Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
verstauen und, solange Sie in Ciudad Juárez sind, nie mehr hervorholen.«
»Oh, lassen Sie mich mal sehen, ob ich mein Handtäschchen finde. Mist, ich habe gerade nur diese dicken Knarren und ein paar Reservemagazine dabei.«
Er feixte sie an.
Sie schüttelte den Kopf und biss sich auf die Zähne. Nach acht Jahren Armeegeheimdienst und vier Jahren als gestandene CIA -Außenagentin saß sie jetzt in diesem Auto und musste sich den sexistischen Blödsinn eines abgehalfterten, korrupten Kommissars der mexikanischen Bundespolizei anhören. Die Fehlgeburt, die Scheidung, die Entfremdung von ihren Geschwistern … und wofür das alles? Dafür? Sie schaute zu Gómez hinüber und durchbohrte ihn mit ihren Blicken.
Im Polizeifunk hörten sie die Meldungen der anderen Einheiten. Zehn Minuten später rollten sie eine schmale Straße hinunter. Auf beiden Seiten standen rosarote, weiße und lilafarbene Mietshäuser. Über die Gässchen zwischen ihnen waren Leinen gespannt, an denen Wäsche trocknete. Ein paar schmächtige zehn- bis zwölfjährige Jungs standen in den Hauseingängen, beobachteten sie und telefonierten mit ihren Handys. Sie waren die Späher des Kartells, und Gómez behielt sie im Auge.
Am Ende dieses Straßenabschnitts blockierten in der Nähe der nächsten Kreuzung drei Leichen die Fahrbahn. Vega holte einen Feldstecher aus dem Ablagefach und stellte ihn scharf.
Alle drei waren junge Männer. Zwei lagen in großen Blutlachen auf dem Bauch. Der dritte lag auf dem Rücken und hatte sich mit der Hand noch ans Herz gefasst. Sie hatten dunkle Jeans und T-Shirts an. Sollten sie irgendwelchen Schmuck getragen haben, so war der inzwischen längst gestohlen worden. 20 Meter von ihnen entfernt parkten zwei Polizeiwagen, hinter deren Türen zwei Beamte kauerten. Gómez hielt hinter einem der Streifenwagen an und wandte sich Vega zu: »Sie wis sen ja, kein Wort!«
Sie stiegen aus, und Vega ließ den Blick über die Flachdächer streifen, auf denen mindestens ein halbes Dutzend Männer saßen und den Einsatz beobachteten. Ein paar von ihnen sprachen in ihr Handy. Vega fasste ihre MP fester. Ihr Mund wurde trocken.
Plötzlich hielt hinter ihnen ein Kleintransporter, aus dem zwei weitere Polizisten mit zwei Spürhunden ausstiegen, die auf Sprengstoffe ausgebildet waren. Als sie an ihnen vorbei in Richtung der Leichen gingen, klingelte Gómez’ Handy. Er verzog sich hinter den Transporter, um den Anruf entgegenzunehmen. Vega fiel auf, dass der alte Mann zwei Handys dabeihatte. Jetzt benutzte er jedoch nicht das Handy, mit dem er sie gewöhnlich anrief und dessen Nummer sie gespeichert hatte. Dieses Mal rief jemand das zweite Mobiltelefon an. Interessant.
Die Beamten vor ihnen machten so viel Lärm, dass sie Gómez’ Telefonat nicht verstehen konnte. Die Hundeführer näherten sich ganz langsam dem Tatort. Nachdem sie mit ihren Hunden die Leichen und deren unmittelbares Umfeld untersucht hatten, hob einer von ihnen die Hand und rief seinen Kollegen zu, dass keine Gefahr bestehe.
In diesem Moment traf ihn die Kugel eines Scharfschützen, der auf dem Dach links von ihnen stand, und riss ihm den halben Schädel weg.
Einfach so. Ohne Vorwarnung. Am helllichten Tag. Unter den Augen der Mieter auf ihren Balkonen.
Während sich die anderen zu Boden warfen, wurde der zweite Hundeführer in den Hals getroffen. Das Ge schoss drang im Genick ein und zerschmetterte ihm den Unterkiefer.
In diesem Moment zerfetzte ein Feuerstoß aus einer Kalaschnikow die auf der Straße liegenden Leichen der Polizisten und streckte auch die beiden Hunde zu Boden. Vega kroch auf allen vieren nach vorn bis zum Vorderrad des Transporters. Sie hob ihre MP und feuerte auf das Flachdach. Die Kugeln schlugen in den Sims ein, und pulverisierter Gips spritzte in alle Richtungen.
»Feuer einstellen!«, schrie Gómez. »Feuer einstellen!«
Und danach … nichts. Einige Schreie, überall Pulvergestank und die Hitze des Asphalts, die in Wellen in Vegas Gesicht stieg.
Dann erregten quietschende Bremsen ihre Aufmerksamkeit. Am Eingang der nächsten Querstraße hielt ein weißer Pick-up, dem die hintere Stoßstange fehlte. Aus einem Seitengässchen stürzten drei Männer heraus, zwei waren mit AR- 15 -Sturmgewehren und einer mit einer AK- 47 bewaffnet. Die Männer sprangen auf die Ladefläche des Trucks hinauf. Einige Polizisten eröffneten das Feuer, aber der Pick-up fuhr unbeirrt davon. Tatsächlich wirkten die Schüsse auch ziemlich ungezielt, kein
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