Gegen jede Regel
Ihren Aufenthaltsort ändern.«
»Ich fass es nicht. Sie verdächtigen mich wirklich, oder?«
»Wir ermitteln in verschiedene Richtungen. Leider können
wir Sie aufgrund Ihres fehlenden Alibis nicht eindeutig als Täter ausschlieÃen.«
Er schnaubte verächtlich.
Ich sagte: »Ich hoffe, Sie haben Verständnis für unser
Vorgehen. Da es sich um einen Mordfall handelt, müssen wir besonders gründlich
vorgehen. Ich überprüfe lieber eine Person mehr und kann sie dann ausschlieÃen,
als dass ich jemanden übersehe und der Täter uns entwischt.«
In seinen Augen funkelte Wut, als er mich anschaute. Ein
harmonisches Ende des Gesprächs war von seiner Seite aus nicht mehr zu
erwarten.
Ich bedankte mich daher höflich bei ihm, dass er sich die
Zeit für uns genommen hatte.
»Das ist selbstverständlich«, sagte er, aber die Worte
passten nicht zu seinem Tonfall.
Wir schüttelten uns die Hand und verabschiedeten uns.
Ich wartete geduldig, bis wir die Autotüren hinter uns geschlossen
hatten, bevor ich sagte: »Der Mann ist damit einer der Hauptverdächtigen für
den Mord an Tobias Maier.«
Nina stimmte mir zu: »Er steht ganz weit oben auf der
Liste.«
»Moment mal«, sagte Kollege Seybold zweifelnd. »Sie wollen
doch nicht etwa behaupten, der Junge wäre ermordet worden, weil er in einem
Gesellschaftsspiel die falschen Züge gemacht hat?«
So wie er die Frage formulierte, klang das tatsächlich abwegig.
Er war aber auch noch nicht über die Hintergründe informiert. »Ich schlage vor,
wir sprechen im Präsidium noch einmal detailliert über den Fall und beraten uns
über das weitere Vorgehen«, sagte ich deshalb.
Seybold grummelte so etwas wie Zustimmung.
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Unsere Fahrt verlief wie auf dem Hinweg ohne
Worte, allerdings auch ohne Blicke. Ich hatte schon unangenehmere Autofahrten
erlebt, war aber trotzdem erleichtert, als wir das Präsidium erreichten.
Als Kommissar Seybold uns in sein Büro führte, stellte
ich einmal mehr fest, dass in diesem Präsidium alles ein wenig förmlicher,
distanzierter und mürrischer war als bei uns. Seybold hatte ein Einzelbüro.
Klein, überfrachtet mit einem wuchtigen Schreibtisch und zu vielen Aktenschränken
und frei von jeglichen persönlichen Gegenständen. Wir setzten uns, und auf Seybolds
Aufforderung hin begann ich, ihm den Fall Tobias Maier in den wesentlichen
Punkten zu schildern.
»Und was bringt Sie nun darauf, dass Grams verdächtig
ist, Tobias Maier ermordet zu haben? Das verstehe ich nicht ganz.«
»Beide hegten seit Jahren eine Abneigung gegeneinander.
Grams empfand die Aktion von Tobias als öffentliche Demütigung und steht
aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse generell unter erhöhtem Druck. Er hat
ein starkes Interesse daran, Deutscher Meister zu werden. Wenn jemand seine
Pläne durchkreuzt, reagiert er aggressiv.«
Kollege Seybold sagte: »Es bleibt ein Gesellschaftsspiel.«
»Grams war wütend, als er erfuhr, dass Tobias seine
E-Mail gefälscht hatte.«
»Da wäre jeder sauer geworden.«
»Grams hat kein Alibi für die Tatzeit.«
»Wie tausend andere auch.«
Wir starrten uns einige Sekunden lang an. SchlieÃlich sagte
ich: »Ich halte Elias Grams für tatverdächtig. Wenn ich recht habe, dann sind
andere Spieler vielleicht auch in Gefahr. Allen voran der österreichische
Spieler, wenn er weiter gegen Grams zieht.«
»Sie meinen das wirklich ernst, oder?«, fragte Seybold gedehnt.
»Heute Abend ist der nächste Abgabetermin für die Züge.
Bis spätestens halb neun wird es die nächste Auswertung geben. Es ist nicht
abzusehen, wie Grams reagieren wird, sollten sich seine Pläne in Luft auflösen.
Ich halte ihn für potenziell gefährlich.«
»Es ist nur ein Gesellschaftsspiel.« Seybold wiederholte
sich.
Ich antwortete mit einer Plattitüde: »Morde sind schon
aus weit geringerem Anlass begangen worden.«
Nina schaltete sich ein: »Wir werden beim Staatsanwalt
eine Observierung von Herrn Grams beantragen. Der österreichische Spieler ist
Martin Pracht. Er wohnt ebenfalls in Münster. Wir können Ihnen nur empfehlen,
Pracht zu observieren. Er ist gefährdet und Sie haben es in der Hand,
Schlimmeres zu verhindern.«
Seybold sagte: »Ich werde nichts dergleichen tun. Es ist
und
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