Gegen jede Vernunft
zwiespältiges Gefühl, das irgendwo zwischen Groll und Zweifel angesiedelt war. Anna schien fest davon überzeugt zu sein, dass er über keinerlei Talente als Ehemann oder Vater verfügte. Und insgeheim musste Leo ihr recht geben. Trotzdem war es fast so deprimierend wie der Gedanke, dass sie ihn verlassen wollte, sobald ihr Baby geboren war.
Den ganzen Morgen hatte er darüber nachgegrübelt und war regelrecht schockiert, wie sehr ihn dieses Thema umtrieb. Am liebsten hätte er sich mit irgendeiner gewalttätigen Aktion Luft gemacht oder seinen wachsenden Frust durch physische Anstrengung abgebaut, wie Base-Jumping, Bergsteigen oder einem Autorennen durch die Sahara.
Es stimmte ja, dass er absolut nichts über Babys wusste, außer dass sie ihm eine Heidenangst einflößten. Sie waren so winzig und hilflos, so abhängig von den Erwachsenen und angewiesen auf ihre kompetente Fürsorge. Wenn er sich nun tatsächlich als unfähiger Vater erwies? Ob es nicht doch besser war, Anna nach Amanti zurückgehen und sie ihr Kind allein aufziehen zu lassen?
Doch die Vorstellung, dass sie wirklich gehen und ihn einem sinnlosen Leben mit oberflächlichen Beziehungen und bedeutungslosem Sex überlassen könnte, schnürte ihm die Kehle zu. Und wenn sie irgendwann wieder heiratete und ein fremder Mann Vater seines Kindes wurde?
Niemals!
Als Anna sich ihm unverhofft zuwandte, befürchtete Leo eine Sekunde, es laut herausgeschrien zu haben, doch ihre Miene war völlig neutral.
„Ich bin mir nicht sicher, Leo“, sagte sie zögernd.
„Nicht sicher? Worüber?“
„Die Wohnung ist ein Traum, aber irgendwie bist das nicht du. Ich sehe dich eher in einem Penthouse mitten in der City, ausgestattet mit modernen, stylischen Möbeln.“
„Aber hier geht es nicht allein um mich, sondern um uns beide, Anna“, erinnerte er sie. „Du würdest auch hier wohnen.“
Als sie seinem Blick auswich, weitete sich das sengende Gefühl in seinem Innern zu einem wahren Flächenbrand aus. Aber durfte er Anna überhaupt einen Vorwurf zu ihrer schlechten Meinung über seine Qualitäten als Familienmensch machen? Es stimmte schließlich, dass er kein Kostverächter war und den Umstand, dass ihm die Frauen reihenweise zu Füßen lagen, ziemlich bedenkenlos auskostete. Dabei hatte er aus seiner Einstellung nie einen Hehl gemacht, und schon gar nicht geglaubt, dass sie sich einmal ändern könnte.
„Jessica wollte heiraten, aber ich nicht.“
Annas Kopf flog hoch, ihre wundervollen jadegrünen Augen weiteten sich. Warum hatte er das nur gesagt? Leo hatte keine Ahnung, doch jetzt, da es heraus war, konnte er den Drang weiterzureden nicht unterdrücken.
„Sie hatte bereits eine erwachsene Tochter, wollte aber unbedingt noch ein Baby. Für eine Schauspielerin ihres Alters waren die Rollen in Hollywood dünn gesät, und ich war der Überzeugung, dass sie einfach eine neue Herausforderung in ihrem Leben suchte. Das stritt sie vehement ab, bis eine Trennung unausweichlich war.“
„Hast du sie geliebt?“
Leo spürte, was es Anna kostete, ihn das zu fragen. Die Antwort mochte sie ihm als Armutszeugnis auslegen, aber lügen würde er trotzdem nicht.
„Nein.“
„Einfach so nein ?“
„Wenn es wirklich Liebe gewesen wäre, hätte ich sie dann gehen lassen? Oder hätte ich alles Menschenmögliche unternommen, um sie glücklich zu machen?“
„Verstehe.“
Das glaubte er kaum. Jessica und er waren sich in ihrer Einstellung sehr ähnlich gewesen. Keiner verlangte etwas vom anderen, sie hatten einfach eine gute Zeit miteinander verbracht. Das große Wort Liebe war zwischen ihnen nie ein Thema gewesen.
Irgendwann hatten die Diskussionen zwischen ihnen angefangen, zunächst noch harmlos. Doch der Ton verschärfte sich, als Jessica Monroe, einst berühmt für ihre Schönheit und ihren Sexappeal, einen immer härteren Kampf um neue Rollen führen musste. Und schließlich trennten sie sich in gegenseitigem Einvernehmen.
Was für eine Ironie des Schicksals, dass er jetzt ein gemeinsames Heim für sich und eine Frau suchte, die nicht nur von ihm schwanger war, sondern die er auch noch heiraten wollte!
Aus einem plötzlichen Impuls heraus ging Leo auf Anna zu, die instinktiv zurückwich. Doch er fing sie ein und zog sie in seine Arme. Er musste sie an seinem Körper spüren, so dicht und fest wie möglich. Woher dieser Drang kam, konnte er sich nicht erklären, aber er war so stark, dass es fast schmerzte.
Es war, als müsste er sich vergewissern,
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