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Gegen alle Zeit

Gegen alle Zeit

Titel: Gegen alle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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überrascht an und nickte dann, als hätte er gerade eine Erleuchtung gehabt.
    »Was gibt’s da zu glotzen?«, fuhr ihn der Diebesfänger an.
    »Es geht gar nicht darum, dass Ihr einer der Jakobiten wart oder immer noch seid«, antwortete Henry. »Damit hat Mr. Niemeyer Euch nicht erpresst.«
    »Her mit dem Brief!«, fauchte Mr. Wild. »Wo habt ihr ihn versteckt?«
    »Ihr seid der Verräter, Sir!« Henry lachte, passte diesmal aber auf, dass er nicht wieder von einem Fußtritt überrascht wurde. »Ihr habt Bischof Atterbury und die anderen Jakobiten an den König verraten. Euretwegen ist die Verschwörung aufgeflogen. Und dieser Brief beweist es?«
    »Schon wieder eine Frage, auf die du die Antwort längst kennst«, wunderte sich Mr. Wild und lachte gleich anschließend. »Aber das wird dir nichts nützen.«
    »Natürlich!«, sagte Henry, aber das war keine Antwort auf Mr. Wilds Bemerkung, sondern auf seine eigenen Gedanken, die endlich Sinn ergaben. »Von der Justiz oder aus dem Königshaus habt Ihr nichts zu befürchten, wohl aber von den Jakobiten, wenn sie herausfinden, wer sie verraten hat. Dann ist Euer Leben keinen Farthing mehr wert. Und das ist Grund genug, zum Mörder zu werden. Deshalb musste Albrecht Niemeyer sterben.« Henry stutzte plötzlich, schaute Mr. Wild verwirrt an und fragte: »Warum habt Ihr ihn umgebracht, bevor Ihr wusstet, wo er den Brief versteckt hatte?«
    »Mr. Sykes war leider etwas übereifrig«, lachte der Diebesfänger gehässig. »Und das Genick des Flötenspielers nicht sehr belastbar.«
    »Oboist«, verbesserte Bess.
    Henry sah Bess eindringlich an und sagte dann: »Auch wir werden sterben. Ob wir den Brief nun übergeben oder nicht.«
    »Schluss mit dem Gerede!«, schrie Mr. Wild, der völlig außer sich war und wie ein Rumpelstilzchen auf der Stelle trampelte. »Willst du mir nun sagen, wo der Brief ist oder nicht?«
    »Ihr sollt daran verrecken!«, rief Henry und spuckte Blut vor Mr. Wilds Füße.
    Der Diebesfänger wollte sich bereits auf Henry stürzen und griff nach seinem Schwert, als sich von draußen Quilt Arnold bemerkbar machte.
    »Master! Schnell!«, rief er und öffnete die Tür. Henry konnte einen weiteren Mann im Vorraum sehen, der offensichtlich mit einer Nachricht gekommen war.
    »Was denn?!«, fauchte Mr. Wild und hielt sein Schwert in der Schwebe.
    »Jack ist wieder in London«, antwortete der andere und flüsterte Mr. Wild etwas ins Ohr.
    »Ach, verdammt! Hab ich ihm nicht gesagt, er soll für eine Weile die Beine still halten?«, fluchte der Diebesfänger und schien kurz unschlüssig zu sein. Dann schnaufte er abfällig, steckte das Schwert in die Scheide, schnappte sich das Windlicht vom Boden und hastete hinaus. Als die Gittertür hinter ihm geschlossen war, wandte er sich an die Wärter: »Die Handschellen bleiben dran. Und sie kriegen weder Wasser noch Brot, bis ich wieder da bin. Verstanden?«
    »Ay, Sir«, antwortete Bernie.
    Dann entfernte sich das Windlicht und verschwand im Treppenhaus.
    »Du gibst«, sagte Bernie zu seinem Kollegen.
    »Hast du immer noch nicht genug verloren?«, antwortete Seamus.
    Bess stand wie vom Donner gerührt mitten in der Zelle und starrte Henry verwirrt und verzweifelt an. »Was hat das alles zu bedeuten?«, fragte sie tonlos. »Ich begreife gar nichts mehr.«
    Henry zog an der Kette seiner Handschellen, legte den Zeigefinger auf die Lippen, schüttelte den Kopf und wies auf den Strohsack. »Komm!«, sagte er leise und versuchte zu lächeln, obwohl ihm gar nicht danach war. »Wir müssen reden.«

3

    Sie saßen sich auf dem Strohsack gegenüber, die Knie angezogen und die Gesichter so nah wie möglich beieinander, damit sie leise flüstern und die Wärter ihr Gespräch nicht belauschen konnten.
    »Du machst mir Angst, Henry«, murmelte Bess und starrte auf die Fesseln an ihren Fußgelenken. »Woher weißt du das alles? Über den Bischof und Albrecht und die Jakobiten. Und über Mr. Wild. Warst du einer von seinen Leuten?«
    Henry schüttelte den Kopf. »Ich bin auf der Flucht, Bess, das hast du vor ein paar Tagen ganz richtig geraten. Aber dennoch ist es ganz anders, als du denkst. Ich fliehe nämlich vor mir selbst. Vor dem, was ich getan habe. Oder noch tun werde.«
    »Was redest du denn da?«
    »Erinnerst du dich, wo ich herkomme?«, fragte er und legte seine Hand auf ihr Knie. »Was ich dir darüber gesagt habe?«
    »Lambeth Marsh«, antwortete Bess.
    »Lambeth Marsh in etwa dreihundert Jahren«, verbesserte

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