Gegenwind
Erschrockene Gesichter tauchten hinter den Türen und Seitengängen auf, aber Saes ging an ihnen vorbei, ohne eine Erklärung abzugeben.
Die Verbindung zu Relin war im Laufe der Jahre zwar vertrocknet wie eine alte Wurzel, aber nun, da er ihm so nahe war, zeigte sie ihm doch den Zorn, den sein alter Meister ob des Todes seines Padawans empfand. Einen Augenblick – aber wirklich nur einen – empfand Saes so etwas wie Verbundenheit mit dem Jedi. Auch, wenn sie sich nun als Feinde gegenüberstanden, freute es ihn, dass Relin sich seinen Gefühlen öffnete, seine Wut und seine Trauer nicht unterdrückte, so wie der Orden es von seinen Mitgliedern verlangte.
Der Sith glaubte fest daran, dass jedes Wesen Trauer empfinden sollte, ehe es starb, denn nur diese Emotion konnte ihm bewusst machen, dass es gelebt hatte. Relin war da keine Ausnahme – und nun, da er diese Emotion tief in sich gespürt hatte, würde es Saes eine noch viel größere Genugtuung bereiten, ihn zu töten.
Vor der nächsten Kreuzung blieb der Kaleesh einen Moment stehen. Sein Zorn konnte Relin eigentlich nur in eine Richtung führen. Der Sith nickte. Ja, dort würde er ihn stellen. Dort würde er ihn vernichten. Er aktivierte sein Komlink.
»Sir«, meldete sich Lieutenant Llerd, voller Diensteifer und in der Hoffnung, vielleicht wieder in den Rang eines Colonels aufzusteigen. »Wir haben einige Leichen gefunden, aber von dem Jedi gibt es weiterhin keine Spur. Unsere Patrouillen …«
»Er ist auf dem Weg in den Frachtraum«, unterbrach ihn Saes. »Das Lignan lockt ihn dorthin.«
»Oh. Ich werde sofort sämtliche Sicherheitskräfte alarmieren und …«
Wieder schnitt der Sith dem Lieutenant ins Wort. »Sie werden nichts dergleichen tun. Ziehen Sie nur sämtliches Personal aus dem Frachtraum und den umliegenden Bereichen ab. Ich werde ihm alleine gegenübertreten. Alleine!«
Eine kurze Pause.
»Verstanden, Sir.«
Relins Lichtschwert übertönte das unhörbare Summen des Turbolifts und tauchte die Kabine in einen grünen Schein, während sie dem unteren Frachtdeck entgegensank. Der Mann, der einmal ein Jedi gewesen war, blickte auf seine Waffe hinab. Er wusste, dass er sie eigentlich nicht mehr benutzen dürfte, und einen winzigen Moment lang wünschte er sich, ihre Klinge wäre rot.
Als der Lift stehen blieb und die Türen aufglitten, befreite Relin sich aus dem Sumpf seiner hassgetrübten Gedanken. Die Macht des Lignans wallte ihm entgegen wie eine Woge schwarzen Öls, und er konnte ihre Berührung fast körperlich spüren. Ihm wurde schwindelig, und seine Kräfte schienen förmlich überzuquellen. Noch nie hatte er sich so mächtig gefühlt. Er trat hinaus in den dunklen, gewaltigen Frachtraum. Frachtcontainer reihten sich ordentlich entlang der Wände. Relin schürzte die Lippen. Während des fehlgegangenen Hyperraumsprungs mussten einige der Behälter verrutscht oder umgekippt sein – was bedeutete, dass die Besatzung in der Zwischenzeit aufgeräumt hatte. Er streckte seine Sinne aus, konnte aber keine Präsenz in der Nähe ausmachen. Seine Augen wanderten über die deaktivierten Frachtdroiden, die Schwebepaletten und die Kräne, die scheinbar willkürlich in dem gewaltigen Raum verteilt standen. Alles war ruhig. Nirgends bewegte sich etwas – und Relin wusste, was das bedeutete.
Er machte ein paar Schritte in den Frachtraum hinein, und abgesehen vom Zischen, mit dem die Lifttüren sich hinter ihm schlossen, waren seine Schritte und das Summen seines Lichtschwertes die einzigen hörbaren Geräusche.
Der Angelschnur seines Hasses folgend durchquerte er ein Labyrinth von Frachtcontainern, bis er schließlich einige Dutzend Lignanbehälter entdeckte. Sie waren in einem würfelförmigen Block gestapelt und formten ein an einer Seite offenes Quadrat auf dem Boden der Kammer, sodass sich in der Mitte ein Freiraum befand. Es waren weniger Container, als er erwartet hatte, aber die Konzentration des Lignans in ihrem Innern reichte aus, um ihm den Atem zu rauben. Er ging an den Behältern entlang, die Augen halb geschlossen, und ließ sich von der Macht des Metalls durchströmen. Zu keiner Sekunde dachte er daran, einen der Container aufzubrechen. Er musste das Lignan nicht mit seinem Fleisch berühren, wo er doch schon in seinem Geist damit verbunden war. Es kannte ihn, wusste, was er wollte, was er brauchte.
Die Energie, die die kühle Luft erfüllte, hob ihn beinahe von seinen Füßen. Er schwamm in einem See reinen, perfekten Hasses, und
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