dem nächsten Satelliten in der Reihe überließen, der nach ihnen das Zielgebiet überflog.
Dazwischen empfing Moore immer wieder kleine Textmeldungen von den Analysten im Hauptquartier, die dieselben Bilder wie er sahen und deshalb bei Bedarf seine Aufmerksamkeit auf das lenken konnten, was ihnen auffiel. Andere Fenster gaben ihm jederzeit die genaue GPS -Position aller Mitglieder seiner Task- force an oder zeigten ihm die Satellitenfotos anderer Ziele in dieser Stadt wie etwa Zúñigas Landhaus. Das Ganze war eine komplexe und umfassende Überwachungsoperation, die von Computerfreaks geleitet wurde, die eine halbe Welt von hier entfernt ihren Cappuccino schlürften.
Moore hatte ganz bewusst Dante Corrales’ Hotel gewählt, weil dieser ja laut Towers das höchstrangige Kartellmitglied war, das man bisher identifizieren konn te. Wie alle guten Drogendealer machte auch Corrales ständig neue ganz legale Geschäfte auf, mit denen er sein schmutziges Geld waschen konnte. Wenn er jedoch Fehler machte und aufflog, würden die armen, ehrlichen Leute, die für ihn arbeiteten, ihren Job verlieren. Andere würde er in Verbrechen verstricken, an die sie zuvor nicht im Traum gedacht hätten.
Andererseits würde er in nächster Zeit bestimmt nicht verhaftet werden. Seine Verfolger ließen ihm erst einmal freie Hand, da sie mit seiner Hilfe den eigentlichen Leiter der Operationen zu identifizieren hofften. Corrales hielten sie für die tickende Zeitbombe, die sie dafür benötigten.
Die Angaben über seine Person waren äußerst fragmentarisch und stammten meist von Straßeninformanten oder von persönlichen Dokumenten, die sie hatten beschaffen können. Dass seine Eltern bei einem Hotelbrand ums Leben gekommen waren und er sich jetzt selbst ein Hotel gekauft hatte, erregte ihr Interesse. Die CIA kannte seine Anmaßung und Selbstüberschätzung und hoffte daraus einmal Nutzen ziehen zu können. Seine Vorliebe für protzige Autos und teure Kleidung machte die Verfolgung seiner Wege und Aufenthaltsorte in dieser Stadt lächerlich einfach. Über seinem Bett hing bestimmt ein Plakat des Al-Pacino-Films Scarface. In gewisser Weise erinnerte er Moore an sich selbst, als er siebzehn gewesen war, kämpferisch, großsprecherisch und ohne viel Ahnung, auf welche Weise die Entscheidungen, die er jetzt traf, sein ganzes künftiges Leben be einflussen würden.
Moore stieg aus dem Bett, legte das Telefon auf den Nachttisch und zog ein Polohemd und teure Stoffhosen an. Seine Haare hatte er inzwischen geschnitten und zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Sein sauber gestutzter Bart hatte nichts mehr mit dem Hummerlatz gemein, den er in Afghanistan und Pakistan getragen hatte. Um sich selbst ein wenig Pep zu verleihen, trug er außerdem einen falschen Diamantohrring. Er griff sich eine Ledermappe und wandte sich zum Gehen. Auf seinem Breitling Chronomat war es genau 9 . 21 Uhr.
Er fuhr mit dem Aufzug von seinem Zimmer im dritten Stock ins Erdgeschoss hinunter. Der Mann an der Rezeption, der laut seinem Namensschild Ignacio hieß, nickte ihm höflich zu.
Hinter ihm stand eine absolut umwerfende junge Frau mit langen dunklen Haaren und den Augen eines Vampirs. Sie trug ein braun-silbernes Kleid und ein Goldkreuz, das fast in ihrem Ausschnitt verschwand. Ihre kessen Titten waren ganz offensichtlich leicht vergrößert worden, aber sie glichen doch nicht den lächerlichen Wasserballons, wie sie die Pornosternchen liebten.
Moore holte sein Smartphone aus der Tasche, wartete einen Moment, tat so, als ob er eine E-Mail lesen würde, und schoss dann heimlich ein Foto von der Frau.
Er runzelte die Stirn, blätterte mit dem Daumen auf eine andere Seite und blickte dann auf. Die Frau gönnte ihm ein flüchtiges Lächeln. Er erwiderte es und begab sich nach draußen zu seinem Mietwagen. Nach dem Einsteigen schickte er das Foto der Frau an die Leute in Langley.
F ünfzehn Minuten später traf er sich am anderen Ende der Stadt mit einer Maklerin. Auf dem Weg
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