Gegengift: Europa stiehlt euch die Zukunft. Wie ihr euch wehrt. (German Edition)
gekommen sind, hinter heißen Tipps her. Meine Antwort lautet immer gleich.
Es gibt keine Geheimtipps für die Geldanlage, es sei denn, sie kommen von einem Insider, und der macht sich strafbar. In den meisten Fällen ist der Tippgeber ein Aufschneider.
Ich habe zwar in Harvard Mathematik und Betriebswirtschaft studiert und befasse mich den ganzen Tag mit dem Finanzmarkt, aber ich hatte noch nie einen Geheimtipp parat. Wenn ich ausnahmsweise selbst einem vertraut habe, war es immer ein Fehler.
Ihr braucht für eure wirtschaftliche Unabhängigkeit auch keinen Geheimtipp. Wenn ihr versucht, euer Geld über Nacht zu verdoppeln oder risikofrei Gewinne zu scheffeln, geht das auf Dauer nicht gut. Es gibt Ausnahmen, die dann zur Legende werden, wie im Fall von EM . TV . Die Papiere des Münchner Medienunternehmens notierten 1997 erstmals zu umgerechnet 0,35 Euro an der Deutschen Börse. Im Hype um die damals neuen Internetfirmen stieg die EM . TV -Aktie in wenigen Monaten auf 120 Euro, also auf das 350-Fache. Hättet ihr 1997 auf zwei Flaschen Wodka in der Disco, zwei Stunden beim Seelenklempner und einen neuen Anzug von der Stange verzichtet und das Geld in EM . TV -Aktien investiert, hättet ihr euch dafür wenig später eine hübsche kleine Wohnung kaufen können.
Vom Ende der Geschichte redet selten jemand. Die vom Management versprochenen Gewinne blieben aus. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf. Später wurden die beiden ehemaligen EM . TV -Vorstände Thomas und Florian Haffa zu hohen Geldstrafen verurteilt, weil sie ihre Unternehmensverhältnisse falsch dargestellt hatten. Die Aktien des Unternehmens fielen so schnell, wie sie gestiegen waren.
Wer zum richtigen Zeitpunkt ein- und ausgestiegen war, machte seinen Schnitt. Aber die meisten Anleger verloren sehr viel Geld. Vor allem die Kleinanleger stiegen erst ein, nachdem ihnen Investmentberater und Anlagezeitschriften EM . TV als Geheimtipp empfohlen hatten. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Aktie schon den Großteil ihres Kursanstieges hinter sich.
Bei Geheimtipps habe ich meist auch keine Ahnung, was den Tippgeber bewegt. Ist er wirklich ein so guter Mensch, dass er alle an seinem Wissen teilhaben lassen will, damit sie etwas von seinem Wohlstand und Reichtum abbekommen? Wohl kaum. Will er Gerüchte streuen, um gute Stimmung für seine Anlagen zu machen und die Preise nach oben zu treiben, während er selbst schon lange an Verkauf denkt? Schon eher.
Ich will mit meinen Anlagen langfristig solide zehn bis zwölf Prozent Rendite auf mein eingesetztes Eigenkapital erwirtschaften, egal ob es sich um Aktien, Immobilien, Firmenbeteiligungen oder was auch immer handelt. Eine einfache Rechnung zeigt, dass diese Strategie den wahren Reichtum bringt. Bei einer Rendite von zehn Prozent im Jahr verdopple ich meinen Einsatz in nur 7 Jahren und vervierfache ihn in 15.
Fünftens. Ihr müsst euch bei euren Investments besser auskennen als die Mehrheit der anderen Investoren. Eine Weile galten chinesische Aktien als Chance auf schnellen Reichtum. Fast alle Europäer haben damit draufgezahlt. In China machen die Chinesen das Spiel. Die kennen sich dort besser aus als Kleinanleger, die irgendwo am Rhein oder an der Donau mit großen Hoffnungen ins Blaue investieren.
Pierré, ein Frankfurter Cafetier, bei dem ich gerne eine Tasse trinke, macht es besser. Er kennt sich mit Kaffee besser aus als die meisten anderen Menschen. Er hatte schon als Student eine Leidenschaft dafür. Während seine Kommilitonen im Sommer in Paris am Fließband standen, jobbte er in den großen Anbaugebieten Brasiliens und Kolumbiens. Pierré weiß unter anderem, dass die Nachfrage nach Kaffee, wie bei jeder Droge, vom Preis unabhängig ist, oder dass ein Unwetter in Brasilien Teile der Ernte vernichten und den Kaffeepreis wegen drohender Lieferengpässe über Nacht explodieren lassen kann. Dieses Spezialwissen macht er sich zunutze. Anfangs investierte er in Kaffeeaktien, inzwischen ist sein Wissen so weit gediehen, dass er am Terminmarkt mit Kaffeekontrakten handeln kann. Das heißt, dass er auf den internationalen Umschlagplätzen für Kaffee auf steigende oder sinkende Preise setzt. Pierré betreibt sein Café, in dem ich lieber sitze als in den besten Wiener Kaffeehäusern, nur noch als Hobby.
Lernt den Markt kennen, auf dem ihr Geld anlegen wollt, oder geht den umgekehrten Weg und legt Geld dort an, wo ihr den Markt schon kennt, idealerweise besser als alle anderen.
Sechstens. Ihr müsst
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