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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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Das Prasseln des heißen Wassers auf meinem Rücken verschmolz mit
dem Prasseln von draußen.

    Ich machte mir ein Frühstück aus Toast und Kaffee, was
mich mit dem Problem zurückließ, dass ich viel zu früh fertig war. Obwohl ich
mir Zeit gelassen hatte, war ich bereits um 6:30 Uhr abfahrbereit.

    Dem Sturm konnte ich nicht zuschauen, weil ich selbst bei
hochgezogenen Rollläden nur Dunkelheit gesehen hätte. Die Zeitung wollte ich
nicht holen, weil ich ja schon geduscht hatte und wach genug war, dass ich
keine zweite Dusche im Novemberregen brauchte. Ich entschied mich, meine
E-Mails abzurufen, fuhr meinen Computer hoch und loggte mich in meinen
dienstlichen Posteingang ein. Wie die letzten Tage auch, gab es wenig Neues.
Immerhin erfuhr ich, dass wir einen zweiten Zeugen aufgetrieben hatten, und ich
schaute mir das aktualisierte Phantombild des Salamimörders an. Er war nicht unbedingt
attraktiver geworden, seine Augen dafür aber bedrohlicher. Es war immer noch
kein auffälliges Gesicht, aber wenn man es sich anschaute, wirkte es auf
subtile Art angsteinflößend. Irgendwie konnte ich mir bei diesen neuen Augen
besser vorstellen, wie er seine Opfer mit dem Skalpell bearbeitete und ihre
Scheiben dann in der Wohnung verteilte.

    Nach meinen E-Mails klickte ich mich ein wenig durch die
Onlineausgaben der Zeitungen, doch weder die lokale noch die Weltpolitik hatten
besonders Fesselndes zustande gebracht. Als ich mich auf den Weg machte, tobte
immer noch der Sturm. Ich entschied, meine Rollläden unten zu lassen. Da ich keine
Nachbarn hatte, konnte niemand daran Anstoß nehmen.

    Mein neues Auto erwies sich auch im Sturm als vorteilhaft.
Während die Fahrer der meisten Klein- und Mittelklassewagen über die schmale
Landstraße schaukelten und gut durchgeschüttelt bei der Arbeit erscheinen
würden, bemerkte ich die stürmischen Luftbewegungen nur sehr gedämpft. Ich
glitt durch das Unwetter, während für mich das größte Problem in der Sicht
bestand. Der Dienstwagen, den ich am Präsidium aufnahm, war weniger
komfortabel, aber immerhin nicht so spartanisch, dass ich Tabletten gegen
Reiseübelkeit brauchen würde.

    Kaum hatte ich vor Ninas Haus angehalten, klingelte mein
Handy.

    Â»Guten Morgen«, sagte Nina.

    Ich schaute zu ihrer Wohnung hoch und sah sie am Fenster
stehen. »Guten Morgen«, antwortete ich.

    Â»Warum fährst du nicht in die Tiefgarage?«, schlug sie
vor. Zwei Minuten später hielt ich am vereinbarten Punkt an und Nina stieg ein.

    Ich sagte: »Dann wollen wir mal ablegen.« Wir verließen
die Garage und ich setzte Kurs auf Münster.

    Um kurz vor halb neun wählte Nina von ihrem Handy aus
unseren Kollegen Seybold an. Sie schilderte ihm den aktuellen Stand der Partie
und teilte ihm unsere Besorgnis um den Spieler Österreichs mit. Das Gespräch dauerte
äußerst kurz und Nina schaute ärgerlich, als sie ihr Handy vom Ohr nahm. »Es
interessiert ihn nicht.«

    Â»Was genau meinst du?«

    Â»Was wir machen, interessiert ihn nicht. Wir können Martin
Pracht befragen, er wird nicht mitkommen.«

    Â»Das ist keine schlechte Nachricht.«

    Â»Auch der Rest interessiert ihn nicht. Er lehnt es ab, irgendjemanden
observieren zu lassen. Sei es Herrn Grams, sei es Herrn Pracht. Er hält uns für
Idioten.«

    Ich hielt mich manchmal auch für einen Idioten. Aber
Seybold meinte damit sicherlich die Art, wie wir unsere Arbeit machten und
welche Spur wir verfolgten. Und das war inakzeptabel.

    Â»Wir überlegen uns noch etwas«, sagte ich beruhigend,
ohne Nina damit erreichen zu können.

    Nina rief bei Martin Pracht an und erklärte unser Anliegen.
Er sagte, er sei im Büro damit beschäftigt, die Papiere in Ordnung zu bringen.
Wir konnten jederzeit vorbeikommen.

    Wir suchten unseren Weg durch Münster. Der Regen hatte
nun ganz aufgehört. Martin Pracht hatte sein Geschäft in demselben Vorort wie
Grams. Die beiden Männer wohnten vielleicht einen Kilometer auseinander. Auch
Pracht verfügte über einen klassischen Innenhof, an den ein Haus aus den
1950er-Jahren grenzte. Anstatt einer Halle wie bei Grams standen mehrere
Garagen nebeneinander auf dem Gelände.

    Â»Kommen Sie doch herein«, sagte er, als er uns die Tür öffnete.

    Wir folgten ihm durch einen Flur, der in warmen Farben
gestrichen war, ins Wohnzimmer. Pracht kam ohne weitere Nachfrage mit

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