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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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Spalier, durch das
wir zum Aufzug gingen.

    In unserer Etage angekommen, wiederholte sich die Szene.
Einer rief: »Markus ist da!«

    Alle anwesenden Kollegen kamen aus ihren Büros und beglückwünschten
mich. Sogar Egon verließ seine Höhle, gefolgt von Marla, um mir zu gratulieren.
Gebeugt, wie unter starken Schmerzen, schaute er mir kaum ins Gesicht, während
er halbherzig meine Hand drückte. Wahrscheinlich musste ich ihm allein die Glückwünsche
schon hoch anrechnen. Aber dies war ein besonderer Abend, an dem ich meine
Freude, noch am Leben zu sein, nicht mit Gedanken an Egon belasten wollte. Ich
ging weiter und meine Schultern wurden noch mehr geklopft, meine Hände immer wieder
geschüttelt. Da sollte noch mal einer sagen, bei der Polizei würde man nicht
gelobt.

    Wir gingen in Reinholds Büro. Seine Sekretärin setzte
sich dazu und hämmerte meine Schilderung direkt in die Tastatur. Reinhold hörte
mir mit großen Augen zu.

    Â»Das war ganz schön knapp«, sagte er am Ende meines
Berichts sichtlich beeindruckt. Wenn ich es mir recht überlegte, war ich auf
meine Taten auch stolz.

    Reinhold sagte: »Gut, ich denke, das reicht für heute.
Wir schauen, dass wir deine Version bestätigt bekommen. Und dann werden wir die
Sache der Staatsanwaltschaft übergeben. Die werden den Mann sofort anklagen.«
Bei diesen Worten wirkte Reinhold sehr zufrieden. »Was kann ich dir noch Gutes
tun? Ein paar Tage Urlaub? Soll ich den Fall Tobias Maier jemand anderem übertragen?«

    Â»Nein!«, sagte ich hastig. Reinhold schaute mich überrascht
an. »Das ist nicht nötig«, erklärte ich ruhiger. »Ich bin nicht traumatisiert
oder so etwas. Und wir sind doch gerade erst richtig eingestiegen.« Und ich war
mir alles andere als sicher, ob unsere Spur bei Dominanz weiterverfolgt würde, wenn Nina und ich nicht mehr an dem
Fall arbeiteten.

    Â»In Ordnung«, sagte Reinhold mit einem Schulterzucken. »Wie
du willst. Und apropos traumatisiert. Du wirst morgen Dr. Klein aufsuchen. Ich
werde kontrollieren, ob du bei ihm warst.«

    Â»Das ist nicht nötig. Ich war erst gestern bei ihm.«

    Das verblüffte Reinhold. »Ich habe gar nicht mitbekommen,
dass du Probleme hast.«

    Â»Ich hatte ein Problem mit unserem Opfer Tobias Maier.
Seine Aktivitäten und seine Persönlichkeit schienen mir ein wenig ungewöhnlich.«

    Â»Und konnte er dir helfen?«

    Â»Sehr sogar. Er hat das gemacht, was Psychologen meistens
tun. Er hat bestätigt, was ich mir ohnehin schon gedacht habe. Und dann habe
ich mich gleich besser gefühlt.« Das war zwar eine etwas verkürzte Wiedergabe
von Dr. Kleins Leistung, aber er würde darüber hinwegkommen.

    Â»Hmm. Du gehst trotzdem zu ihm.«

    Â»Natürlich. Aber nicht mehr heute.«

    Reinhold schob mir Papiere und Autoschlüssel über den
Tisch. »Dann bin ich gespannt, mit wem du als Nächstes zusammenstößt.«

    Â»Wer ist denn noch auf freiem Fuß?«

    Â»Wir haben hier noch diesen Mafiaboss.«

    Â»Nee, lass mal, der ist bestimmt nicht allein unterwegs.«

    Wir standen uns wieder gegenüber, aber diesmal gab es eine
Zeugin. Deshalb klopften wir uns nur die Schultern. »Pass auf dich auf, Markus.«

    Ich versprach, das zu tun. Auf der Fahrt nach Hause versuchte
ich zu verstehen, was passiert war und was ich getan hatte. Meine Wange pochte
und fühlte sich warm an. Meine Prellungen schmerzten, wo der Sicherheitsgurt
auf sie drückte. Szenen der Verfolgungsjagd standen mir lebendig vor Augen, als
würde ich sie erneut erleben. Trotzdem erschienen mir die Ereignisse nicht
wirklicher als ein surrealer Traum, über den man nach dem Aufwachen den Kopf
schüttelt.

    Zu Hause ließ ich mir Badewasser ein und machte mir eine
warme Milch mit viel Honig. Von außen wie von innen gewärmt, mit milchiger
Schläfrigkeit und abgrundtiefer Erschöpfung in den Knochen ging ich ins Bett.
Vielleicht würde der Schlaf meine Erlebnisse für mich sortieren und als
wirkliches Geschehen ausweisen. Ich stellte mir keinen Wecker und ließ mich
erschöpft auf mein Kissen sinken.

Samstag

    Statt meines Weckers riss mich das Telefon aus dem Schlaf. Auf
meinem Nachttisch stand ein zweites Telefon. Das hatte den Vorteil, dass ich
nicht aufstehen musste, um abzunehmen. Und den Nachteil, dass ich das Klingeln
nicht ignorieren konnte.

    Ich meldete mich

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